Q: Statistik Austria, Wie geht’s Österreich? © A&W Blog
Q: Statistik Austria, Wie geht’s Österreich?Das Wachstum des realen BIP pro Kopf (ESVG 2010) stagniert seit 2011. 2013 gab es im Vergleich zum Vorjahr einen Rückgang von 0,4%. Wichtiger zur Beurteilung des materiellen Wohlstands der Bevölkerung ist das reale verfügbare Einkommen der Haushalte pro Kopf (inklusive sozialer Sachtransfers). Es entwickelte sich im Zeitverlauf deutlich schwächer als das reale BIP pro Kopf. Dies ist neben dem Einbruch der Vermögenseinkommen im Zuge der Wirtschaftskrise vor allem auf die mäßigen Zuwächse der Arbeitnehmerentgelte zurückzuführen. Im Jahr 2013 verloren die Einkommen um 2,2% gegenüber dem Vorjahr.
Ob und in welchem Ausmaß die privaten Haushalte ihre Bedürfnisse befriedigen können, ist ein wesentlicher Aspekt bei der Beurteilung von Wohlstand, der im Schlüsselindikator Haushaltskonsum zum Ausdruck kommt. Für die privaten Haushalte stehen neben den verfügbaren Einkommen auch die vom Staat und von den privaten Organisationen ohne Erwerbszweck bereitgestellten sozialen Sachtransfers (v.a. Gesundheits- und Bildungsdienstleistungen) zum Konsum zur Verfügung. Der reale Konsum der Haushalte pro Kopf nach dem Verbrauchskonzept (inkl. sozialer Sachtransfers) wuchs in den letzten 18 Jahren ebenfalls etwas schwächer als das BIP. Von 2012 auf 2013 verzeichnete der reale Konsum pro Kopf einen Rückgang von 0,6%.
Es ist allerdings zu berücksichtigen, dass hinter diesen Zahlen Durchschnittswerte stehen, also Verteilungsfragen weitgehend noch ausgeblendet sind. Die inflationsbereinigten hohen und niedrigen Einkommen unselbständig Erwerbstätiger entwickelten sich nicht für alle betroffenen Personen gleich, sondern driften seit 1998 auseinander (hohe: +2%, niedrige: -18%). Dies zeigt sich auch im kurzfristigen Verlauf: 2012 (letztverfügbares Jahr) stagnierten hohe Einkommen nahezu (+0,2), die niedrigen fielen um 1,1%.
Trotzdem lässt sich bei der Verteilung der gesamten verfügbaren Jahreshaushaltseinkommen (S80/S20 Einkommensquintil-Ratio) auf Basis der EU-SILC-Erhebung zwischen 2008 und 2013 keine Veränderung feststellen. Quintilsverhältnisse beschreiben dabei das Verhältnis des Einkommens gleich großer Einkommensgruppen. Der Schlüsselindikator S80/S20 vergleicht den Einkommensanteil der reichsten 20% der Haushalte mit jenem der ärmsten 20%. Je stärker der Quotient von 1 abweicht, desto ungleicher sind die Einkommen zwischen diesen beiden Bevölkerungsgruppen verteilt. Die Haushaltseinkommen des höchsten Einkommensquintils waren in allen Jahren etwa 4 Mal so hoch wie jene des untersten Fünftels.
Lebensqualität – objektiv und subjektiv gemessen
Um die Lebensqualität möglichst breit darzustellen, werden bei „Wie geht’s Österreich?“ objektiven Daten wie der Erwerbstätigenquote subjektive Ergebnisse aus Befragungen (Datenbasis EU-SILC) gegenübergestellt.
In Österreich betrug die Zahl der Armuts- oder Ausgrenzungsgefährdeten 2013 rund 1,57 Mio. Personen. Das entspricht 18,8% der Gesamtbevölkerung und ist um 127.000 Personen weniger als noch 2008. Damit wurde das nationale Europa 2020-Ziel, die Zahl der Armuts- oder Ausgrenzungsgefährdeten bis 2020 um mindestens 235.000 Personen zu verringern, etwa zur Hälfte erreicht. Seit 2011 gibt es jedoch keine signifikante Veränderung mehr.
Die Erwerbstätigenquote der 20-64-Jährigen lag 2013 bei 75,5%, und stieg damit im Vergleich zu 2011 leicht an. Gegenüber dem Vorjahr blieb sie auf gleichem Niveau. Der Europa 2020 Zielwert für Österreich von 77% bis zum Jahr 2020 kann bei gleichbleibendem Trend erreicht werden (siehe obige Grafik). Gerade im Zusammenhang mit Lebensqualität ist die nackte Anzahl (bzw. ihre Erhöhung) von Beschäftigungsverhältnissen jedoch noch kein ausreichender Beleg für deren positiven Einfluss auf ebendiese. „More and better jobs“ ist demgemäß auch das Motto der Europäischen Beschäftigungsstrategie. 2013 wählten sehr viele Personen hohe Zufriedenheitswerte (auf einer Skala von 0 – 10) mit ihrer Arbeit: fast 90% wählten einen Wert oberhalb der Mitte (5), nur 4% wählten einen Wert darunter. 23,6% gaben den Maximalwert von 10 an, also mit ihrer Arbeit vollkommen zufrieden zu sein. Die mittlere Arbeitszufriedenheit lag bei 8,0.
Der Schlüsselindikator (subjektive) Lebenszufriedenheit misst, wie eine Person ihr Leben als gesamtes bewertet. Auf einer 11-stufigen Skala von 0 (überhaupt nicht zufrieden) bis 10 (vollkommen zufrieden) ergab sich für die gesamte (subjektive) Lebenszufriedenheit ein Mittelwert von 7,8. Über 87% wählten dabei einen Wert größer als 5 (Skalenmitte). 8% wählten die 5. Der Anteil der Personen ab 16 Jahren, die angaben, mit ihrem Leben vollkommen zufrieden zu sein, lag 2013 bei 21%. 4,4% bewerteten ihre Zufriedenheit mit einem Wert von 4 oder darunter. Interessant ist dabei, dass die Lebenszufriedenheit mit zunehmendem Einkommen kontinuierlich zunimmt. Während das unterste Einkommensquintil 2013 eine mittlere Lebenszufriedenheit von 7,2 aufwies, lag der entsprechende Mittelwert im obersten Einkommensfünftel bei 8,3.
Die Wohnumgebung wird durchwegs positiv beurteilt: mit mittleren Zufriedenheiten von 8,4 (Wohngegend) und 8,3 (Grünflächen in der Wohngegend) wurden hier insgesamt sehr hohe Werte angegeben. Diese Zufriedenheit geht mit zunehmender Bebauungsdichte etwas zurück.
Umwelt – durchwegs zu hoher Ressourcenverbrauch, aber erste Lichtblicke
Wie geht’s Österreich? zeigt auf, dass die hohen Verbräuche von Ressourcen wie Boden oder Energie weiterhin ernste Problemfelder darstellen. Die Flächeninanspruchnahme (Verbrauch der Ressource Boden) wuchs von 2001 bis 2012 mit 19,2% rund viermal so schnell wie die österreichische Bevölkerung (+4,8%). Der tägliche Gesamtflächenverbrauch (inkl. Sportflächen, Abbauflächen usw.) lag im Durchschnitt 2009–2012 bei rund 22 Hektar (=Fläche von 31 Fußballfeldern). Ein Viertel dieser Fläche wird versiegelt, dadurch verlieren die Böden alle biologischen Funktionen. Diese Bodenversiegelung stellt eines der größten Umweltprobleme dar, auch weil sie nahezu irreversibel ist.
Der Energieverbrauch (energetischer Endverbrauch) wuchs zwischen 1995 und 2013 mit 32,5% etwas verhaltener als das reale BIP (+40,4%). Wichtig wäre jedoch nicht nur eine schwache Stabilisierung des Verbrauchs, sondern auch ein – politisch seit längerem angestrebter – Rückgang des Energieverbrauchs (so wie es etwas das Energieeffizienzgesetz vorsieht). Im Jahr 2013 stieg der Verbrauch gegenüber dem Vorjahr sogar um knapp 2% (auf 1.119 PJ). Der Energieverbrauch des Verkehrssektors stieg in den Jahren 1995 bis 2013 mit 51,3% deutlich stärker als das reale BIP (40,4%). Bisher waren keine energieeinsparenden Strukturänderungen (z.B. Verlagerung des Transports von der Straße auf Schiene) erkennbar.
Ein Rückgang des energetischen Endverbrauchs um jährlich 0,9% wäre notwendig, um das nationale Ziel des aktuellen Energieeffizienzgesetzes von maximal 1.050 PJ bis 2020 zu erreichen. Eine erhöhte Energieeffizienz ist nicht nur auf wirtschaftlicher und ökologischer, sondern auch auf sozialer Ebene von Relevanz: Beispielsweise verwendeten Haushalte im untersten Einkommensquintil 6,2% ihrer Ausgaben für Energie im Bereich Wohnen, im obersten Quintil waren es nur 3,9%.
Positive Entwicklungen im Umweltbereich sind etwa für Feinstaub und erneuerbare Energieträger zu verzeichnen. So sanken die Feinstaub-Emissionen (PM10) zwischen 1995 und 2012 um 13%. Der Anteil der anrechenbaren erneuerbaren Energieträger erhöhte sich auf 32,5% im Jahr 2013, was ein Erreichen des nationalen Europa 2020 Ziels von 34% wahrscheinlich macht. Die Treibhausgasemissionen sind über die gesamte Periode 1995 – 2012 auf zu hohem Niveau und liegen über dem Kyoto-Ziel (68,8 Mio. t CO2-Äquiv.). In den letzten Jahren gingen die Emissionen jedoch etwas zurück, damit gab es für diesen Zeitraum eine erste Entkoppelung von der Wirtschaftsleistung.
Dieser Beitrag basiert auf den aktuellsten Ergebnissen des Projekts „Wie geht’s Österreich?“, in dessen Rahmen jährlich ein umfassender Bericht (inkl. Kurzfassung) erscheint. Morgen und übermorgen werden zwei weitere Beiträge erscheinen, die die drei Dimensionen vertiefend behandeln werden.