Für einen „verbesserten Zugang für Lehrlinge an FHs“ ist im Arbeitsprogramm der Bundesregierung 2017/18 ein eigener Fördertopf vorgesehen. Die Zahl von Studierenden ohne klassische Matura ist selbst im Fachhochschulsektor noch immer relativ gering.
Rund 3.000 FH-Studierende mit Lehrabschluss
Bei der Konzeption des Fachhochschulwesens in den 1990er Jahren war ein wichtiger Punkt die Gestaltung der Zugangsregelung. Im Sinne einer praxisbezogenen Ausbildung auf Hochschulniveau bieten Fachhochschulen im Vergleich zum Universitätssektor breitere Zugangsmöglichkeiten. Dazu zählen nicht nur Matura, Berufsreife- und Studienberechtigungsprüfung, sondern auch eine einschlägige berufliche Qualifikation.
Einschlägige berufliche Qualifikation bedeutet Abschluss einer Lehre, einer berufsbildenden mittleren Schule und sonstiger Qualifikationen, wie zum Beispiel WerkmeisterIn. In der Regel müssen diese BewerberInnen Zusatzprüfungen nachweisen. Es gibt zudem einen Unterschied zu den Aufnahmeverfahren an Universitäten: Von den verschiedenen BewerberInnengruppen (zB MaturantInnen, Personen ohne Matura) werden – entsprechend der Zahl der Studienplätze – die Besten genommen.
Der Anteil der Studierenden mit Hochschulzugang ohne Matura liegt laut Studierenden-Sozialerhebung 2015 insgesamt bei rund 9 %. An den Fachhochschulen ist der Anteil deutlich höher als an Universitäten, wobei aber die unterschiedlichen Sektorengrößen sowie das Studienangebot berücksichtigt werden müssen.
Auch wenn der Anteil der Studierenden ohne traditionelle Matura in Relation zu den Universitäten an den Fachhochschulen höher ist, muss konstatiert werden, dass es in den letzten 10 Jahren keine wesentlichen Steigerungen gab. Obgleich die Studierenden mit Berufsreifeprüfung mehr geworden sind, haben von der Expansion des FH-Sektors primär Studierende mit traditioneller Reifeprüfung profitiert. Deutlich gewachsen ist zudem die Zahl von Studierenden mit ausländischem Reifezeugnis auf ca. 13 %.
Der Anteil der Studierenden mit Berufsreifeprüfung, von denen erfahrungsgemäß rund zwei Drittel aus einem Lehrberuf kommen, beträgt aktuell rund 6,9 %. Die Rate der FH-Studierenden mit Lehrabschlusszeugnis oder Werkmeisterschule ist mit ca. 2,1 % – das entspricht rund 1.000 Personen – hingegen tendenziell abnehmend. Demnach sind von den rund 50.000 FH-Studierenden nur rund 3.000 Studierende, die mit der Vorbildung „Lehre“ an die FH gewechselt sind.
Berufsbegleitende Studiengänge besonders attraktiv
Auffällig ist, dass bei den nicht-traditionellen Zugängen, insbesondere bei der Lehre und der Werkmeisterschule, berufsbegleitende Studiengänge besonders gefragt sind und der Männeranteil deutlich überwiegt. Allerdings geht es nicht nur um den verbesserten Studienzugang, sondern auch um das Absolvieren und den erfolgreichen Abschluss.
Für berufstätige Studierende ohne traditionelle Matura ist das Risiko eines Studienabbruchs deutlich höher als beispielsweise für Vollzeitstudierende mit BHS-Matura. Das hat nicht nur mit den Leistungsanforderungen zu tun, sondern auch mit den unterschiedlichen Berufs- und Studienfeldern sowie der Frage der Vereinbarkeit von Berufstätigkeit, Studium und Familie. Ein anspruchsvolles Technikstudium am Abend, gleichzeitig hohe Anforderungen im Job, längere Fahrtzeiten zur FH, familiäre Probleme, keine Zeit zum Lernen etc. – Belastungen dieser Art erhöhen das Drop-out-Risiko.
Fördertopf für verbesserten Zugang von nicht-traditionellen Studierenden rasch umsetzen!
Am Beispiel der Fachhochschulen sieht man, dass eine Studienplatzfinanzierung und gute Betreuungsverhältnisse allein nicht automatisch zu einer guten sozialen Durchmischung an Hochschulen führen. Eigene Ausbildungsschienen für LehrabsolventInnen, z.B in Form teurer Weiterbildungs-Lehrgänge oder privater Hochschulen, wie zur Zeit diskutiert, sind diesbezüglich auch keine Lösung.
Eckpfeiler für einen neuen Fördertopf
Um die soziale Durchlässigkeit an den Hochschulen zu erhöhen, fordert die Arbeiterkammer seit geraumer Zeit einen Fördertopf für nicht-traditionelle Studierende. Die Regierung plant, diesen jetzt umzusetzen. Damit die vorgesehenen Ziele erreicht werden können, muss der Fördertopf folgende drei Kriterien erfüllen:
- Zielgruppe der Maßnahmen sollten LehrabsolventInnen, WerkmeisterInnen und AbsolventInnen der Berufsreifeprüfung sein. Angesichts der geringen Zahlen wird eine Erweiterung auf BMS-AbsolventInnen und Personen mit Studienberechtigungsprüfung als zweckmäßig erachtet.
- Das Hauptaugenmerk sollte bei berufsbegleitenden Bachelor-Studien liegen und auf Maßnahmen vor und während des Studiums abzielen.
- Die Förderungen sollten über ein entsprechendes Ausschreibungsverfahren unten den Fachhochschulen vergeben werden. Engagierte FH können sich mit unterschiedlichen Projekten (zB gezielte Info-Angebote für Personen mit Lehrabschluss, Angebot von kostenlosen Vorbereitungslehrgängen, studienunterstützende Maßnahmen gegen Dropout-Gefahr) beteiligen und die Mittel in Anspruch nehmen. Für eine zügige Umsetzung ist selbstverständlich eine entsprechende budgetäre Dotierung erforderlich.
Zu guter Letzt: Um die Bildungschancen für ArbeitnehmerInnen, die sich über den Lehrabschluss hinaus höherqualifizieren wollen, zu verbessern, braucht es – neben einer Unterstützung durch den Arbeitgeber – einen weiteren Ausbau der FH-Studienplätze sowie eine Reform des Studienförderungssystems.