Seit der Krise kam es in einigen EU-Ländern wieder zu Steuererhöhungen auf persönliche Kapitaleinkommen, und auch der Steuersenkungswettlauf bei den Unternehmenssteuern verlangsamte sich. Gleichzeitig nahmen internationale Kooperationsbemühungen gegen Steuerhinterziehung und -umgehung deutlich an Fahrt auf. Kürzlich meldeten sich selbst aus der OECD Stimmen, die eine stärkere steuerliche Heranziehung von persönlichen Kapitaleinkommen erwogen. Von einem verteilungspolitischen Durchbruch kann zwar keine Rede sein – dennoch bieten die jüngsten Steuertrends Anknüpfungspunkte für eine Neuvermessung des Möglichen. Umso erstaunlicher, dass in Österreich ausgerechnet jetzt wieder über eine Unternehmenssteuersenkung diskutiert wird.
Erhöhung der Steuern auf private Kapitaleinkünfte vor allem in den GIIPS-Ländern
Mit dem Argument, Kapitalerträge ließen sich nicht höher besteuern, weil sie sonst sofort außer Landes zögen, wurden Kapitaleinkommen steuerlich privilegiert und einer Erhöhung von Kapitalertragsteuern lange Zeit entgegengewirkt. Unter dem Konsolidierungsdruck nach der Finanzkrise schien diesem Argument allerdings weniger Bedeutung beigemessen zu werden. So erhöhten zB Belgien und Finnland die Steuersätze auf Kapitaleinkommen von 15 auf 21 bzw. von 28 auf 30 Prozent und führten sogar eine leichte Progression ein: In Belgien wurde eine zusätzliche Solidaritätsabgabe von 4 Prozent auf Kapitaleinkommen von über 20.020 Euro erhoben, während Finnland einen zweiten regulären Steuersatz von 32 Prozent auf besonders hohe Kapitaleinkommen einführte. Ähnliche Maßnahmen wurden auch in Irland, Italien, Portugal und Spanien umgesetzt. Frankreich beschloss ab 2013 die Rückkehr zur Integration der Kapitaleinkommen in die progressive Einkommensteuer, wobei allerdings einige Ausnahmen und Sonderregelungen zu beachten sind. Eine ähnliche Maßnahme wird nun auch in Deutschland diskutiert.
Die Gesamtsteuerlast auf Dividenden, die bereits die Belastung der Gewinne auf Unternehmensebene mit einbezieht, war im Jahrzehnt vor der Krise in fast allen EU-Ländern gesunken. Seit 2008 kam es jedoch zu Anhebungen in Belgien, Finnland, Frankreich, Griechenland, Irland, Italien, Portugal, der Slowakei und Spanien.
Diese Entwicklungen können zwar nicht als progressive Umorientierung in der Steuerpolitik gewertet werden, denn sie erfolgten in der Regel im Rahmen umfassender Steuererhöhungsprogramme, bei denen auch die unteren und mittleren Einkommen nicht verschont blieben. Dennoch zeigen sie, dass einige Regierungen eine Mehrbelastung auch von Kapitaleinkommen für machbar hielten.