Seit 2010 sind neoliberale Politikansätze wieder auf dem Vormarsch, unter anderem der ideologische Glaube, dass Geldpolitik das einzig zulässige politische Instrument sei, um Industrienationen auf den Wachstumspfad zurückzuführen. Konservative RegierungsvertreterInnen haben sich vollends der Überzeugung hingegeben, dass expansive Fiskalpolitik nicht funktioniert oder zu immensen öffentlichen Defiziten führt, die Volkswirtschaften in die Schuldknechtschaft bzw. Hyperinflation treiben.
Nach der Finanzkrise wurde der unkonventionelle Ansatz der quantitativen Lockerung („quantitative easing“), der zunächst insbesondere von der US-Notenbank, der Federal Reserve, propagiert wurde, über das gesamte politische Spektrum hinweg begrüßt. Man vermied dadurch die Fehler der 1930-er Jahre, die nach der Großen Depression zum weitgehenden Zusammenbruch des Bankensektors geführt hatten. Würde man die global expansive Geldpolitik bei gleichzeitiger Austeritätspolitik als Wachstumsexperiment betrachten, wäre dieses kläglich gescheitert. Das einseitige Setzen auf Niedrigzinspolitik und selbstregulatorische Marktmechanismen hatte die schwächste wirtschaftliche Erholung der Geschichte zur Folge. Heute lähmt fiskalischer Konservativismus die Weltwirtschaft und trägt zu einer Atmosphäre der zunehmenden Ausgrenzung und Radikalisierung bei.
John Maynard Keynes war hingegen davon überzeugt, dass der Effekt der Geldpolitik in einer Rezession mit mangelnder Nachfrage gegen Null gehen würde – die bekannte Liquiditätsfalle. Er sprach sich für expansive Fiskalpolitik aus. Der monetaristische Ansatz, unter anderem von Milton Friedman vertreten, ging vom Gegenteil aus. Die gegenwärtigen Erfahrungen zeigen, dass Keynes Recht behalten hat.
Der Neoliberalismus ist zurück – mit den Zentralbanken als Hauptakteurinnen
Zwischen Mitte der 1960er-Jahre und Mitte der 2000er-Jahre erhöhte sich das Vermögen des britischen Bankensektors gemessen am BIP um über 1000% (siehe Abbildung 1). Im Zeitraum von 1920 bis 1970 lagen die durchschnittlichen Eigenkapitalrenditen relativ stabil bei unter 10% und waren mit jenen der Realwirtschaft vergleichbar. Nach 1970 stiegen die Renditen sprunghaft auf etwa 20% an – bei gleichzeitig erhöhter Volatilität. Direkt vor der letzten Krise erreichten sie sogar bis zu 30%. In anderen Industrieländern ergaben sich ähnliche Trends.
Abbildung 1: Vermögen des Bankensektors (in % des BIP) in Großbritannien