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Mit steigender Wochenarbeitszeit nehmen nicht nur die psychovegetativen Beschwerden zu, es kommt auch zu einer Abnahme der Vereinbarkeit von Beruf und Freizeit. Untersuchungen zeigen, dass bis etwa 40 h/Woche nur eine geringe Abnahme der Vereinbarkeit erkennbar ist, während sie jenseits dieser Grenze deutlich stärker abfällt. Diese Ergebnisse, wie vergleichbare Studien, sprechen deutlich für einen maximal 8-stündigen Arbeitstag an 5 Tagen in der Woche. Zu beachten ist, dass auch ein Achtstunden-Arbeitstag, der mit Arbeitsinhalten überfrachtet ist, auf Dauer gesundheitsgefährdend sein kann.
Lage der Arbeitszeit – Flexible und unübliche Arbeitszeiten
Flexible Arbeitszeiten nehmen stetig zu und werden einerseits als ein Instrument zur Anpassung der Arbeitszeit an (schwankende) Betriebsabläufe betrachtet, andererseits als eine Möglichkeit, den Mitarbeitern/-innen durch selbstbestimmte flexible Arbeitszeiten größere Handlungsmöglichkeiten zu eröffnen und ihre Arbeitszeiten an ihre Anforderungen anpassen zu können. Eine hohe Variabilität, d. h. sehr unregelmäßige Arbeitszeiten, ist jedoch mit erhöhten gesundheitlichen und sozialen Beeinträchtigungen verbunden. Dies trifft auch für Beschäftigte zu, die selbst Einfluss auf ihre Arbeitszeiten ausüben können.
Während wahrgenommene Einflussmöglichkeiten für die Mitarbeiter/-innen generell als positiv beurteilt werden, können sie aber die potenziell negativen Effekte unregelmäßiger Arbeitszeiten nicht vollständig abfedern.
Ein weiteres Kriterium zur Bewertung von flexiblen Arbeitszeiten ist der Grad in dem solche Arbeitszeiten mit biologischen und sozialen Rhythmen eine Überschneidung finden. Studien konnten zeigen, dass gesundheitliche und soziale Beeinträchtigungen mit zunehmender Desynchronisation von Arbeitszeit und biologischen Rhythmen zunehmen. Solche Arbeitszeiten weichen von der Normalarbeitszeit (zwischen 8 und 17 Uhr, Montag bis Freitag) ab, also Arbeit an Abenden und Wochenenden sowie in der Nacht. In den letzten Jahrzehnten ist ein Zuwachs derartiger Arbeitszeitmuster erkennbar.
Dieser hohen Prävalenz unüblicher Arbeitszeiten stehen aktuelle Ergebnisse gegenüber, die erhöhte Risiken für die Sicherheit, Gesundheit und soziale Teilhabe der Beschäftigen mit unüblichen Arbeitszeiten demonstriert haben. Es wurden dabei die negativen Effekte von regelmäßiger Arbeit an Abenden, Samstagen und Sonntagen separat und in Kombination ermittelt, wobei „regelmäßig“ mindestens einmal im Monat bedeutet. So war beispielsweise durch regelmäßige Arbeit zu solchen Zeiten mit einer Steigerung des Risikos für gesundheitliche Beschwerden um jeweils 14 Prozent, 4 Prozent und 17 Prozent verbunden.[i] Die ermittelten negativen Effekte unüblicher Arbeitszeiten können sich darüber hinaus in Kombination mit anderen potenziell ungünstigen Arbeitszeitmerkmalen, wie etwa lange Arbeitszeiten, noch verstärken.
Arbeitswissenschaftliche Empfehlungen zur Arbeitszeitgestaltung
Um das Risiko für gesundheitliche und soziale Beeinträchtigungen der Beschäftigten zu minimieren, wurde eine Reihe von arbeitswissenschaftlichen Empfehlungen zur Gestaltung der Arbeitszeit entwickelt. Diese beinhalten u. a. folgende Merkmale:
- Massierungen, d.h. überlange Arbeitszeiten und lange Arbeitsperioden ohne Ruhezeiten, der Arbeitszeit sollten vermieden werden.
- Die Dauer der Arbeitszeit sollte an die Intensität der Belastung angepasst sein.
- Vermeidung einzelner freier Tage. Eine geblockte Wochenendfreizeit ist einzelnen freien Tagen am Wochenende vorzuziehen.
- Die Variabilität der Arbeitszeit (nach Dauer und Lage) sollte so gering wie möglich sein.
- Arbeitszeiten sollten vorhersehbar und damit für die Beschäftigten planbar sein.
- Die Gestaltung der konkreten Arbeitszeiten sollte den Mitarbeitern/-innen Handlungsspielräume eröffnen.
Bei Schichtarbeit gilt es folgendes zu beachten:
- Vorwärtsrotierte Schichtpläne (Früh-Spät-Nacht) sind rückwärtsrotierten Schichtplänen (Nacht-Spät-Früh) vorzuziehen.
- Eine schnelle Rotation (z.B. 2-3 Tage dieselbe Schicht) ist besser als eine langsame Rotation (z.B. 5-7 Tage dieselbe Schicht).
- Möglichst wenige Nachtschichten in Folge (max. drei).
- Mindestens 24 h Ruhezeit nach einer Nachtschicht.
- Beginn der Frühschicht nicht zu früh.
- Schichtpläne sollten vorhersehbar und damit für die Beschäftigten planbar sein.
Fazit
Gesundheitliche Auswirkungen von überlangen Arbeitszeiten und der signifikante Anstieg des relativen Unfallrisikos finden leider viel zu wenig Beachtung bei Arbeitszeitdebatten. Beschwerden wie Rückenschmerzen, Schlafstörungen, Herz-Kreislauf-Erkrankungen, aber auch psychische Beeinträchtigungen nehmen signifikant mit der Arbeitsdauer zu, wie Untersuchungen ergeben haben.
Bei Diskussionen um die Flexibilisierung und Verlängerung der Arbeitszeit soll nicht ausschließlich auf die wirtschaftliche Komponente geachtet werden, sondern unbedingt auch die gesundheitlichen und sozialen Effekte mitberücksichtigt werden. Letztlich haben diese Effekte auch wieder volkswirtschaftliche Auswirkungen.
Eine Arbeitszeitgestaltung nach gesicherten arbeitswissenschaftlichen Erkenntnissen und daraus abgeleiteten Empfehlungen ist daher ein wichtiges Instrument zur Verhältnisprävention um gesundheitlichen und sozialen Risiken vorzubeugen oder sie zu minimieren, und das Wohlbefinden, die Produktivität und die soziale Teilhabe der Mitarbeiter/-innen (und ihrer Angehörigen) zu fördern.
Weiterlesen
Gesundheitliche und soziale Auswirkungen langer Arbeitszeiten
Chancen und Risiken flexibler Arbeitszeitformen
[i] Arlinghaus, A., Nachreiner, F. (2012): Arbeit zu unüblichen Zeiten- Arbeit mit unüblichem Risiko, Zeitschrift für Arbeitswissenschaft, 66, 291-305.