Die Zusammensetzung von Schulen bzw. Schulklassen und ihre Rolle für SchülerInnenleistungen ist ein bildungspolitisches Dauerthema. Traditionell dreht sich die Diskussion dabei vor allem um die äußere Differenzierung unterschiedlicher Schultypen nach der Grundschule (AHS vs. HS/NMS). Seit geraumer Zeit stehen auch die Fragen nach dem Umgang mit sogenannten “Brennpunktschulen” stärker im Zentrum. Dennoch ist die Forschungslage diesbezüglich nach wie vor nicht eindeutig. Der folgende Beitrag skizziert den bisherigen Forschungsstand und daraus abgeleitete Erkenntnisse für die Förderung benachteiligter Schulstandorte.
Die Zusammensetzung von SchülerInnen zwischen und in den Schulen
Die Zusammensetzung (Komposition) der SchülerInnen innerhalb einer Schulklasse bzw. einer Schule und ihr Einfluss auf diese SchülerInnen (Kompositionseffekt) sind ein Kernthema der Bildungsforschung. Gegenübergestellt werden dabei vor allem die Vor-/Nachteile heterogener vs. homogener Komposition: Heterogenität beschreibt eine Zusammensetzung, in der sich SchülerInnen hinsichtlich eines oder mehrerer Merkmale (wie sozioökonomischer Lage, ethnischem Hintergrund, Vorleistungen, etc.) stark unterscheiden. Im Gegensatz dazu sind sich SchülerInnen bei einer homogenen Zusammensetzung in diesen Merkmalen sehr ähnlich.
Werden SchülerInnen in homogenen Klassen bzw. Schulen zusammengefasst, so spricht man von schulischer Segregation. Die Gründe dafür können variieren: Segregation zwischen Schulen hat ihre Ursachen häufig in einer räumlichen Konzentration der Wohnbevölkerung nach ethnischen oder sozioökonomischen Merkmalen. Aber auch die Trennung von Schultypen (wie zwischen AHS & NMS) kann Segregation verstärken, wenn ihr Zugang von diesen Voraussetzungen beeinflusst ist. Innerschulische Segregation kann ihre Ursachen in der gezielten Zusammenstellung von Schulklassen nach Leistungskriterien (z.B. Leistungsgruppen), nach sprachlichen Gesichtspunkten (z.B. eigene Deutschklassen) oder nach Unterrichtsaspekten (z.B. profilbildende Schwerpunktklassen) haben.
Vorwissen und soziale Lage als die stabilsten Kompositionseffekte
Bildungswissenschaftlich gelten die Befunde des sogenannten Coleman-Reports (1966) über den Effekt der Klassenzusammensetzung auf Lernergebnisse von schwarzen und weißen SchülerInnen in den USA als Initialzündung. Seitdem hat die Forschung aber nur teilweise eindeutige Befunde gebracht, was zur anhaltenden Kontroversialität des Themas mitbeiträgt.
Der am breitesten abgestützte Kompositionseffekt ist jener des Vorwissens von SchülerInnen. In fast allen Studien finden sich robuste Belege dafür, dass ein höheres Vorwissen der Klasse auch in höheren SchülerInnenleistungen resultiert (selbst bei Kontrolle der sozialen Zusammensetzung), wobei dies zumeist an Mathematik- und Sprachkompetenzen überprüft wird.
Ähnliches gilt für das am häufigsten untersuchte Kompositionsmerkmal, nämlich die soziökonomische Lage der SchülerInnen. Sie wird in der Regel gemessen durch die berufliche Stellung und das Bildungsniveau der Eltern. Auch hier zeigt sich in den meisten (jedoch nicht allen) Studien, dass in sozial besser gestellten Schulen bzw. Klassen die SchülerInnen höhere Schulleistungen erzielen. Die Stärke des Effektes variiert aber je nach Analysedesign und nimmt bei Kontrolle des Vorwissens deutlich ab.
Die Kompositionseffekte des Migrationshintergrunds von SchülerInnen ist wissenschaftlich seltener untersucht. Er wird zumeist gemessen über Herkunftsland oder Erstsprache der SchülerInnen und ihrer Eltern. Vorhandene Studien zeigen leicht negative Effekte (d.h. niedrigere Leistungen bei höherem Anteil an SchülerInnen mit Migrationshintergrund). Diese Effekte schwächen sich jedoch bei Kontrolle von Vorwissen und soziökonomischer Lage ab, verlieren ihre Signifikanz.
Homogen oder heterogen – wer profitiert?
Im OECD-Vergleich zählt Österreich zu den am stärksten sozial segregierenden Schulsystemen (siehe Diagramm). Bereits im Alter von 10 Jahren trennt Österreichs Schulsystem in AHS bzw. NMS/HS. Dass diese Trennung weniger mit Leistung sondern vielmehr mit der sozialen Herkunft der zu tun hat, zeigt untenstehende Grafik. Haben die Eltern maximal Pflichtschulabschluss, schaffen trotz gleicher Mathematikleistung (533 Punkte) nur knapp ein Viertel der Kinder an die AHS, während zwei Drittel der Kinder von Eltern mit Hochschulabschluss dies schaffen.