25 Jahre Fachhochschulen – Feiern ist gut, Ausbau ist besser!

09. September 2019

Seit einem Vierteljahrhundert existieren Fachhochschulen in Österreich. Von der Erweiterung der Hochschullandschaft um eine praxisnahe Ausbildungsschiene haben sowohl viele Kinder aus ArbeitnehmerInnenfamilien als auch Berufstätige profitiert. Das Jubiläum ist aber nicht nur ein Anlass zum Feiern, denn nach wie vor gibt es vielfältigen Verbesserungsbedarf.

In den 90er-Jahren des vorigen Jahrhunderts gab es mit den neuen FH-Studiengängen erstmals eine Alternative zu den traditionellen Universitätsstudien. Österreich war in diesem Bereich im Vergleich mit anderen europäischen Ländern eher ein Spätzünder. Die Nachfrage war von Anfang an groß, nicht nur seitens der Wirtschaft. Mit stark praxisbezogenen Studien plus guten Arbeitsmarktchancen, einer überschaubaren Studiendauer sowie verbesserter regionaler Zugänglichkeit durch zusätzliche Hochschulstandorte wurden neue Studierendengruppen angesprochen. Ein besonderer Pluspunkt von Fachhochschulen sind seit Beginn an auch spezielle Studienangebote für Berufstätige sowie ein breiterer Zugang, auch für Personen mit einschlägiger beruflicher Qualifikation, aber ohne traditionelle Matura. Diese Rahmenbedingungen haben erfreulicherweise zu einer ausgewogeneren sozialen Durchmischung des Hochschulsektors geführt.

FH-Sektor: Jung und weiter klein

Die Fachhochschulen mit 21 Erhaltern sind mittlerweile ein fester Bestandteil der österreichischen Hochschullandschaft. Ausgehend von ein paar hundert Studierenden im Jahr 1994 umfasst der Bereich mittlerweile mehr als 53.000 Studierende in fast 500 Bachelor- und Master-Studiengängen. Knapp die Hälfte dieser Studiengänge wird bereits in berufsbegleitenden Organisationsformen geführt. Mittlerweile existieren auch mehrere duale FH-Studiengänge mit den parallelen Lernorten Hochschule und Unternehmen. Finanziert werden die Fachhochschulen nach wie vor hauptsächlich aus staatlichen Mitteln – rund 80 Prozent der Studienplätze sind bundesfinanziert.

Im Vergleich mit den Universitäten ist der FH-Sektor aber weiterhin relativ jung und klein. Vom mittelfristigen Ziel des Wissenschaftsministeriums im Rahmen des Projekts „Zukunft Hochschule“, mindestens 30 Prozent der Studierendenzahl zu erreichen, ist man noch recht weit entfernt. Laut Statistik Austria gab es im Wintersemester 2018/19 insgesamt rund 270.000 ordentliche Studierende an Universitäten und etwa 53.000 an FH.

Studierende nach Hochschulsektoren © A&W Blog
© A&W Blog

Die derzeitigen Ausbaupläne des Bundes sind – trotz des oft beklagten Fachkräftemangels – wenig ambitioniert und entsprechen nicht der Nachfrage: Der FH-Plan sieht bis zum Studienjahr 2022/23 nur 1.450 zusätzliche AnfängerInnenstudienplätze vor. Dadurch wird es im Studienjahr 2024/25 insgesamt ca. 57.700 Studienplätze geben, davon etwa 43.000 bundesfinanziert. Die Fachhochschulkonferenz verweist allerdings auf jährlich 50.000 StudieninteressentInnen, die wegen fehlender Studienplätze nicht aufgenommen werden können. Eine deutliche Aufstockung der Studienplätze um zumindest 1.000 AnfängerInnenplätze pro Studienjahr wäre daher dringend notwendig.

Wachsen allein ist nicht genug

Die österreichische Hochschulplanung kann derzeit mit einem Fleckerlteppich verglichen werden: Für die FH gibt es den nirgends legistisch verankerten FH-Entwicklungs- und  Finanzierungsplan und jährlich erfolgende Ausschreibungen. Notwendig ist allerdings ein strategisch geplanter Ausbau, der auf einem alle Sektoren umfassenden mehrjährigen, gesamtösterreichischen Hochschulplan beruht. Die für viele StudienwerberInnen bereits unüberschaubare Fülle an Studienangeboten von Unis, FH, Privatunis etc. sowie deren „Kleinteiligkeit“ muss dabei ebenfalls ein Thema sein. Die Planung darf nicht nur die HochschulvertreterInnen umfassen, sondern muss auch im Dialog mit der interessierten „Außenwelt“, wie etwa den Sozialpartnern, erfolgen. Aus ArbeitnehmerInnensicht sollten z. B. Bachelor-Studiengänge nicht zu spezifisch am Bedarf von einzelnen Betrieben ausgerichtet sein, um die Arbeitsmarktflexibilität der AbsolventInnen zu erhöhen. In diesem Zusammenhang wäre es auch wichtig, erneut eine österreichweite AbsolventInnenbefragung durchzuführen.

Zweckmäßig wäre auch ein alle Hochschulsektoren umfassendes Berichtswesen. Als erster Schritt sollte im Fachhochschul-Studiengesetz verpflichtend die Erstellung eines FH-Berichts analog zum Universitätsbericht festgeschrieben werden.

Der FH-Ausbau muss selbstverständlich auch mit einer entsprechenden Finanzierung einhergehen. Bei den Fachhochschulen gibt es seit Beginn eine Studienplatzfinanzierung mit fixen Fördersätzen ohne automatische Anpassung an gestiegene Löhne etc. Eine adäquate regelmäßige Valorisierung ist aber wichtig, denn das haupt- und nebenberufliche Lehrpersonal ist ein zentraler Faktor für eine qualitätsvolle Ausbildung.

Stärken stärken: Mehr tun für soziale Durchmischung und Berufstätige  

Trotz 25-jähriger „Erfolgsstory gibt es aus ArbeitnehmerInnen-Perspektive auch noch in anderen Bereichen Verbesserungspotenzial. Wir möchten drei Bereiche herausgreifen:

  1. Berufstätige Studierende: Die FH haben eine ausgeprägte Stärke bei der Zielgruppe „berufstätige Studierende“. Auch wenn in diesem Bereich besondere Anstrengungen bei der Rekrutierung, der Konzeption der Studienprogramme und den Supportstrukturen erforderlich sind, darf diese essenzielle Zielgruppe nicht vernachlässigt werden. Insbesondere auch mit Blick auf die soziale Dimension zeigt sich, dass die bessere soziale Durchmischung an FH vor allem auf berufsbegleitende Angebote zurückzuführen ist. Die Konzentration und Ausrichtung des Studienangebots auf primär junge Vollzeitstudierende wäre auch aus ArbeitnehmerInnensicht keine zukunftsweisende Option. Berufstätige, die sich höherqualifizieren wollen, müssen weiterhin österreichweit die Chance auf ein leistbares Hochschulstudium haben. Für berufstätige Studierende, die über mehrere Jahre Studium, Beruf, Familie etc. unter einen Hut bringen müssen, gilt es, die organisatorischen Rahmenbedingungen weiter zu verbessern (z. B. Maßnahmen zur Drop-out-Prävention). Die Ergebnisse der neuen Studierenden-Sozialerhebung, die nächstes Jahr veröffentlicht wird, können diesbezüglich wertvolle Inputs liefern.
  2. Studierende ohne traditionelle Matura: Der Anteil der StudienanfängerInnen mit Berufsreifeprüfung, Lehrabschluss mit Zusatzprüfung etc. ist seit Jahren weitgehend konstant und lag im Studienjahr 2018/19 bei knapp 12 Prozent. Eine Höherqualifizierung auf Hochschullevel muss aber für mehr Studieninteressierte auch ohne klassische Reifeprüfung möglich sein. Dafür braucht es besondere Anstrengungen und ein zusätzliches Budget. 2017 gab es dazu noch einen Plan der Bundesregierung, einen eigens dotierten „Fördertopf für einen verbesserten Zugang für Lehrlinge an FH“ zu schaffen. Dieser Plan sollte rasch wieder aufgegriffen und umgesetzt werden, um jene FH, die sich diesbezüglich besonders engagieren wollen, zu unterstützen. Wie die untenstehende Tabelle zeigt, braucht es in diesem Bereich jedenfalls dringend wieder mehr Initiativen.

Studienanfängerinnen mit nicht-traditionellen Zugängen © A&W Blog
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  1. Transparenz für Studierende: Die Ausbildungsverträge an FH sollten gesetzlich verankert werden. Wichtig wäre es, diese leicht auffindbar zu veröffentlichen, um die Transparenz für StudienwerberInnen zu erhöhen sowie einheitliche Inhaltspunkte zu definieren, da es hier große Unterschiede je nach Erhalter gibt.

 

Zusammengefasst sind 25 Jahre FH tatsächlich ein Grund zum Feiern, allerdings auch ein Auftrag an die Politik: Am neuen Regierungsprogramm und am nächsten Budget wird abzulesen sein, wie es mit den FH weitergeht und ob es künftig tatsächlich mehr Studienchancen für Berufstätige und Studieninteressierte aus ArbeitnehmerInnenfamilien gibt!