Sind Frauen anders vom Digitalen Wandel betroffen als Männer? Dazu beantwortet der Beitrag fünf Fragen: Finden die Interessen von Frauen im Digitalen Umbruch Gehör? Was bedeutet Digitalisierung für die Arbeitsplätze von Frauen und was für die Verteilung zwischen den Geschlechtern? Werden Buben und Mädchen gleich gut auf die neuen Anforderungen vorbereitet? Bringt die Digitalisierung Vorteile für die Vereinbarkeit von Beruf und Familie?
1. Finden die Interessen von Frauen im digitalen Umbruch Gehör?
Bisher fokussiert die öffentlichen Debatte zu Fragen des „Digitalen Wandel“” auf den von der deutschen Industrie geprägte Begriff „Industrie 4.0“ und die prognostizierten (und angestrebten) Veränderungen der industriellen Produktion. Übersehen wird dabei, dass die mindestens gleich großen – wenn nicht sogar größeren – Umwälzungen, die für Beschäftigten spürbaren sind, gerade im viel stärker weiblich geprägten Dienstleistungsbereich vor sich gehen. Jörg Flecker etwa spricht in diesem Zusammenhang von einer Industrialisierung der Dienstleistungen.
Ähnlich beschreibt eine neue Studie der deutschen Hans Böckler Stiftung die „Industrialisierung der Kopfarbeit“ wie folgt: „So wie im 19. Jahrhundert die Handarbeit in einzelne Arbeitsschritte unterteilt worden sei, gehe es nun darum, Arbeitsprozesse im Büro zu strukturieren und unabhängig vom individuellen Geschick des Einzelnen zu organisieren. Ermöglicht werde so ein durch und durch synchronisierter Arbeitsprozess“. Diese umfassenden Entwicklungen in den Büros von Privatwirtschaft und Verwaltungen betreffen – mit allen Chancen und Risiken – Frauen in Summe stärker als jene in der Industrie.
Viele Branchen, in denen der Frauenanteil besonders hoch ist, sind besonders von neuen Entwicklungen betroffen. Exemplarisch seinen nur die Veränderungen rund um den Onlinehandel oder im Bankensektor genannt. Oder auch der Bereich der Pflege, für den Gerlinde Hauer eindringlich die Erfahrungen von Betriebsrätinnen schildert. Diese berichten von steigender Kontrolle und wachsendem Rechtfertigungsdruck, weil das Smartphone nicht nur zur Arbeitsorganisation, sondern auch zur verstärkten Kontrolle eingesetzt wird.
2. Was bedeutet Digitalisierung für die Arbeitsplätze von Frauen?
Die OECD benennt die zunehmende Polarisierung der Arbeitsmärkte als Gefahr der Digitalisierung. Gerade Menschen mit niedriger Qualifikation hätten demnach ein weitaus höheres Automatisierungsrisiko, was ihre Tätigkeiten belangt. Während Digitalisierung die Nachfrage nach Routinetätigkeiten reduziert, erhöht sich der Bedarf an hochqualifizierten Fähigkeiten. „Digitalisation will provide new opportunities to many but will raise challanges for others, with the risk of growing inequalities in access to jobs and their quality and career potential”.
Ein Schlüssel, um der Polarisierung gegenzusteuern und die neuen Chancen zu ergreifen liegt in der lebensbegleitenden Weiterbildung, die noch an Bedeutung gewinnen wird. Nicht nur, um aufzusteigen, oder im etablierten Beruf bleiben zu können, sondern auch um mit strukturellen Veränderungen besser mitzukommen und notfalls in neu entstehende Berufsfelder umsatteln zu können.
Was ist nun die frauenpolitische Perspektive zu diesem Befund?
Zahlen der Statistik Austria zeigen, dass Frauen in Österreich (mit 29%) weniger an beruflicher Weiterbildung teilnehmen als Männer (mit 34%). Männer haben zudem mehr Möglichkeit sich in der Arbeitszeit beruflich weiterzubilden als Frauen. Ein Unterschied, der in anderen Ländern wesentlich geringer bis gar nicht vorhanden ist. Und dazu kommt noch: International vergleichende Auswertungen (siehe ebenda) zeigen, dass niedrig qualifizierte Frauen besonders stark benachteiligt sind, wenn es um berufliche Weiterbildungsmöglichkeiten geht. Sie sind also doppelt benachteiligt: Als Frauen, und als niedrig Qualifizierte.
In Zusammenhang mit der oben beschrieben prognostizierten weiteren Polarisierung und dem höheren Risiko von Arbeitsplatzverlust für niedrig Qualifizierte lässt sich ein dringender Handlungsbedarf bei den Weiterbildungschancen für niedrig qualifizierte Frauen ableiten.
3. Wie sieht der Digitale Wandel aus der Verteilungsperspektive aus?
Prognosen darüber, wie sich die Digitalisierung auf die Einkommens- und Vermögensverteilung zwischen den Geschlechtern auswirken, sind logischerweise schwer zu treffen. Relativ leicht kann man dagegen mit Blick auf die bestehende Einkommens- und Vermögensverteilung feststellen, unter welchen Bedingungen der Verteilung der neuen Profite Frauen eher profitieren würden.