Die Notstandshilfe zu streichen und Langzeitarbeitslose in die Mindestsicherung zu schicken, kommt einer Vermögenssteuer für Menschen in schwierigen Lebensumständen gleich. Die meisten Arbeitslosen sind zwar vermögensarm – die Hälfte besitzt weniger als 2.200 Euro Nettovermögen. Wo diese Maßnahme allerdings große Auswirkungen hat, ist bei der Mittelschicht.
Sie trifft jene, die das Pech hatten, nach dem Jobverlust etwa wegen ihres Alters keinen Arbeitsplatz mehr zu finden, aber vielleicht am Land ein bescheidenes Eigenheim aufgebaut haben. Die Überlegung, ihnen noch etwas wegzunehmen, verschiebt den Blick weg von einer Vermögenssteuer für die Superreichen hin zu Menschen mit einem Notgroschen oder einem Auto.
Die Streichung der Notstandshilfe bedeutet, dass Langzeitarbeitslose ihr Vermögen bis rund 4.000 Euro aufbrauchen müssen, um Mindestsicherung als letzten Rettungsring in Anspruch nehmen zu können. Die Hälfte der Arbeitslosen hat ohnehin weniger als 2.200 Euro Nettovermögen und gehört damit zu den Ärmsten in Österreich. Ein anderer Teil der Arbeitslosen dagegen hat durchaus ein bisschen etwas aufgebaut – zwei Drittel ihres Vermögens macht das Haus oder eine Eigentumswohnung aus, dazu kommt oft auch noch ein Auto oder ein kleines Sparbuch. Der Wechsel in die Mindestsicherung bedeutet für sie de facto eine Vermögenssteuer, denn sie erhalten nur dann Leistungen, wenn im Gegenzug die Behörde ins Grundbuch eingetragen wird beziehungsweise sie ihr Vermögen zuerst verwerten. Somit trifft die der Wegfall der Notstandshilfe mit voller Wucht die Mittelschicht, die ein bescheidenes Vermögen aufgebaut hat und oft unverschuldet in Arbeitslosigkeit geraten ist.
Für die Ärmsten und die Perspektivlosesten bedeutet diese Maßnahme sinnlose Schikanen und für die Behörden einen Bürokratieaufwand ohne nennenswertes Aufkommen. Stattdessen braucht es neue Hoffnung: die Unterstützung von Langzeitarbeitslosen durch hochwertige Beschäftigungsprogramme wie die – kürzlich ausgesetzte – Aktion 20.000 und eine Vermögenssteuer für die Reichen, die genügend Aufkommen für die Finanzierung öffentlicher Leistungen einbringen würde.
Die meisten Arbeitslosen haben kaum Vermögen
Für Fragen zu Vermögen ist die Vermögenserhebung HFCS der Oesterreichischen Nationalbank die beste Quelle. Der Datensatz erhob 2014 penibel die Vermögenswerte von österreichischen Haushalten. Bei den folgenden Berechnungen gelten jene Haushalte als arbeitslos, deren Referenzperson (mit der das Interview durchgeführt wurde) arbeitslos ist. Allerdings sind die Ergebnisse aufgrund der niedrigen Fallzahl mit großer Vorsicht zu interpretieren.
Die meisten arbeitslosen Haushalte sind vermögensarm: Die Hälfte der arbeitslosen Haushalte hat weniger als 2.200 Euro Nettovermögen (Sachvermögen plus Finanzvermögen minus Schulden). Das ist viel weniger als in der Gesamtbevölkerung, deren mittlerer Haushalt gut 85.000 Euro besitzt. Auch beim Durchschnitt zeigt sich die Schieflage: Das durchschnittliche Nettovermögen von arbeitslosen Haushalten beträgt rund 40.000 Euro und ist weit geringer als das Durchschnittsvermögen aller österreichischen Haushalte (etwa 260.000 Euro). Weil sie kaum Vermögen besitzt, wohnt die große Mehrheit der Arbeitslosen zur Miete, weniger als die Hälfte hat ein Auto, und wenn, ist dieses im Schnitt 6.000 Euro wert. Auch das Finanzvermögen ist sehr gering: Die Hälfte der Arbeitslosen konnte weniger als 1.100 Euro als Notgroschen auf die Seite legen.