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Was sind nun die Gründe für diese Entwicklung in Österreich?
Ein entscheidender Faktor ist der starke Anstieg der Lohnquote in diesem Zeitraum. Arbeitseinkommen werden deutlich höher besteuert als einbehaltene Unternehmensgewinne. Wenn Arbeitseinkommen stärker steigen als Unternehmensgewinne, steigt somit die Abgabenquote, ohne dass die individuelle steuerliche Belastung für die Arbeitnehmer:innen oder Unternehmer:innen gestiegen wäre.
Ein zweiter Faktor sind die gestiegenen Vermögenspreise, die zur Realisierung von erheblichen Wertsteigerungen und damit zu einem stark gestiegenen Aufkommen aus Immobilienertragsteuer und Wertpapier-Kapitalertragsteuer geführt haben. Da Wertsteigerungen von Vermögensgütern das Bruttoinlandsprodukt nicht erhöhen, führt dies zu erheblichen „Windfalls“.
Zudem ist das Aufkommen aus der Körperschaftsteuer im gleichen Zeitraum stark gestiegen, obwohl der Steuersatz lange unverändert blieb und erst 2023/24 in zwei Schritten auf 23 Prozent reduziert wurde. Das gestiegene Aufkommen trotz konstantem Steuersatz weist auf ein starkes Wachstum der Steuerbemessungsgrundlage für Kapitalgesellschaften hin, das über zwei Kanäle zu einer höheren Abgabenquote beigetragen hat: einerseits, weil mit den Unternehmensgewinnen die Ausschüttungen überproportional angestiegen sind, die höher besteuert werden als die thesaurierten Gewinne; andererseits, weil die körperschaftsteuerpflichtigen Gewinne auch stärker angestiegen sind als die Unternehmensgewinne in der volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung (was mit den oben angeführten Wertsteigerungen zu tun haben könnte, die auch auf betrieblicher Ebene realisiert wurden).
Keine Rolle für den starken Anstieg der „Windfalls“ im Zeitraum 2018 bis 2023 spielen die hohen staatlichen Krisensubventionen. Die Kurzarbeitssubventionen und teilweise auch die Subventionen der COFAG erhöhten zwar die Bemessungsgrundlagen zahlreicher Abgaben, aber nicht das Bruttoinlandsprodukt. Damit erhöhte sie 2020 und 2021 die Abgabenquote. 2023 spielten diese Subventionen aber keine Rolle mehr; sie können also nicht erklären, warum das kumulierte Niveau der „Windfalls“ im Jahr 2023 gegenüber 2017 immer noch bei ca. 3,5 Prozent steht. Auch eventuelle Inflationseffekte auf das Mehrwertsteueraufkommen können keine Erklärung darstellen, weil der Anteil der Konsumausgaben privater Haushalte am Bruttoinlandsprodukt 2023 sogar etwas unter dem Niveau von 2017 lag.
Welche Schlüsse können nun gezogen werden?
Keine der zuvor gezeigten Entwicklungen ist unumkehrbar. In der Vergangenheit gab es in anderen Euroraum-Staaten Episoden länger anhaltender „Revenue Windfalls“, die sich anschließend wieder umgedreht haben (beispielsweise in Irland und Spanien). Somit kann auch nicht ausgeschlossen werden, dass in Österreich trotz wohl anstehender steuerlicher Konsolidierungsmaßnahmen die Abgabenquote wieder sinkt (wenn beispielsweise die Lohnquote wieder zurückgeht). Ein Unsicherheitsfaktor, der bei Beurteilung der fiskalpolitischen Gesamtsituation mitzudenken ist. Gleichzeitig zeigen unsere Ausführungen, dass bei der Interpretation der Höhe von Abgabenquoten generell Vorsicht geboten ist.
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