Die Steuerlücke misst die Differenz zwischen den auf Basis der geltenden Gesetze und Verwaltungsstandards zu zahlenden Steuern und jenen, die tatsächlich geleistet werden. Damit misst sie insbesondere die Steuer- und Abgabenausfälle durch Steuerhinterziehung zB durch hinterzogene Umsätze, Schwarzarbeit oder Schwarzkonten im Ausland sowie unerwünschte Steuergestaltungen wie Konzernsteuertricks und ist damit auch ein Effizienzindikator für die Abgabenerhebung. Für Österreich lässt sich je nach Schätzmethode eine „aggregierte Steuerlücke“ zwischen 12 und knapp 15 Milliarden Euro ableiten. Die Zahlen umfassen jedoch nur Steuerausfälle durch Betrug, jene durch unerwünschte Gestaltungen sind dabei noch nicht erfasst.
Erhebung als Aufgabe der Finanzverwaltung
In einigen Ländern gibt es offizielle Schätzungen zur Steuerlücke durch die Finanzverwaltungen selbst, z.B. in Großbritannien oder den USA. Für Österreich gibt es keine amtlichen Statistiken, aber wissenschaftliche Studien, die eine Annäherung erlauben. Je nach verwendeter Datengrundlage unterscheidet man grob Mikro- und Makromethoden. Üblicherweise wird die Steuerlücke für die einzelnen Steuerarten getrennt berechnet, es gibt aber auch Ansätze zur Ermittlung einer „aggregierten Steuerlücke“ für alle Steuern und Abgaben, die allerdings nur Steuerausfälle durch Betrug erfasst, keine unerwünschten Gestaltungen.
Detaillierte Schätzungen gibt es zur Umsatzsteuer, zur Kapitalertragsteuer und den Unternehmenssteuern (veranlagte Einkommensteuer, Körperschaftsteuer). In diesen Bereichen dürfte die Steuerlücke in Summe bei knapp 6 Milliarden Euro liegen. Die erwähnten Steuern machten 2021 knapp 30 % des gesamten Steuer- und Abgabenaufkommens aus.
Diese groben Schätzungen zur Steuerlücke sind natürlich mit einer gewissen Unsicherheit behaftet. Das gilt insbesondere für die aggregierte Steuerlücke, die stark von der Plausibilität der Schätzungen zur Schattenwirtschaft abhängt. Aber auch bei den Einzelsteuer-Schätzungen ist eine differenzierte Interpretation wichtig. Selbst bei lückenlosem Steuervollzug sind die geschätzten Beträge nicht zu 100 % einbringlich, weil sie teilweise Insolvenzen oder (leicht fahrlässige) Erklärungsfehler erfassen, die sich schwerlich abstellen lassen.