Gewinne treiben Inflation

14. Februar 2023

Viele Unternehmen verdienen prächtig an der seit Monaten rollenden Teuerungswelle und verstärken sie. Sie können trotz teurer Energie und teuren Rohstoffen durch höhere eigene Verkaufspreise riesige Zusatzgewinne kassieren. In Österreich und Deutschland läuft die Gewinnsumme der Lohnsumme davon, und die Inflation bleibt hoch. Die Gewinn-Preis-Spirale muss gestoppt werden.

2021 und 2022 haben viele Unternehmen kräftig profitiert bzw. selbst zum Inflationsschub beigetragen. Bereits im Jahr 2021, als die Inflation in den Herbstmonaten deutlich angezogen hat, haben sich viele Unternehmen eine goldene Nase verdient. Der gesamtwirtschaftliche Rückblick auf die letzten beiden Jahre in Österreich und Deutschland zeigt das unausgewogene Verhältnis beim Zuwachs zwischen Gewinnen und Löhnen.

Gewinn-Preis-Spirale

Dekoratives Bild © A&W Blog
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Abschreibung unterschätzt Gewinn

Die gemeinschaftlich erarbeitete Leistung, die Brutto-Wertschöpfung, verteilt sich auf Löhne und Gewinne. Üblicherweise dienen als Verteilungsmaß für die Unternehmensseite auf gesamtwirtschaftlicher Ebene – in der volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung (VGR) – die um die Abschreibungen bereinigten Unternehmensgewinne (= „Netto-Betriebsüberschüsse“). Wenn wir diese in Österreich heranziehen, ist das 2-Jahres-Plus mit 19,3 Prozent sehr hoch. Im Gegensatz zu Deutschland, wie das wirtschaftsnahe deutsche ifo in seiner Konjunkturprognose vom Dezember 2022 festhält. Denn da „die Abschreibungen in der VGR anders als im betrieblichen Rechnungswesen zu Wiederanschaffungspreisen ausgewiesen und somit um die laufenden Preissteigerungen bei Investitionsgütern korrigiert werden, dürften die tatsächlichen Gewinnsteigerungen der Unternehmen weitaus höher sein als in den VGR dargestellt“. Daher wird auch hier für unseren volkswirtschaftlichen Ländervergleich der Brutto-Betriebsüberschuss – ohne Abzug der Abschreibungen – als Maß für die Unternehmensgewinne betrachtet.

Hohe Ertragskraft der österreichischen Industrie

In der betrieblichen bzw. betriebswirtschaftlichen Realität stellen die Abschreibungen für das Unternehmen jedenfalls einen Zufluss an Mitteln dar. Sie sind ein Hauptbestandteil des Cashflows und somit der Selbstfinanzierungskraft etwa für Investitionen (auch über den tatsächlichen Verschleiß bzw. Wertverlust der Anlagegüter hinaus). Für das Jahr 2021, das zweiten Pandemiejahr, stellt das WIFO „eine kräftige Erholung der Ertragskraft der österreichischen Sachgüterindustrie“ fest, die sich „schneller als nach der Finanzmarkt- und Wirtschaftskrise 2008/09 erholte“. Die Cashflow-Quote der Industrie hat sich umsatzgewichtet von im Schnitt 9,1 auf über 10 Prozent erhöht.

Gewinnmeldungen für 2022 überschlagen sich

Vor allem die Mineralölkonzerne kassieren aufgrund der hohen Gas- und Ölpreise Riesenprofite – darunter die „Big Oil“. Aber auch Banken oder Automobil-, Stahl- und Lebensmittelindustrie. Auch für österreichische, international agierende Unternehmen sprudeln die Gewinne: etwa für den Mineralölkonzern OMV mit einem Netto-Jahresgewinn 2022 von 5,2 Milliarden Euro, die Raiffeisenbank International mit 3,6 Milliarden Euro oder die voestalpine mit einem um über ein Viertel höheren Gewinn von 864 Millionen Euro (3 Quartale, nach Steuern). Dass die Inflation keine Gewinnbremse ist, erklärt der Generaldirektor Herbert Eibensteiner damit, dass es der voestalpine „gelang, die steigenden Rohstoff- und Energiekosten weiterzugeben“.

Gewinninflation

Dass sich die Volkswirtschaften in einer „Gewinn-Preis-Spirale“ befinden, wird etwa auch durch eine Untersuchung des wirtschaftsnahen deutschen Instituts „ifo“ für Deutschland bestätigt. Demnach „hat Deutschland derzeit nicht nur eine Kosteninflation, sondern ganz offensichtlich auch eine „Gewinninflation“. Denn „in einigen Wirtschaftsbereichen (konnten) die Unternehmen trotz steigender Kosten ihre Gewinne ausweiten“, was „die Inflation auf der Verbraucherstufe verstärkt haben (dürfte)“.

Auch im gesamten Euroraum sprudeln die Gewinne, wie die kontinuierlich steigenden, auf die Wertschöpfung bezogenen „Stückgewinne“ bzw. „unit profits“ zeigen.

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Lohn- und Haushaltseinkommen gesunken

Während die Gewinne der Unternehmen und mit ihnen die Preise steigen, wissen viele Familien nicht mehr, wie sie sich das (Über-)Leben leisten können – über ein Drittel der österreichischen Bevölkerung kämpft mit erlittenen Einkommensverlusten. Kein Wunder, denn im Jahr 2022 sind laut WIFO die Löhne pro Kopf preisbereinigt und netto um über drei Prozent und das gesamte, real verfügbare Einkommen der privaten Haushalte um 1,4 Prozent gesunken.

Preise runter, Kaufkraft sichern, Profiteure müssen zahlen!

Viele Menschen stehen finanziell am Abgrund, da Wohnen, Mobilität und Lebensmittel teuer sind, das Einkommen aber knapp ist. Andere Länder zeigen es durch Markteingriffe und wirksame Preisbremsen vor. Statt Unternehmen zu beschenken, ist die österreichische Bundesregierung gefordert, endlich echte Wärmepreis- und Mietpreis-Deckel einzuziehen und die Light-Version einer Übergewinnsteuer auszuweiten, damit die Profiteure endlich zur Kasse gebeten werden.

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