Der wissenschaftliche Konsens und die darauf beruhenden politischen Zielsetzungen – von den „Pariser Klimazielen“ über die Zielsetzungen im Rahmen der EU-Klima- und Energiepolitik 2030 bis zur österreichischen „#mission2030“ – erfordern den Umbau des gegenwärtigen Energie- und Wirtschaftssystems. Dazu sind massive und konzertierte Anstrengungen in zahlreichen Sektoren notwendig. Im Bereich der Stromerzeugung und -verteilung müsste der Ausbau erneuerbarer Energieträger weiter vorangetrieben und damit einhergehend auch die Netzinfrastruktur neu ausgerichtet werden. Dies macht hohe zusätzliche Investitionen notwendig. Wenn entsprechend der genannten Ziele dieser Umbau des Energiesystems vorangetrieben wird, stellt sich die Frage, wie die dafür notwendigen Mittel aufgebracht, die damit einhergehenden Lasten auf unterschiedliche Nachfragegruppen verteilt werden und ob diese Lastenverteilung fair ist.
Beträchtliche Anstrengungen in kurzer Zeit notwendig
Diese finanziellen Lasten werden insgesamt beträchtlich sein und sind in einem relativ kurzen Zeitraum zu tragen. So ist nach aktuellen Berechnungen der TU Wien von einem notwendigen Kapazitätsausbau zur Produktion von rund 30 TWh an erneuerbarer Energie bis 2030 auszugehen. Im vergangenen Jahrzehnt betrug die Kapazitätserweiterung hingegen insgesamt nur rund 5 TWh. Die damit verbundene Transformation des Stromsystems erfordert auch mehr Investitionen in das Stromverteilungsnetz. Kurt Kratena vom CESAR (Centre of Economic Scenario Analysis and Research) kommt in seinen Schätzungen für „Österreichs Energie“ auf notwendige Investitionen von mindestens 1,5 Mrd. Euro jährlich bis 2030, was eine deutliche Steigerung im Vergleich zu früheren Perioden (0,4–0,9 Mrd. Euro zwischen 2001 und 2017) darstellt.
Wie diese Lasten (z. B. zwischen Haushalten mit unterschiedlichem Einkommen und zwischen Haushalten und Industrie- und GewerbeverbraucherInnen) verteilt sind, beeinflusst die gesellschaftliche Akzeptanz dieses Umbaus. Untersuchungen in Deutschland weisen darauf hin, dass die Zustimmungswerte zum Ausbau der erneuerbaren Energieproduktion nach wie vor hoch sind, dass diese aber zurückgehen, wenn von BürgerInnen persönliche finanzielle Beiträge gefordert werden. Dabei geht es vor allem um die degressiven Wirkungen bzw. die Preisbelastung einkommensschwacher Haushalte sowie die ungleiche Verteilung der Lasten, die durch zahlreiche Ausnahmen der deutschen Industrie entstehen.
Die europäische Liberalisierungspolitik hat seit dem EU-Beitritt Österreichs dazu geführt, dass die vormals bestehenden Monopole auf nationalen Strommärkten aufgebrochen und Teil eines zunehmend integrierten europäischen Strommarktes wurden. In diesem liberalisierten Strommarkt setzen sich die Strompreise aus den Komponenten Energiepreis, Netzpreis, Steuern und Abgaben sowie Ökostromförderung zusammen, welche von EndverbraucherInnen zu entrichten sind und unterschiedlichen MittelempfängerInnen zufließen (Abbildung 1). Bis auf den Energiepreis werden die Preiskomponenten primär von öffentlichen AkteurInnen sowie Regulativen bestimmt.