Darf man in Zeiten der Corona-Krise auch noch über die Klimakrise sprechen? Auf den ersten Blick eine heikle Angelegenheit, stehen doch durch COVID-19 viele Menschenleben und durch die folgende Wirtschaftskrise Existenzen unmittelbar auf dem Spiel. Doch Wirtschaft und Klimaschutz sind keine Frage von Entweder-oder. Ganz im Gegenteil.
Der Weg in eine lebenswerte Zukunft
Corona und seine Folgen stellen uns gerade vor die Frage: Wollen wir in die Zukunft oder in die Vergangenheit investieren? Gerade werden staatliche Investitionen in Milliardenhöhen in die Hand genommen, um Wirtschaft und – damit untrennbar verbunden – Gesellschaft zu stützen. Welchen Weg wollen wir also einschlagen? Werden wir beim Wiederaufbau aus den Fehlern der Vergangenheit lernen und unsere Wirtschaft zukunftsfähig, krisensicher, sozial, ökologisch und ökonomisch nachhaltig gestalten?
Das soziale Ungleichgewicht bei der Klimakrise
Der soziale Aspekt spielt dabei eine ganz entscheidende, wenn nicht die entscheidendste Rolle. Als Neustart aus der wirtschaftlichen Krise und Rekordarbeitslosigkeit leitet sich ein klares Ja für effektive Klimapolitik ab – anders als es uns die Framings der Lobbyisten diverser politischer Parteien oder (fossiler) Unternehmen glauben machen wollen.
Warum? Die Rechnung ist denkbar einfach: Momentan ist es so, dass die oberen Einkommensschichten deutlich mehr CO2-Emissionen verursachen, aber die niedrigeren mehr von den Umweltbelastungen betroffen sind, bestätigt Matthias Schnetzer, AK-Verteilungsexperte. Gerade in Zeiten mit 600.000 Arbeitslosen ist es unabdingbar, Sozial- und Umweltpolitik zu verknüpfen und im Verbund mit klugen Investitionen für mehr Gerechtigkeit und Wohlstand auf allen Ebenen zu sorgen.
Grüner Wohnbau ist sozialer Wohnbau
Statt für 9,1 Milliarden Euro Öl, Kohle und Gas nach Österreich zu importieren, könnte dieses Geld vor Ort Wertschöpfung bringen, und durch den Ausbau von erneuerbaren Energien könnten Hunderttausende Arbeitsplätze geschaffen werden. Das belegen Zahlen der Austrian Energy Agency und ein Artikel des deutschen „pv magazine“. Kluge Klimapolitik kann außerdem energieeffiziente Neubauten fördern wie Niedrigstenergie-, Passiv- oder Plusenergiehäuser. Bei bestehenden Wohngebäuden ist die Förderung von thermischer Sanierung eine entscheidende Maßnahme für den Klimaschutz, der Faktencheck Energiewende bestätigt das. Denn dies führt langfristig zu gesenkten Energiekosten für die BewohnerInnen. Investitionen in einen nachhaltigen und energieeffizienten Gebäudebau sind notwendig, genauso wie zukunftsweisende Gesamtkonzepte, die nicht an Hausmauern oder Grundstücksgrenzen enden – sondern die Gestaltung von Grün- und öffentlichem Raum dementsprechend miteinbeziehen.
In der Zeit des Lockdowns haben wir gemerkt, wie wichtig Erholungsräume im Grünen sind – gerade, wenn Menschen in kleinen Wohnungen leben. Im Sommer können Grünflächen die Hitze in der Stadt mildern. Im Schatten unter Bäumen ist durch die Verdunstungskälte um 5 °C kühler als im normalen Häuserschatten. Bäume wirken so nicht nur als Emissionssenken, indem sie CO2 aus der Luft binden, sondern auch als natürliche Klimaanlagen. Ein Baum ist so stark wie 10 Klimaanlagen, denn die Kühlleistung eines einzelnen Baumes beträgt 20 bis 30 Kilowatt, diese Zahlen veröffentlicht der Botanik Guide.
Verkehr: Klimaschutz darf kein Privileg sein
Der Verkehrssektor bedarf ebenfalls einer Wende. Er hat zurzeit den größten Anteil an den Emissionen in Österreich, das bestätigt bereits 2018 ein Bericht des österreichischen Parlaments. Ein ausgebauter, gut getakteter und leistbarer öffentlicher Nah- und Fernverkehr schafft nicht nur viele Arbeitsplätze, er macht es auch allen möglich, auf klimafreundliche Alternativen umzusteigen.
Ein Muster, das sich durch die gesamte Klimakrise wie ein roter Faden zieht, gilt es bei diesem Thema im Besonderen zu durchbrechen: Aktuell ist klimaschädigendes Verhalten häufig die Norm und klimafreundliches Verhalten ein Privileg: weil es teurer oder mit Umwegen verbunden ist. Das muss sich ändern! Klimaschutz darf kein Privileg sein.
Investitionen in nachhaltige Lösungen
Es müssen für Klima- und Umweltschutz künftig deutlich mehr als die veranschlagten knapp 200 Millionen Euro zusätzlich zur Verfügung stehen. Nachhaltigkeit sollte gerade in der Bewältigung der Corona-Krise an erster Stelle stehen, um Schwung für die Zukunft mitzunehmen. Denn es gibt klimapolitische Handlungsoptionen, wie man mit der Corona-Krise umgehen kann, wie ein kürzlich veröffentlichter WIFO-Research-Brief in Kooperation mit dem Wegener Center aufzeigt. 38 Milliarden Euro und weitere Konjunkturpakete sind mehr als nur „Stützungsgelder“ für darniederliegende Branchen: Sie legen die Rahmenbedingungen für die Zukunft fest. Dabei sollten fossile Unternehmen nicht die Krisengewinner sein. Regionale und nachhaltige Wertschöpfung in der Produktion und Investitionen in zukunftsfähige Sektoren wie öffentlichen Verkehr und erneuerbare Energien sichern langfristig systemrelevante Arbeitsplätze.
Das Klimavolksbegehren fordert:
Die Klimakrise ist die größte Gefahr für die Menschheit. Sie gefährdet die Gesundheit, die Ernährungssicherheit, unsere Natur und Wirtschaft. Genau deshalb braucht es ein Klimaschutzgesetz, in dem das Grundrecht auf Klimaschutz verfassungsrechtlich festgeschrieben ist.
Um kommenden Generationen eine Chance auf eine Zukunft auf einem lebenswerten Planeten zu geben, muss das Pariser Abkommen eingehalten werden und die Erderhitzung auf das Ziel von 1,5°C beschränkt bleiben! Die Realität ist: Wir haben nur noch ein begrenztes CO2-Budget. Und damit das nicht überschritten wird, muss es verbindlich in einem Klimaschutzgesetz samt Maßnahmenpaket festgeschrieben werden.
Um dieses Ziel zu erreichen, müssen wir aufhören, Klimaschädigendes zu fördern. Zwar kündigt die Regierung nun eine Milliarde Euro für Klimaschutz an, doch es werden weiterhin jährlich 4,7 Milliarden Euro in klimaschädigende Subventionen gesteckt und um 9 Milliarden Euro fossile Brennstoffe importiert. Öffentlich betonen, wie wichtig Klimaschutz ist, und unter der Hand klimaschädigendes Verhalten fördern – das darf nicht mehr sein. Es braucht jetzt ein Umsteuern, die Streichung klimaschädigender Subventionen und eine konsequente und naturverträgliche Mobilitäts- und Energiewende, die es allen Menschen möglich macht, nachhaltig zu leben.
Dein Beitrag für mehr Gerechtigkeit und ein besseres Klima
Das Klimavolksbegehren will dazu beitragen, dass mit der Bewältigung der Klimakrise auch soziale Nachhaltigkeit verstärkt zur Maxime im wirtschaftlichen und politischen Handeln wird. Werden auch Sie Teil der Klimabewegung und unterstützen Sie das Klimavolksbegehren mit Ihrer Unterschrift in der Eintragungswoche vom 22. bis 29. Juni. Als unabhängige Stimme fordern wir gemeinsam mit BürgerInnen und anderen Organisationen die Politik zum sofortigen Handeln auf.
Weitere Informationen dazu, welche konkreten Forderungen das Klimavolksbegehren stellt, finden sich hier: https://klimavolksbegehren.at/forderungen/