Die einkommensstärksten 1% der Weltbevölkerung sind die großen Gewinner der letzten 20 Jahre Globalisierung. Ein wesentlicher Grund hierfür sind die starken Machtgefälle, die das derzeitige System erzeugt.
Betrachtet man die unterschiedlichen Versuche, die Verteilung von Einkommen und Vermögen zu erklären, so lassen sich diese grob daran unterscheiden, welche Rolle dem Faktor Macht zukommt.
Verteilung = Machtverhältnisse
Zu jenen Ökonomen, für die Macht eine bedeutende Rolle spielt, zählen etwa die ökonomischen Klassiker: So führte John Stuart Mill die Verteilung auf soziale Normen und Konventionen zurück und David Ricardo kritisierte die Macht von Großgrundbesitzern seiner Zeit. Auch Karl Marx, der Macht als zentralen Faktor hinter allen ökonomischen Abläufen verortete, sowie Vilfredo Pareto und Thorstein Veblen, deren Verteilungstheorien sich um sozialen Status und Elitenbildung drehten, stehen in dieser Tradition. Im 20. Jahrhundert hingegen wurde der Zusammenhang von Verteilung und Machtfragen eher in der Soziologie (z.B. durch Steven Lukes oder Pierre Bourdieu) weiterverfolgt als in der ökonomischen Literatur.
Verteilung = Wettbewerb + Faktorproduktivität
Eine alternative Erklärung für die beobachteten Verteilungstendenzen liefert die Mainstreamökonomie. Hier spielt Macht zwar auch eine Rolle, allerdings nur in der Form von Marktmacht und somit als etwas, das vollständig durch ökonomische Bedingungen erklärt werden kann. Im Idealfall eines Marktes auf dem vollkommener Wettbewerb herrscht, hat niemand Macht und die Verteilung ergibt sich rein aus den jeweiligen Faktorproduktivitäten (jedes Individuum bekommt genau so viel, wie es zur Gesamtwertschöpfung beigetragen hat). Verteilung wird hier also durch die Faktorproduktivität einzelner Produktionsfaktoren und die jeweils gültigen Wettbewerbsbedingungen erklärt.
Internationale Elite als größter Gewinner
Wie sieht es nun mit den empirischen Fakten zur globalen Verteilungsentwicklung aus? Für die letzten 20 Jahre zeigt sich (siehe Abbildung), dass das reichste 1% der Weltbevölkerung als absoluter Gewinner aus dieser Periode hervorgeht. Sein Einkommen wuchs in diesem Zeitraum um über 60%, was knapp einem Viertel der gesamten Einkommenszuwächse entspricht. Nimmt man die nächsten 4% auch noch dazu, so ergibt sich, dass die reichsten 5% der Weltbevölkerung über die Hälfte der gesamten Einkommenszuwächse für sich verbuchen konnten. Hohe Wachstumsraten wurden zwar auch rund um den globalen Median erzielt (vorwiegend im asiatischen Raum), allerdings ausgehend von einem sehr niedrigen Niveau, wodurch die absoluten Zugewinne bedeutend kleiner ausfallen. Stagnierende Einkommen sehen wir hingegen bei der gehobenen globalen Mittelschicht (hauptsächlich westliche Gesellschaften) und den ärmsten 10% (vorwiegend Afrika).