Die Zölle gegen chinesische E-Autos in der EU treten in Kraft – unumstritten ist diese Maßnahme aber nicht. Während die USA keinen Hehl aus ihrem protektionistischen Kurs machen, hadert Europa noch mit einer endgültigen Entscheidung. Klar ist jedenfalls: Zölle allein sind eine Sackgasse.
Warum gerade jetzt Zölle?
Die Vorbereitungen für Zölle auf chinesische Autos in der EU laufen auf Hochtouren. Nach der Zollerhöhung auf chinesische E-Autos in den USA auf 100 Prozent muss auch Europa dem Überschwemmen der Märkte mit derartigen Automobilen entgegenwirken – so zumindest das Argument. Auch wenn der Anteil von in China produzierten E-Autos in Europa mit 20 Prozent noch relativ gering ist, so ist China in diesem Segment der unbestrittene Meister. Von offizieller Seite in EU und USA wird das mit großzügigen Subventionen und daraus resultierenden unfairen Wettbewerbsvorteilen erklärt. China hat jedoch schon sehr früh das Potenzial der E-Auto-Industrie erkannt und diese auch gezielt gefördert. Vom Rohstoffabbau über Forschung und Innovation bis hin zu finanziellen Anreizen, schon Anfang der 2000er Jahre, setzte China auf die Entwicklung der E-Autos. Die Strategie machte sich bezahlt: In der Batterietechnologie als zentralem Bestandteil der E-Autos ist China Europa nun Jahre voraus.
Subventionen und Zölle – ein alter Hut
Subventionen sind also sicher ein Teil der Wahrheit, allerdings nicht die ganze. Zumal es allein schon an der Definition von Subventionen hapert. Handelt es sich dabei ausschließlich um direkte Geldflüsse des Staates oder umfassen diese auch Steuererleichterungen, Forschungsförderung etc.? So oder so, in der entfachten Debatte werden wichtige Details ausgespart. Subventionen als Instrument für den Aufbau von Industrien sind auch dem Westen nicht fremd. So wurde beispielsweise die europäische Luft- und Raumfahrtindustrie, genauer noch Airbus, mit staatlichen Geldspritzen aufgebaut und konkurriert damit heute als einzige mit der amerikanischen Boeing. In das später gescheiterte Modell A380 allein sind rund eine Milliarde Euro geflossen, laut offiziellen US-Angaben sollen insgesamt Milliarden im zweistelligen Bereich an unrechtmäßigen finanziellen Hilfen bereitgestellt worden sein. Ähnlich wie heute löste die durch öffentliche Ressourcen aufgebaute Konkurrenz Empörung im Boeing-Heimatland aus und auch WTO-Klagen beider Seiten folgten. De facto war es aber nur so möglich, das US-Monopol zu durchbrechen. Die heutige Auseinandersetzung ist also keinesfalls grundlegend neu, sie wurde lediglich um einen Player erweitert. China hat bereits bestehende Strategien kopiert sowie optimiert und unbestritten – im Gegensatz zur europäischen Automobilindustrie – auf das richtige Pferd gesetzt.
Die Reaktion Europas und der USA mit der Einführung von Zöllen ist kontrovers, aber genauso traditionsreich. Schon vor Jahrhunderten wurde das theoretische Fundament für diesen Ansatz gelegt. Der Ökonom Friedrich List plädierte damals zwar für eine Zollfreiheit unter den deutschen Territorialstaaten, aber dafür für die Einhebung von sogenannten Erziehungszöllen nach außen, um die in den Kinderschuhen steckende deutsche Industrie gegen die überlegene Konkurrenz aus Großbritannien zu schützen. Allgemein könnten Länder mit weniger entwickelten Industrien von Zöllen profitieren, um nationale Industrien aufzubauen und zu stärken. Damals wie heute findet sich dieser Ansatz in politischen Entscheidungen wieder. So schützten alle Industrieländer ihre nationalen Industrien zumindest für eine bestimmte Zeit und auch China verfolgte bis zur Öffnung Anfang der 2000er Jahre eine ähnliche Strategie.