Jugendliche, die mit psychischen Problemen kämpfen, fallen häufig aus dem Arbeitsmarkt heraus. Umgekehrt nehmen durch Inaktivität und Frustration auch die psychischen Probleme zu – ein Teufelskreis, der bis jetzt wenig Beachtung gefunden hat. Eine aktuelle Studie der Universität Linz hat erstmals die Zusammenhänge für Österreich analysiert.
Bereits zu Beginn der 1930er-Jahre stellten die SozialwissenschafterInnen Marie Jahoda, Paul Lazarsfeld und Hans Zeisel (1975/1933) fest, dass Arbeitslosigkeit ein inneres Ungleichgewicht erzeugt und somit ein Risiko für das Entstehen psychischer Erkrankungen darstellt. Gleichzeitig sprechen auch zahlreiche empirische Befunde dafür, dass vorhandene Gesundheitsbeeinträchtigungen das Risiko erhöhen, von der Erwerbstätigkeit in die Arbeitslosigkeit abzudriften und in dieser zu verweilen. Da dieses Thema in Österreich in Bezug auf Jugendliche kaum erforscht ist, hat das Sozialministerium die Universität Linz und das Institut für Berufs- und Erwachsenenbildungsforschung beauftragt, sich mit dieser Problematik auseinanderzusetzen und Handlungsoptionen aufzuzeigen (die gesamte Studie ist hier verfügbar).
Psychische Beeinträchtigungen bei Jugendlichen
Im Jahr 2011 sahen sich in etwa 4 % der Jugendlichen zwischen 15 und 24 Jahren mit einer chronischen psychischen Beeinträchtigung konfrontiert. Absolut betrachtet sind dies ca. 36.000 Jugendliche in Österreich bzw. 6.100 Jugendliche in Oberösterreich. Die Analyse administrativer Daten aus dem oberösterreichischen Sozialversicherungssystem zeigt zudem, dass in Oberösterreich im Jahr 2012 knapp 5 % der 15- bis 24-Jährigen Medikamente zur Behandlung psychischer Beeinträchtigungen konsumierten.
Ursachen: Familiäres Umfeld, niedrige Bildungsabschlüsse und fehlende Arbeitsmarktintegration
Nicht alle Gruppen von Jugendlichen sind gleichermaßen häufig von psychischen Problemen betroffen. Anhand der Studie wird deutlich, dass familiäre Faktoren – wie der sozioökonomische Status der Familie – bedeutsame Einflussfaktoren für die psychische Verfassung junger Menschen darstellen. So kann bei Jugendlichen, welche in Haushalten mit einem geringen sozioökonomischen Status aufwuchsen, ein deutlich schlechterer psychischer Gesundheitszustand beobachtet werden als bei jenen aus höheren sozialen Schichten.
Aber auch der jeweilige Bildungsabschluss und die Integration in das Erwerbs- oder Ausbildungssystem stehen in engem Zusammenhang mit dem Auftreten psychischer Erkrankungen. NEET-Jugendliche – also Jugendliche, welche sich weder in Erwerbstätigkeit noch in Ausbildung oder einer Trainingsmaßnahme befinden – sehen sich mit einem um ein Vielfaches höheren Erkrankungsrisiko konfrontiert als Jugendliche, welche in das Erwerbs- oder (Aus-)Bildungssystem integriert sind. Massiv beeinträchtigt sind hierbei vor allem junge Menschen, welche ihre Arbeitssuchaktivitäten völlig eingestellt und sich bereits weit vom Arbeitsmarkt entfernt haben. Während nur 2,7 % der Nicht-NEET-Jugendlichen psychisch erkrankt sind, trifft dies auf 8,7 % der Arbeit suchenden und 20,5 % der inaktiven bzw. nicht Arbeit suchenden NEET-Jugendlichen zu.
Auch in der Gruppe der frühen SchulabgängerInnen, welche keine über die Pflichtschule hinausgehende Ausbildung absolviert haben, kann ein deutlich höherer Anteil an Jugendlichen mit psychischen Problemen verzeichnet werden als bei jenen mit höheren Bildungsabschlüssen (16,1 % vs. 2,5 %). Nachfolgende Abbildungen verdeutlichen diese Unterschiede.