Wussten Sie, dass es sein kann, dass Sie trotz Erreichung des gesetzlichen Antrittsalters und erfolgter Pensionierung keinen Anspruch auf eine SeniorInnenermäßigung bei den öffentlichen Verkehrsbetrieben haben? Wie kann das sein?
2010 wurde vom Verfassungsgerichtshof (VfGH) die Regelung, dass Männer ab dem 65. und Frauen ab dem 60. Lebensjahr als Senioren gelten und somit ab diesem Alter zum ermäßigten Tarif öffentliche Verkehrsmittel benützen dürfen, als gleichheitswidrig aufgehoben. Der VfGH stellte klar, dass eine Anknüpfung des Pensionistentarifs an unterschiedliche Altersgrenzen für Frauen und Männer, unabhängig davon, ob eine Pensionierung überhaupt erfolgt ist, gegen die Bestimmungen des Gleichbehandlungsgesetzes verstößt. Die aufgehobene Regelung hatte das gesetzliche Pensionsantrittsalter (Frauen: 60 Jahre/Männer: 65) als anspruchsbegründend herangezogen. Eine neue, diskriminierungsfreie Regelung für den Anspruch auf eine SeniorInnenermäßigung musste gefunden werden. Naheliegend war aufgrund der Entscheidung, den tatsächlichen Pensionsantritt heranzuziehen. Doch ein Schelm der Böses denkt.
Verschiebung der Regelungskompetenz vom Bund auf die Verkehrsträger
Eigentlich war zu erwarten, dass die aufgehobene Bestimmung der Verordnung des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie nun diskriminierungsfrei formuliert wird. Die Bestimmung hätte beispielsweise relativ einfach folgendermaßen geändert werden können:
Anstelle von
„Senioren – das sind Männer ab dem 65. und Frauen ab dem 60. Lebensjahr – kann bei Vorweis eines gültigen Lichtbildausweises eine 50%ige Seniorenermäßigung gewährt werden“
hätte bestimmt werden können:
„SeniorInnen – das sind alle Personen ab 63 und jüngere Personen, die den Bezug einer Eigenpension eines gesetzlichen Pensionsversicherungsträgers nachweisen können.”
Dem war jedoch nicht so. Die aufgehobene Bestimmung wurde nicht ersetzt.
Regelung durch die Verkehrsträger und -unternehmen
Die Folge war, dass nun – nachdem es nicht mehr durch eine Verordnung des zuständigen Bundesministeriums geregelt war – die Verkehrsverbünde und -unternehmen selbst nach ihrem eigenen Ermessen Regelungen treffen konnten. Man einigte sich auf der Ebene der Verkehrsverbünde darauf, ab 2012 die gemeinsame Altersgrenze für Männer und Frauen bei 60 Jahren festzulegen und diese Grenze dann alle zwei Jahre jeweils um ein Jahr zu erhöhen. Mit Ausnahme der Linz AG ist die SeniorInnenermäßigung derzeit wie folgt geregelt:
„SeniorInnen sind Fahrgäste ab dem vollendeten 63. Lebensjahr (d. h. ab dem 63. Geburtstag).
Ab 1.1.2020 ab dem vollendeten 64. Lebensjahr und ab 1.1.2022 ab dem vollendeten 65. Lebensjahr.„
Allein aufgrund des Alters von derzeit 63 Jahren – unabhängig vom gesetzlichen Pensionsanspruchsalter und unabhängig davon, ob eine Pension angetreten wurde – gewähren die Verkehrsverbünde und -unternehmen eine SeniorInnenermäßigung.
Es ist also nicht der mit der Pension einhergehende Einkommensverlust, der durch die Ermäßigung berücksichtigt werden soll, sondern allein das Alter – unabhängig vom Einkommen.