Vonseiten der Regierung wird geplant, Kursgewinne bei Aktien und anderen Wertpapieren nach einer Behaltefrist steuerfrei zu stellen. Dass es dabei um die Altersvorsorge der „kleinen“ Leute geht, ist ein großes Missverständnis. In diesem Fall würden wir über die Förderung kleiner Ansparpläne diskutieren, nicht über Steuermaßnahmen, die vor allem Millioneninvestments begünstigen.
Für die breite Masse spielen Aktien keine große Rolle
Wertpapiere unterliegen in Österreich seit 2012 einer umfassenden Renditebesteuerung durch die Kapitalertragsteuer, die sogenannte Wertpapier-KESt. Diese Reform soll nun zurückgedreht und die alte Spekulationsbesteuerung mit Behaltefrist wieder eingeführt werden. Die Banken- und Fondswirtschaft zeigt sich darüber erfreut, würde das doch auch eine neue Ära der Aktionärskultur bedeuten. Endlich könnten auch die „kleinen“ Leute vernünftig vorsorgen und sich am Kapitalmarkt ein kleines Vermögen aufbauen, so der Tenor. Überzeugend ist das nicht. Nur weil die Wertpapier-KESt auch bei Kleinanlegern anfällt, muss eine Abschaffung noch lange kein sinnvoller Beitrag zur Stärkung ihrer Altersvorsorge sein.
Ein erstes Indiz für das Missverständnis liefern die Vermögensdaten der Nationalbank. Sie zeigen, dass Wertpapiere für die breite Masse keine große Rolle spielen. Während im reichsten 1 % der Haushalte fast jeder zweite Haushalt Aktien oder Fondsanteile besitzt, sind es in der unteren Hälfte der Verteilung gerade einmal 5 %. Die Erwartung, dass sich durch die Abschaffung der Wertpapier-KESt das Anlegerverhalten ändern könnte, lässt sich durch nichts belegen. Dass es vor allem die „kleinen“ Leute sein werden, die in die Aktienmärkte hineingehen werden, ist noch viel unwahrscheinlicher. Der breiten Masse fehlen schlicht die Mittel für größere Veranlagungen. Sicherheit und Liquidität sind hier oft wichtiger als die Rendite.