Immer mehr Unternehmen verfolgen in der digitalisierten Arbeitswelt automatisch die Position und die Zustände von Produktionsmitteln – und können mit dieser Technologie genauso auch die Position der Mitarbeiter*innen erfassen. Das kann die Arbeitssicherheit erhöhen, wirft aber auch Fragen zum Umgang mit personenbezogenen Daten der Mitarbeiter*innen auf. Ein durch den Projektfonds Arbeit 4.0 der AK Niederösterreich gefördertes Projekt der Fachhochschule St. Pölten gemeinsam mit der TU Wien hat untersucht, wie die Privatsphäre der Mitarbeiter*innen beim Einsatz von solchen Systemen geschützt werden kann.
Tracking- & Tracing-Systeme immer mehr im Einsatz
Im Zuge der digitalen Vernetzung in der Industrie 4.0 werden sogenannte Tracking- & Tracing-Systeme immer bedeutender. Sie erfassen mittels Funktechnologien wie WLAN, Bluetooth oder RFID die Position von Objekten wie z. B. Ladungsträger, Produktionsaufträge oder Werkzeuge. Damit erreicht man einen besseren Überblick über den aktuellen Produktionsverlauf, kann Suchzeiten reduzieren und kann bei Engpässen schneller reagieren. Das Aufzeichnen und Nutzen echtzeitnaher Positions- und Zustandsdaten – das sogenannte „Asset Tracking“ – ist in vielen Industriezweigen bereits Standard, und der Einsatz dieser Nachverfolgungssysteme wird in Zukunft sicher noch zunehmen.
Die eingesetzte Technik ermöglicht aber auch neue Wege zum Erfassen und Auswerten des zeitlichen Positionsverlaufes von Mitarbeiter*innen. Dies kann einerseits aktiv geschehen, um die Arbeitssicherheit an gefährlichen Arbeitsplätzen zu erhöhen oder um Mitarbeiter*innen im Falle eines Unfalls zu lokalisieren. Die Systeme könnten aber auch passiv Positionsdaten von mobilen Geräten der Mitarbeiter*innen wie Smartphones und Smartwatches ohne deren Zustimmung erfassen.
Daten zum Standort der Mitarbeiter*innen sind sensible Informationen. Aus Datenschutzsicht sollten die Informationen nur bei Zustimmung und einem direkten Mehrwert für die betroffenen Personen erhoben werden.
Forschungsprojekt SensiTrack
Das Forschungsprojekt „SensiTrack – Tracking vs. Privacy in der Arbeitswelt 4.0“ untersuchte vor allem zwei Fragen: Wie kann gewährleistet werden, dass die Nutzung von Lokalisierungsdiensten keine Datenschutzprobleme verursacht, und welche Rolle spielt die transparente Information über die aufgezeichneten Daten.
Als Projektergebnis wurden unter anderem Richtlinien entwickelt, die es ermöglichen sollen, die positiven Aspekte der Technologie zu unterstützen, aber das Potenzial zur Überwachung der Arbeitgeber bewusst einzuschränken. Betroffene Mitarbeiter*innen sollen so feststellen können, ob die Systeme hinsichtlich der Mitarbeiter*innen-Privatsphäre kritisch zu beurteilen sind. Weiters sollen diese Richtlinien Unternehmen bei der Einführung und dem Betreiben von Tracking- & Tracing-Systemen unterstützen, den wirtschaftlichen Nutzen zu erhalten, ohne Strafen durch die DSGVO zu riskieren.
Im Rahmen der Untersuchungen wurden einerseits Expert*innen-Interviews (n = 19) mit Unternehmen und öffentlichen Organisationen, die bereits Erfahrung mit Tracking- und Tracing-Systemen am Arbeitsplatz haben, durchgeführt. Weiters wurde ein Experiment (n = 135) in der Pilotfabrik der TU Wien durchgeführt, um die Auswirkungen von Tracking am Arbeitsplatz auf Mitarbeiter*innen zu untersuchen. Dazu wurden Testpersonen während ihrer Montagetätigkeiten mit verschiedenen Tracking-Equipments ausgestattet und Positions- und Performancedaten erfasst.
Die Ergebnisse aus Interviews und dem Experiment wurden anschließend zusammengeführt und Richtlinien erstellt, um diese Systeme einerseits datenschutzrechtlich unbedenklich und andererseits einen Mehrwert für Betreiber und Nutzer*innen dieser Systeme zu gestalten.