Für viele ist es ein Kindheitstraum: einmal als Lokführer:in einen Zug steuern oder als Kranführer:in hoch über einer Baustelle arbeiten. Ein Blick auf die Arbeitsrealität und die gesundheitlichen Belastungen bei Triebfahrzeugführer:innen und Kranführer:innen zeichnet aber ein anderes Bild. Durch die Klimakrise angeheizt, werden diese Arbeitsplätze – nur allzu oft unklimatisiert – im Sommer zu gesundheitsgefährdenden Brennpunkten.
Auswirkungen der Klimakrise am Arbeitsplatz besonders spürbar
Schienenfahrzeuge und Krane haben eine lange Lebensdauer und sind Jahrzehnte im Einsatz. So ist bei Loks und Waggons eine Verwendungsdauer von 30 und mehr Jahren keine Seltenheit. Das ist für den Ressourcenverbrauch und aus betriebswirtschaftlicher Sicht ein enormer Vorteil. Es wird aber zum Fluch, wenn es darum geht, auf geänderte Rahmenbedingungen wie dem Klimawandel oder geänderten Anforderungen der Reisenden und der Beschäftigten (Barrierefreiheit, Hitzefreiheit, Digitalisierung usw.) rasch zu reagieren. Egal ob Triebfahrzeuge oder Krane, viele Arbeitsplätze sind nicht mit Klimaanlagen ausgestattet. Die zunehmenden Hitzeperioden im Sommer sorgen dafür, dass im Innenraum gesundheitlich massiv bedenkliche Temperaturen erreicht werden.
Der Trend zu immer heißeren Sommern wird sich in den nächsten Jahren wohl weiter fortsetzen, wie auch Daten zur Temperaturentwicklung in Österreich zeigen. Fakt ist: Unter den zehn wärmsten Sommern der 254-jährigen Messgeschichte (1767–2020) fanden 14 der 15 heißesten Sommer nach 1995 statt. Auch dieses Jahr wurden bereits Temperaturen von 37,5 °C gemessen.
Besonders hitzeexponierte Arbeitsplätze geraten immer öfter in einen gesundheitsgefährdenden Grenzbereich. Auf betrieblicher Ebene braucht es dringend aktuelle Messungen, um die tatsächliche Exposition an den Arbeitsplätzen von den zuständigen Arbeitsmediziner:innen bewerten lassen zu können. Die Fürsorgepflicht der Arbeitgeber:innen und die Vorgaben des Arbeitnehmer:innenschutzgesetzes sehen eine allgemeine Verpflichtung zum Gesundheitsschutz der Arbeitnehmer:innen vor. In Bezug auf die zunehmende Hitze und die ebenso ansteigende UV-Strahlung fehlt es jedoch an konkreten gesetzlichen Schutzvorgaben. Dazu zählt etwa, ab welchen Temperaturen die Erbringung von Arbeiten eingestellt werden muss. Die nun auftretenden Belastungen in dieser Form sind relativ neu, es besteht Handlungsbedarf.
Triebfahrzeug und Krankabine – Arbeitsplätze als Hitzefalle
Die Rekordsommer der letzten Jahre haben aufgezeigt, dass es gerade bei hitzeexponierten Arbeitsplätzen dramatische Auswirkungen gibt. Betriebsräte und die Gewerkschaften haben an Arbeitsplätzen stichprobenartig Messungen durchgeführt. Dabei wurden, beispielsweise in Führerständen von Lokomotiven, vielfach Temperaturen über 40 °C gemessen.
Messungen der AUVA in Kranen, aus dem Sommer 2019, zeigen ähnliche Werte. Gemessen wurde dabei in zwei unterschiedlichen Krankabinen unter Nutzung der begrenzt vorhandenen Schutzmaßnahmen (Beschattung, Fenster usw.). Dabei wurden auch die Auswirkungen von vorhandenen Beschattungen oder die Kühleffekte des Fensteröffnens auf die Temperatur in der Kabine erfasst. Zeitgleich wurde eine Messung der Schattentemperatur im Freien durchgeführt, um auf den Zusammenhang mit der Innentemperatur in der Krankabine rückschließen zu können. Bei Schattentemperaturen von ca. 28 °C wurden in den Kabinen bereits Temperaturen von 35 bis 37 °C erreicht – abhängig von den jeweiligen Schutzmaßnahmen in der Kabine. Bei Schattentemperaturen von 30 °C wurden bereits 44 bis 46 °C im Inneren der Krankabine gemessen.
Die Messergebnisse liegen in einem gesundheitlich massiv bedenklichen Bereich – besonders wenn man die Belastung in einen Kontext mit den dort geleisteten Arbeitsstunden und Arbeitszeiten in der warmen Jahreszeit setzt. Die festgestellten Temperaturen liegen zudem eindeutig über den Empfehlungen der ÖNORM EN 13557 zur Gestaltung von Kranen. Diese sieht für das Führer:innenhaus eine maximale Temperatur von 30 °C vor.
Die Problematik der raschen Erhitzung kleiner, geschlossener Bereiche oder Fahrzeuge ist hinlänglich bekannt. Meist wird sie in Zusammenhang mit Kleinkindern, die an heißen Sommertagen von Passanten oder Rettungskräften aus Autos befreit werden müssen, deutlich. Bereits eine Viertelstunde bei praller Sonne im geschlossenen Auto kann für Babys, Kleinkinder und Tiere lebensgefährlich sein. Als Faustregel gilt: Bei direkter Sonneneinstrahlung heizt sich der Innenraum pro Minute um ein Grad auf. Herrschen Temperaturen von 30 °C, sind innerhalb kürzester Zeit Werte bis zu 70 °C erreicht. Ab 46 °C Innentemperatur wird es für Kinder und Vierbeiner kritisch. Diese Temperaturen können zu Sonnenstich, Ohnmacht oder Kreislaufkollaps führen. Im Extremfall droht sogar der Hitzetod.
Unterschätzte Gefahr für Sicherheit und Gesundheit
Die AK Wien hat eine Literaturstudie in Auftrag gegeben, um die gesundheitlichen Belastungen durch Hitze arbeitsmedizinisch zu bewerten und um notwendige Maßnahmen zum Schutz von Arbeitnehmer:innen voranzutreiben (Belastungen am Arbeitsplatz durch Hitze am Beispiel der Triebfahrzeugführer:innen und Baukranführer:innen). Der Autor kommt zu dem Schluss, dass Hitzebelastungen zu einer massiven Reduktion der Arbeitsproduktivität führen. Sie verringern die Leistungsgenauigkeit und es besteht ein deutlicher Zusammenhang zwischen Arbeitsunfällen und Hitzestress.