Studierende arbei­ten immer mehr: Gründe, Folgen, Handlungs­räume

28. Januar 2025

Studieren und gleichzeitig arbeiten? Die Studierendensozialerhebung 2023 zeigt einmal mehr: Für fast 70 Prozent der Studierenden in Österreich ist das Realität – und oft bittere Notwendigkeit. Steigende Lebenshaltungskosten und real immer niedrigerer Beihilfen verstärken diese Entwicklungen zusehends. Besonders hoch ist die Belastung durch Mieten, die im Schnitt fast 40 Prozent des Budgets verschlingen. Diese Entwicklungen gefährden Studienerfolg und Chancengleichheit. Die Politik muss dringend handeln: Reformen bei Beihilfen, Wohnkosten und der Vereinbarkeit von Studium und Beruf sind unumgänglich.

Das Ausmaß der Erwerbstätigkeit: Studieren als Vollzeitjob?

69 Prozent der Studierenden arbeiten neben dem Studium – ein Anstieg um 4 Prozentpunkte seit 2019. Im Durchschnitt sind das 21 Stunden pro Woche. Das Zeitbudget für das Studium sinkt jedoch bereits ab 9 Arbeitsstunden pro Woche. Für fast drei Viertel der Studierenden ist es die finanzielle Notwendigkeit, die zu einer (erhöhten) Erwerbstätigkeit führt. Besonders beunruhigend ist der Trend bei den unter 21-Jährigen, wo die Erwerbsquote um 6 Prozentpunkte gestiegen ist.
Diese Zahlen zeigen: Das Studium als Vollzeitaufgabe rückt für viele in weite Ferne. Die Folge sind verlängerte Studienzeiten, ein erhöhter Druck und erschwerte Bedingungen, den Abschluss rechtzeitig zu schaffen.

© A&W Blog


Warum arbeiten so viele Studierende?

Die Gründe sind klar: Die Teuerung der letzten Jahre hat die Situation spürbar verschärft, während Studienbeihilfen und andere Unterstützungen stagnieren oder nur unzureichend erhöht wurden. Besonders auffällig sind die Wohnkosten. Mit durchschnittlich 549 Euro pro Monat verschlingen sie rund 38 Prozent des studentischen Monatsbudgets. Zum Vergleich: Laut Statistik Austria „reichen“ für den bzw. die Durchschnittsösterreicher:in 21 Prozent des Haushaltsbudgets für Wohnkosten. Für Studierende ohne elterliche Unterstützung ist das eine massive Hürde, da ein Studienbeginn für viele auch mit einem Umzug an den Hochschulstandort verknüpft ist.


© A&W Blog


Was bedeutet das für die Studierenden?

Die hohe Erwerbstätigkeit wirkt sich direkt auf die Studiensituation aus. Viele können sich weniger auf ihre Lehrveranstaltungen konzentrieren, müssen Prüfungen verschieben oder belegen weniger Kurse. Hinzu kommt die psychische Belastung durch die Herausforderungen der Vereinbarkeit von Job und Studium.
Chancengleichheit leidet besonders: Vor allem Studierende aus einkommensschwachen Haushalten haben es deutlich schwerer. Für sie hängt die Möglichkeit eines Studiums noch stärker von ihrer Erwerbstätigkeit ab als bei jenen, die auf finanzielle Unterstützung aus der Familie zählen können.

Welche Maßnahmen sind jetzt nötig?

  • Erhöhung und Ausweitung der Studienbeihilfen: Mehr Studierende sollen Anspruch auf Unterstützung haben, und die Beträge müssen vollumfänglich an die Teuerung angepasst werden.
  • Maßnahmen gegen hohe Mietkosten: Leistbare Studierendenwohnheime und Mietpreisregulierungen müssen Priorität haben.
  • Vereinbarkeit von Studium und Beruf fördern: Flexiblere Studienstrukturen und gezielte Unterstützungsangebote sind unerlässlich. Arbeitgeber:innen müssen hier ebenso in die Pflicht genommen werden.

Zeit zu handeln!

Die Zahlen der Studierendensozialerhebung 2023 sprechen eine deutliche Sprache: Studierende brauchen mehr Unterstützung – und zwar jetzt. Die Daten zeigen einmal mehr, dass die Negativentwicklungen der letzten Jahre weiter zunehmen. Wir brauchen Studierende und Absolvent:innen, um gesellschaftliche Herausforderungen wie die soziale und ökologische Transformation proaktiv anzugehen. Diese Möglichkeit verspielen wir, wenn Studierende zwischen Hörsaal und Arbeitsplatz aufgerieben werden.
Die nächste Bundesregierung wird zeigen müssen, welchen Stellenwert sie der Absicherung der Studierenden und damit auch der Hochschullandschaft in Österreich einräumt.

Creative-Commons-Lizenz CC BY-SA 4.0: Dieser Beitrag ist unter einer Creative-Commons-Lizenz vom Typ Namensnennung - Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0 International zugänglich. Um eine Kopie dieser Lizenz einzusehen, konsultieren Sie http://creativecommons.org/licenses/by-sa/4.0/. Weitere Informationen https://awblog.at/ueberdiesenblog/open-access-zielsetzung-und-verwendung