Höhere Bildungsabschlüsse, aber weniger im Geldbörserl – so geht es vielen Frauen in Österreich. Im Schnitt sind Frauen höher gebildet als Männer, bei der Matura und bei Universitäts- oder FH-Studien etwa haben Frauen deutlich die Nase vorne. Trotzdem verdienen sie weniger als Männer – oftmals bei gleichem oder sogar bei höherem Bildungsgrad. So genannte „Education-Gender-Pay-Gaps“ finden sich auf allen Bildungsebenen, vom Pflichtschulabschluss bis hinauf ins Hochschulwesen ziehen sich die Geschlechterungleichheiten bei Einkommen und Bildungsniveau.
Frauen in Österreich sind höher gebildet … Dass Frauen in Österreich häufiger hohe Bildungsabschlüsse absolvieren als Männer, war nicht immer so. Vor etwa 50 Jahren hatten noch mehr als zwei Drittel der Frauen maximal die Pflichtschule abgeschlossen, während universitäre Bildung primär den Männern zuteilwurde. Zwar haben Frauen deutlich aufgeholt, Geschlechterunterschiede gibt es aber nach wie vor. Die Lehre – in Österreich der am häufigsten abgeschlossene Bildungsgrad – ist eindeutig männlich dominiert, etwa zwei Drittel der Lehrabschlüsse werden von Männern absolviert. Höhere Bildungsabschlüsse wie zum Beispiel Fach- und Handelsschulen, Matura sowie tertiäre Bildungswege (Universität oder FH) werden großteils von Frauen abgeschlossen. Innerhalb der Hochschulbildung herrscht eine Geschlechterschieflage bei den Doktoraten: Frauen schließen zwar häufiger Bachelor- und Masterstudiengänge ab, zwei Drittel der Doktorate in Österreich werden allerdings von Männern abgeschlossen. Insgesamt überwiegt jedoch der Frauenanteil bei den Hochschulabschlüssen – das heißt, die Mehrheit aller Studienabschlüsse wird von Frauen absolviert.
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… trotz höherer Bildung verdienen Frauen weniger Mit höherer Bildung geht höheres Einkommen Hand in Hand – jenes der Männer liegt aber immer über jenem der Frauen, unabhängig von der Bildung. Die geschlechtsspezifischen Einkommensunterschiede, aufgeschlüsselt nach Bildungsgrad, rangieren zwischen 17 und 40 Prozent (basierend auf der erwerbstätigen Bevölkerung zwischen 25 und 64 Jahren). Das bedeutet, eine Frau mit maximal Pflichtschulabschluss verdient bereits um knapp 30 Prozent weniger als ein Mann mit Pflichtschulabschluss. Am größten fällt der Unterschied bei der Lehre aus: Frauen verdienen hier bei gleichem Bildungsabschluss um etwa 40 Prozent weniger als Männer. Das liegt unter anderem daran, dass männlich dominierte Lehrberufe in Österreich oft sehr gut bezahlt werden (zum Beispiel Metalltechnik, Elektrotechnik etc.), während Frauen überwiegend in den schlechter bezahlten Lehrberufsausbildungen zu finden sind, beispielsweise im Einzelhandel oder in der Lehrausbildung zur Bürokauffrau oder Friseurin. Auch in der Hochschulbildung bleiben Geschlechterunterschiede bestehen. Im Mittel verdient eine Frau mit Universitäts- oder FH-Abschluss 30 Prozent weniger als ein Mann mit tertiärer Bildung.
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Selbst innerhalb des Tertiärbereichs (Bachelor, Master, Diplom und Doktorat) sind die Einkommenslücken zwischen Männern und Frauen enorm. Mit einem Bachelorabschluss verdient eine Frau rund 10 Prozent weniger als ein Mann, der ebenfalls einen Bachelorabschluss hat – mit einem Master- oder Diplomabschluss sind es bereits satte 38 Prozent, um die Frauen weniger verdienen (basierend auf der erwerbstätigen Bevölkerung zwischen 25 und 64 Jahren).
Nicht nur bei gleichem Bildungsgrad steigen Frauen mit ihren Einkommen schlechter aus. Ein Mann mit Matura verdient im Mittel bereits mehr als eine Frau mit einer universitären Ausbildung. Education-Gender-Pay-Gaps gibt es in Österreich also auch bildungsgradübergreifend. Ausschlaggebend kann ebenfalls die Studienrichtung bzw. das Ausbildungsfeld für die geschlechtsspezifischen Einkommensunterschiede nach Bildungsgrad sein. Nicht nur in typischen „Männerdomänen“, wie dem Ingenieurwesen, verarbeitendem Gewerbe und Baugewerbe, wo der Gender-Pay-Gap nach einem Bachelorabschluss bereits bei knapp 24 Prozent liegt, sondern auch in typischen „Frauenberufsfeldern“, wie zum Beispiel Pädagogik, ist der Gender-Pay-Gap hoch: Frauen mit Masterabschluss in Pädagogik verdienen 36 Monate nach Bildungsabschluss in unselbstständiger Vollzeit-Erwerbstätigkeit rund 15 Prozent weniger als Männer.
Auch innerhalb von Studien- oder Berufsfeldern gibt es bildungsgradübergreifende Education-Gender-Pay-Gaps. Mit einem Masterabschluss im Berufsfeld „Ingenieurswesen, verarbeitendes Gewerbe und Baugewerbe“ verdient eine Frau um etwa neun Prozent weniger als ein Mann, der im gleichen Berufsfeld nur einen Bachelorabschluss absolviert hat. Ebenfalls um neun Prozent schlechter hinsichtlich ihres Einkommens steigen Frauen mit einem Master in Sozialwissenschaften, Journalismus und Informationswesen aus im Vergleich zu Männern mit Bachelorabschluss.
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Frauen und die Teilzeit-Falle: Sie schnappt bei allen Bildungsniveaus zu Frauen sind häufig in Teilzeit erwerbstätig. Die Männerquoten bei Teilzeiterwerbstätigkeit sind hingegen verschwindend gering – gleichgültig, nach welchem formalen Bildungsabschluss. Die meisten Teilzeit tätigen Männer haben maximal die Pflichtschule absolviert. Absolventen einer Lehre, Fach- und Handelsschule sowie Maturanten arbeiten am seltensten in Teilzeit. Das sind bei Frauen genau jene Bildungsabschlüsse, die mitunter die höchsten Teilzeitquoten aufweisen. Beispielsweise sind 60 Prozent der Absolventinnen einer Lehre nur Teilzeit beschäftigt. Mehr als die Hälfte der Pflichtschulabsolventinnen arbeitet Teilzeit. Die geringste weibliche Teilzeitquote ist bei Universitäts- und FH-Absolventinnen zu finden. Trotzdem ist diese mit 35 Prozent Frauen in Teilzeit nach einem Studium vergleichsweise hoch. Von allen Männern mit Universitäts- oder FH-Abschluss arbeiten nur etwa 10 Prozent Teilzeit.
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Wenige Männer sind also in Teilzeit beschäftigt und selbst hier verdienen sie mehr als Frauen in Teilzeit. Vor allem mit Maturaabschluss ist der Gender-Pay-Gap am größten: Im Vergleich mit einem Mann in Teilzeit verdient eine Frau rund 41 Prozent weniger, wenn sie mit der Matura als höchstem Bildungsgrad eine Teilzeitbeschäftigung antritt. Auch bei Universitäts- oder FH-Absolvent:innen, die danach einer Teilzeitbeschäftigung nachgehen, beträgt der Gender-Pay-Gap immerhin 25 Prozent. Mit maximal Lehrabschluss und Teilzeitbeschäftigung verdienen Frauen satte 36 Prozent weniger als Männer. Unabhängig vom Bildungsgrad arbeiten Frauen also häufiger Teilzeit als Männer – und das büßen sie mit ihren Einkommen. Doch sieht es besser aus, wenn Frauen Vollzeit arbeiten? – Leider nicht. Auch bei Vollzeitbeschäftigung sind die mittleren Monatseinkommen von Männern deutlich höher als jene von Frauen – unabhängig vom höchsten Bildungsgrad. Nur nach Absolvierung einer Fach- oder Handelsschule verdienen Frauen in Vollzeitbeschäftigung in etwa gleich viel wie ein Mann mit gleichem Bildungsgrad und Beschäftigungsausmaß.
Fazit Um den beschriebenen Geschlechterungleichheiten ein Ende zu bereiten, bräuchte es vor allem eine durchgreifende Umsetzung des gesetzlichen Verbots von ungleicher Bezahlung für gleiche und gleichwertige Arbeit bei gleicher Ausbildung. Hinzu kommt, dass (inner)betriebliche Gehaltstransparenz von Männern und Frauen immer noch eher die Ausnahme als die Regel ist und dass frauendominierte Branchen und Berufsfelder prinzipiell schlechter entlohnt sind als jene, in denen die Männeranteile überwiegen. Ein großer Teil der Einkommensunterschiede bei den Geschlechtern hängt auch mit dem Beschäftigungsausmaß zusammen: Noch immer arbeitet fast die Hälfte der Frauen in Österreich Teilzeit, nur jeder zehnte Mann hingegen ist teilzeitbeschäftigt. Das hängt mit dem vielerorts mangelhaften Kinderbetreuungsangebot zusammen. In Österreich sind nur knapp vier von zehn Kindergartenplätzen mit einer Vollzeitbeschäftigung vereinbar. Gleichzeitig sind es Frauen und Mütter, die den Löwenanteil der Kinderbetreuung übernehmen – auf Kosten ihrer Vollzeitgehälter. Besonders in ländlichen Regionen, wo Kinderbetreuungseinrichtungen oft weniger als sechs Stunden täglich geöffnet sind, ist die Vereinbarkeit von Beruf und Familie für viele Frauen eine tägliche Herausforderung. Der Ausweg ist für viele Teilzeitarbeit, und diese hat Folgen. Durch lange Teilzeitphasen geht nicht nur Erwerbseinkommen, sondern auch enorm viel an Lebenseinkommen – dazu zählt die Pension – verloren. Frauenarmut besonders im Alter wird dadurch verstärkt. Neben einer allgemeinen Arbeitszeitverkürzung (30-Stunden-Woche) für alle ist daher vor allem ein flächendeckendes, kostenloses und hochqualitatives Kinderbetreuungsangebot, das beiden Elternteilen eine Vollzeiterwerbstätigkeit ermöglicht, mitunter einer der wichtigsten Schlüssel, um jeglichen Gender-Pay-Gaps und Geschlechterungleichheiten zu entgegnen.
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