In Österreich gibt es schon lange Diskussionen rund um das Thema unfaire Vertragsklauseln und daran anknüpfend den Ruf nach mehr Transparenz und Fairness im Arbeitsrecht. Dies zeigt auch die Praxis: ArbeitnehmerInnen wenden sich regelmäßig wegen schikanöser Arbeitsvertragsklauseln an Arbeiterkammer und Gewerkschaft und in einer Studie gaben mehr als 85% der befragten ArbeitnehmerInnen an, solche Klauseln in ihren Verträgen zu haben.
Das Arbeitsrechtsänderungsgesetz 2015 bringt hier nun endlich einige Verbesserungen für neu abgeschlossene Arbeitsverträge. Auf Initiative des ÖGB und der Arbeiterkammer ist es gelungen, viele unfaire Vereinbarungen zu verbieten oder einzuschränken.
Mehr Transparenz bei All-In
Ab jetzt gibt es mehr Transparenz bei All-In-Verträgen. Ursprünglich waren All-in-Verträge, also Pauschalentlohnungen, mit denen sämtliche Arbeitsleistungen abgegolten werden sollen, nur für Führungskräfte üblich. Das ist aber schon lange nicht mehr so. Mittlerweile sind auch regelmäßig NiedrigverdienerInnen betroffen: Sogar in der niedrigsten Einkommensgruppe bis 1.300 Euro brutto haben fast 20 Prozent der Beschäftigten eine All-in-Regelung oder eine Überstundenpauschale.
Ein Problem dabei zeigt sich zusätzlich oft erst im Nachhinein. Auf den ersten Blick wirkt der All-In- Gesamtbetrag vielleicht viel: ArbeitnehmerInnen werden damit von den Unternehmen geködert. Viele Firmen nützen aber diese All-in-Klauseln dafür, um ihre Beschäftigten rund um die Uhr verfügbar zu halten. Alleine im Jahr 2014 leisteten die ArbeitnehmerInnen in Österreich 269 Millionen Überstunden – 57 Millionen davon wurden jedoch nicht bezahlt. Für die tatsächlich erbrachte Arbeitsleistung wird somit de facto aber wenig – oft zu wenig – bezahlt und die ArbeitnehmerInnen bemerken erst später, wie viel Arbeit für so wenig Geld geleistet werden muss.
Neu ist nun, dass bei All-in-Verträgen der Grundlohn bzw. das Grundgehalt für die Normalarbeitszeit (also zB 40 Stunden) im Arbeitsvertrag oder auf dem Dienstzettel klar ausgewiesen sein muss. Damit sehen ArbeitnehmerInnen nun, was sie tatsächlich für ihre Normalarbeitszeit ohne Überstunden bezahlt bekommen.
Wenn der Arbeitgeber gegen diese Regel verstößt, gilt der angemessene branchen- und ortsübliche Ist-Grundlohn als vereinbart und nicht der – in der Regel niedrigere – kollektivvertragliche Mindestlohn. Was nun dieser branchen- und ortsübliche Ist-Grundlohn im konkreten Fall ist, ist letztendlich von berufskundlichen Sachverständigen zu ermitteln.
Monatliche Lohnabrechnung für die ArbeitnehmerInnen
Einen weiteren wichtiger Beitrag zu mehr Transparenz schafft die Neuregelung, dass ArbeitnehmerInnen die schriftliche monatliche Lohnabrechnung nun einklagen können. ArbeitnehmerInnen bekommen mit dieser Regelung einen Anspruch auf eine übersichtliche, nachvollziehbare und vollständige Abrechnung – um zu wissen, ob sie auch richtig entlohnt werden.
Außerdem gibt es nun auch die Möglichkeit für ArbeitnehmerInnen die Aushändigung ihrer Anmeldung zur Sozialversicherung einzuklagen. Ob ein/e ArbeitnehmerIn korrekt angemeldet ist, ist von nicht zu unterschätzender Bedeutung, hat dies doch auf alle daran anknüpfenden Versicherungsleistungen wie zB Arbeitslosengeld, Pension usw. Einfluss.
Diese neuen gesetzlichen Verpflichtungen für die Arbeitgeber sind ein wichtiger Schritt für mehr Transparenz und damit eine Basis für gerechtere Entlohnung, die wohl für hunderttausende Beschäftigte in Österreich Verbesserungen bringen werden.
Mobilität von ArbeitnehmerInnen
In der Praxis sind in Arbeitsverträgen auch regelmäßig Klauseln zu finden, die es ArbeitnehmerInnen erschweren, ihren Job zu wechseln. Auch hier gibt es Verbesserungen, die diese Klauseln beschränken und die selbstbestimmte Mobilität von ArbeitnehmerInnen stärken sollen. Das betrifft im Wesentlichen Konkurrenzklauseln, die in immer mehr Arbeitsverträgen enthalten sind.
Konkurrenzklauseln verpflichten ArbeitnehmerInnen, nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses bis zu einem Jahr lang nicht in der Branche des ehemaligen Arbeitgebers tätig zu werden. Falls der/die ArbeitnehmerIn dagegen verstößt, ist er/sie in vielen Fällen mit hohen Vertragsstrafen („Konventionalstrafen“) bedroht. Dies ist in der Praxis leider nicht mehr nur bei Spitzenpositionen üblich, sondern vermehrt etwa auch bei Lehrberufen (bspw. FriseurIn).
Durch die Neuerungen wurde die prinzipielle Gültigkeit von Konkurrenzklauseln auf ArbeitnehmerInnen mit einem Brutto-Monatsentgelt von über 3.240 Euro beschränkt. Für ArbeitnehmerInnen, die weniger verdienen, gilt diese Klausel schlichtweg nicht mehr. Außerdem wurde die Höhe einer prinzipiell zulässigen Strafsanktion bei der Verletzung der Konkurrenzklausel mit höchstens sechs Nettomonatsentgelten begrenzt.
Zusätzlich gilt weiterhin das richterliche Mäßigungsrecht, das die Gerichte verpflichtet, die persönliche Situation des/der ArbeitnehmerIn bei der Festsetzung der Höhe der Konventionalstrafe zu berücksichtigen.
Ausbildungskosten – bitte zurückzahlen?
Eine andere Art der Klausel, die einen Arbeitsplatzwechsel erschwert, betrifft die Rückzahlung von Ausbildungskosten. Wenn Arbeitgeber die Ausbildung einer Arbeitnehmerin oder eines Arbeitnehmers finanzieren, dann haben sie die Möglichkeit im Falle eines Jobwechsels bestimmte Ausbildungskosten zurückzuverlangen.
Die Rückforderung der Kosten ist jedoch nur für eine bestimmte Zeit nach der Ausbildung möglich. Dieser Zeitraum ist mit der Novelle nun auf maximal vier Jahre verkürzt worden. Nur in Ausnahmefällen, etwa bei besonders aufwändigen und teuren Ausbildungen, ist die Ausdehnung auf bis zu acht Jahre weiterhin möglich. Außerdem konnte durchgesetzt werden, dass die Geldsumme, die der Arbeitgeber zurückfordern kann, sich monatlich stetig reduzieren muss – ansonsten ist die gesamte Klausel unwirksam.
All diese Verbesserungen gelten grundsätzlich für alle Verträge, die ab 2016 abgeschlossen werden.
Recht auf Information
Für Arbeitnehmerinnen ist Teilzeit mittlerweile gang und gäbe: fast die Hälfte aller unselbstständig beschäftigten Frauen hat eine Beschäftigungsverhältnis in Teilzeit. Viele von ihnen würden jedoch gerne in einem höheren Stundenausmaß arbeiten.
Ein guter erster Schritt für diese ArbeitnehmerInnen ist das neue Informationsrecht für Teilzeitbeschäftigte über freie Vollzeitstellen. Wenn ArbeitnehmerInnen über längere Zeit Teilzeit arbeiten, ist es oft schwer, wieder Stunden aufzustocken oder Vollzeit zu arbeiten. Nun wurde eine Informationspflicht des Arbeitgebers geschaffen: wenn im Betrieb eine Stelle mit höherem Arbeitszeitausmaß oder eine Vollzeitstelle ausgeschrieben wird, müssen die Teilzeitbeschäftigten vorher darüber informiert werden. Wenn ArbeitgeberInnen diese Informationspflicht verletzen, droht ihnen eine Geldstrafe.
Änderungen bei der Arbeitszeit
Mit der Novelle im Arbeitsrecht gibt es auch Änderungen für die tägliche Normalarbeitszeit: Die tägliche Arbeitszeit darf nun bei aktiver Reisezeit auf bis zu 12 Stunden ausgedehnt werden. Die eigentliche Arbeitsleistung inklusive Überstunden darf aber weiterhin höchstens 10 Stunden betragen.
Für Lehrlinge kann ab Vollendung des 16. Lebensjahres die höchstzulässige Tagesarbeitszeit bei passiver Reisezeit bis zu 10 Stunden ausgedehnt werden. Aber auch hier gelten für die Arbeitszeit im engeren Sinne jedenfalls weiterhin die bisherigen Höchstgrenzen.
Hier wird sich in der Praxis weisen, ob diese neuen Regelungen unternehmensseitig dazu ausgenutzt werden, die Höchstarbeitszeitgrenzen zu umgehen. Arbeiterkammer und Gewerkschaft werden das genau beobachten.
Fazit zu den Änderungen im Arbeitsrecht
Das Arbeitsrechtspaket bringt einige wichtige Verbesserungen bei Vertragsklauseln wie zB All-In-Vereinbarungen, Konkurrenzklauseln und der Rückzahlung von Ausbildungskosten und trägt somit zu mehr Transparenz und Fairness in der Arbeitswelt bei. Inwieweit sich die neuen Regelungen bezüglich Reisezeiten im Hinblick auf die tägliche Normalarbeitszeit auswirken, wird sich weisen.