Absolvierte Aus- und Weiterbildungen bestimmen zu einem großen Teil unsere Arbeitsmarktposition. Arbeitsplatzspezifisches Know-How, vernetztes Denken und laufende Fortbildungen werden im beruflichen Kontext immer wichtiger. Die Arbeitsmarktsituation von Menschen ohne Berufsabschluss, wird zudem immer schwieriger. Daher sind gerade für formal geringqualifizierte Personen Aus- und Weiterbildungen extrem wichtig. Aber ist (betriebliche) Weiterbildung tatsächlich für alle zugänglich?
Wer nicht hat, dem wird auch nicht gegeben?
Snezana M arbeitet seit mehreren Jahren für eine große Wäscherei in Wien. Die 38-Jährige Mutter zweier Kinder kam in Folge des Balkan-Konflikts Mitte der 90er Jahre nach Wien. Da sie ihre Schullaufbahn noch zur Gänze in ihrem Heimatland absolvierte, war es für sie aufgrund von mangelnden Deutschkenntnissen besonders schwierig, Arbeit zu finden. Umso mehr freute sie sich über die Anstellung in der Wäscherei. Wie sich sehr bald herausstellte, plagen Snezana und ihre Kolleginnen ähnliche Probleme: Erst im Erwachsenenalter nach Österreich gekommen, mit familiären Betreuungspflichten, hatten die meisten keine Möglichkeit, ihre Deutschkenntnisse zu verbessern. Alle KollegInnen sind sich aber einig, dass dies sehr wichtig wäre. Vor allem auch im Beruf, da bspw. schriftliche Anweisungen häufig ausschließlich auf Deutsch verfasst werden und diese daher nur unvollständig verstanden werden. Unbeabsichtigte Fehler sind so vorprogrammiert. Weiterbildung ist für sie aufgrund von Betreuungspflichten schwierig außerhalb der Arbeitszeit, privat, zu organisieren, sie weiß leider auch nicht wer ihr da weiterhelfen könnte. Dazu kommt eine privat finanziell angespannt Situation.
Betriebliche Weiterbildung für formal geringqualifizierte KollegInnen
Nicht nur Snezana M und andere ZuwandererInnen haben es schwer, Zugang zu betrieblicher Weiterbildung zu bekommen. Dieser Befund gilt für die meisten Personen mit formal geringen Qualifikationen am österreichischen Arbeitsmarkt. Das „Matthäus-Prinzip“ – „wem hat, dem wird gegeben“ gilt auch in der beruflichen Weiterbildung: Vor allem gut ausgebildete MitarbeiterInnen schaffen es, ihre Vorgesetzten von der Notwendigkeit einer Weiterbildung zu überzeugen.
19% der Erwerbstätigen (810.000) haben höchstens einen Pflichtschulabschluss. Wie PIAAC, das so genannte „Erwachsenen-PISA“ für Österreich gezeigt hat, haben 11 % der Erwachsenen (640.000) lediglich niedrige Grundkompetenzen, davon sind etwa 310.000 Personen erwerbstätig. Personen mit niedrigen Qualifikationen oder niedrigen Grundkompetenzen nehmen signifikant weniger an Weiterbildung teil und sind auch bei öffentlich zugänglichen, kostenlosen Bildungsberatungsstellen unterrepräsentiert.
Betrachtet man die Weiterbildungsbeteiligung nach höchstem Bildungsstand, so zeigen die Ergebnisse des Adult Education Survey einen starken Zusammenhang: Während Personen mit Pflichtschulabschluss eine Weiterbildungsbeteiligung von nur 24% aufweisen, beteiligen sich 69% der Personen mit Tertiärabschluss an Weiterbildung.
Wie Erler in seiner Auswertung des „Adult Education Surveys“ zeigt, betrifft dies vor allem formal geringqualifizierte Frauen, die sich im untersten Einkommensquintil befinden. Hürden sind hier die Kurskosten und die Erreichbarkeit bzw. das Fehlen eines (Weiter-)Bildungsangebotes in der Nähe. Besonders auffallend ist laut Erler die hohe Zahl an Personen, die aufgrund familiärer Verpflichtungen nicht teilnehmen konnten bzw. könnten.
Umso wichtiger wäre es, dass die Betriebe jene Personen, die von selbst nicht so schnell eine Beratungsstelle aufsuchen bzw. sich privat Kurse finanzieren können, besonders zu fördern. Daten des CVTS zeigen, dass gerade in den Branchen mit einem besonders hohen Anteil von formal Geringqualifizierten – wie etwa dem Gastgewerbe oder dem Baubereich – die Weiterbildungsbereitschaft oft sehr gering ist. Wie die folgende Abbildung zeigt, liegen die Gründe keine Weiterbildungsaktivität zu setzen, vor allem in dem Glauben, dass die vorhandenen Fähigkeiten ausreichen würden und das lieber neue Beschäftigte eingestellt werden, als ihre Beschäftigten (die auch für Weiterbildung oft zu ausgelastet sind) neue Fähigkeiten und Kompetenzen anzulernen.