In der Europäischen Union wurde der Freihandel zum Dogma erhoben. Doch die einseitige Ausrichtung auf den freien Waren und Kapitalverkehr steht zunehmend in Konflikt mit europäischen Standards bei ArbeitnehmerInnen- und Umweltschutz. Dies zeigt sich aktuell nicht nur in der Diskussion um TTIP und Co, sondern auch in den Handelsbeziehungen mit China. Europas Märkte werden derzeit mit billigem chinesischem Stahl überschwemmt. Im November 2016 will die EU China als „Marktwirtschaft“ anerkennen, damit wären auch die letzten Schutzmaßnahmen passé. Mit dieser Freihandelspolitik sind in Europa 330.000 Arbeitsplätze und über 500 Produktionsstandorte in der Stahlbranche gefährdet, mehrere tausend davon in Österreich. Anstatt europäische Standards bei ArbeitnehmerInnen- und Umweltschutz weiter auszuhöhlen ist es an der Zeit zu überlegen, wie unsere höheren Standards in die Welt exportiert werden können.
Antidumpingmaßnahmen in den USA und der EU
China ist der weltweit größte Stahlproduzent und leidet unter einer massiven Überproduktion. 2/3 der Stahlwerke sind aus ökologischer Sicht als „echte Dreckschleudern“ zu bezeichnen und müssten in Europa wohl geschlossen werden. Ohne Zollaufschläge als Ausgleich für die höheren Kosten besserer europäischer Umweltstandards drohen Verlagerungen nach außerhalb Europas. Obwohl China Mitglied der WTO (Welthandelsorganisation) ist, hat es bisher nicht den Status einer Marktwirtschaft. Laut WTO Regime können nach Artikel 6 daher Antidumpingmaßnahmen gesetzt werden. Europa und die USA tun dies in sehr unterschiedlicher Weise.
Nachdem China keine Marktwirtschaft ist, können für Berechnungen keine realen Preise herangezogen werden. Aus diesem Grund wird ein Preis konstruiert, der dann als Zollaufschlag dient. Dies gilt für die EU ebenso wie die USA. Doch während die USA ihren Markt mit Zollaufschlägen von über 265% schützt, beschränkt sich die EU auf symbolische und damit unwirksame Maßnahmen. Im Gegensatz zu den USA und den meisten anderen Ländern der Welt wendet die Europäische Kommission die sogenannte „lesser duty rule“ an. Bei dieser Regel wird der geringstmögliche Zoll berechnet. Das Ergebnis ist ein Zollaufschlag von nur 14% und die Tatsache, dass chinesischer Stahl in Europa deutlich billiger ist, als der selbst produzierte. Im Jahr verfiel der Stahlpreis von 600 $/Tonne fast um die Hälfte auf ca. 330 $/Tonne. In den USA verfiel der Preis von 700 $/Tonne um rund ein Drittel auf 500$/Tonne.
Entwicklung der Stahlpreise im Jahr 2015