„Building back better“ ist der neue Konsens, wenn es um die Bekämpfung der sozialen und wirtschaftlichen Folgen der COVID-19-Pandemie geht. Das bietet die Chance, wesentlich zur Beschleunigung der Energiewende und damit zum Kampf gegen die Klimakrise beizutragen. Ein Vergleich der von Österreich und Deutschland beim EU-Krisenfonds eingereichten Investitionsprojekte zeigt, dass tatsächlich einiges auf den Weg gebracht wird – im Falle von Österreich allerdings ohne Gesamtstrategie.
Anfang des Jahres 2020 wurde die Welt mit dem Ausbruch der COVID-19-Pandemie konfrontiert, die sich nicht nur in eine Gesundheits-, sondern auch rasch in eine weltweite wirtschaftliche und gesellschaftliche Krise auswuchs. Die Corona-Pandemie verlangte von den EntscheidungsträgerInnen rasche und ambitionierte Entscheidungen, um die Gesundheitskrise einzudämmen und Wirtschaft und Beschäftigung zu stabilisieren. Die politischen Antworten auf die Pandemie zeigten dabei die Fähigkeit der (Sozial-)Staaten, mit Krisen umzugehen und Kapazitäten zu mobilisieren, um gesellschaftlich wichtige Sektoren als Teil der Daseinsvorsorge und im Sinne der Versorgungssicherheit aufrechtzuerhalten. Einer dieser für eine moderne Gesellschaft überlebenswichtigen Sektoren ist das Energiesystem, welches sich in mehrfacher Hinsicht großen disruptiven Veränderungen abseits der Pandemie gegenübersieht. Dekarbonisierung, Digitalisierung und Dezentralisierung sind die großen Herausforderungen, auf die es für ein zukunftsfähiges, nachhaltiges und sicheres Energiesystem Antworten braucht. Die Europäische Union hat dies erkannt und stellt mit der Wiederaufbaufazilität als Teil von „NextGenerationEU“ Mittel bereit um als Wirtschaftsraum gestärkt aus der Pandemie hervorzugehen. 37 % davon sollen in den Klimaschutz fließen. Exemplarisch lässt sich anhand der deutschen und österreichischen Wiederaufbaupläne zeigen, wie unterschiedlich die einzelnen Mitgliedstaaten in ihren Schwerpunkten und der Verwendung der Mittel agieren und wie ihre Pläne zur Energiewende ausgestaltet sind.
Alltagsökonomie: Wie Krisensituationen die Bedeutung einer stabilen Versorgung zeigen
Das Konzept der „Foundational Economy“ verweist auf den Umstand, dass eine Stadt, eine Region oder auch eine ganze Nation auf gewisse fundamentale Güter und Dienstleistungen angewiesen ist, um die grundlegendsten Eigenschaften und Stärken einer modernen Gesellschaft am Laufen zu halten. Insbesondere in Krisensituationen wird dies deutlich. So hat die Pandemie anschaulich gezeigt, welche Sektoren überlebensnotwendig sind, um ein modernes Leben aufrechterhalten zu können. Ohne ihr Funktionieren stehen sogar die öffentliche Ordnung und Sicherheit zur Disposition. Diese Sektoren waren, wenn überhaupt, nur minimal von nicht-pharmazeutischen Maßnahmen, wie vorübergehenden Schließungen und Kurzarbeit der MitarbeiterInnen, betroffen. Dazu zählen beispielsweise das Angebot an Infrastruktur, Handel des täglichen Bedarfs (wie Lebensmittelmärkte und Apotheken), Einrichtungen des Gesundheitswesens und der Bildung, aber auch weniger sichtbare Dienstleistungen wie Müllentsorgung und Wasser- sowie Energieversorgung. Für die Stabilität und Resilienz einer Gesellschaft sind diese fundamentalen Dienstleistungen und Güter von größter Bedeutung. Krisen, wie die aktuelle Pandemie, stellen diese wirtschaftlichen und staatlichen Leistungen auf den Prüfstand, bieten damit aber auch einmalige Chancen, Neues für die Zukunft zu lernen und Verbesserungen umzusetzen.
Die COVID-19-Pandemie und der Energiesektor
Die umfangreichen politischen Eingriffe in das Wirtschafts- und Gesellschaftsleben, um die Pandemie einzudämmen und Neuinfektionen so gering wie möglich zu halten, hatten natürlich nicht nur Auswirkungen auf die Aus- und Belastung des Gesundheitssystems, sondern auch auf andere Sektoren, die nicht direkt vom Virus selbst betroffen waren. So ging der Energiebedarf während der Lockdowns spürbar zurück. Die Menschen verließen ihr Zuhause nur noch für das Nötigste und verlagerten die Nachfrage vom kommerziellen in den privaten Bereich. Wertschöpfungs- und Lieferketten kamen zum Erliegen und Produktionen wurden, zumindest zeitweise, massiv zurückgefahren. Ein globaler Rückgang der Nachfrage nach fossilen Brennstoffen sowie der damit verbundene Ausstoß von Emissionen wurde beobachtet. Aufgrund des starken Einbruchs fossiler Energieträger stieg der rechnerische Anteil erneuerbarer Energien in der Energieaufbringung. Sie waren, zumindest vorübergehend, Gewinner der Pandemie.