Ein Kurswechsel der (EU-)Politik in Richtung Beschäftigungsförderung wäre nicht nur die sinnvollste Antwort auf das Problem der hohen Arbeitslosigkeit, sondern würde auch in den öffentlichen Haushalten enorme Spielräume öffnen.
Als Antwort auf die Finanz- und Wirtschaftskrise wurde europaweit eine Spar- und Kürzungspolitik ausgerufen, um die gestiegenen Defizite und Schuldenquoten zu reduzieren. Dieser Kurs, der davon ausgeht, dass die weitere Einschränkung öffentlicher Ausgaben unumgänglich ist, führt nicht nur zu massiven sozialen Problemen, sondern ist auch aus Sicht der öffentlichen Haushalte sehr kurzsichtig. Dadurch werden politische Handlungsspielräume verengt und die Umsetzung zukunftsweisender Strategien erschwert. Solche Strategien wären aber sowohl zur Überwindung der aktuellen Krise als auch zur Bewältigung mittel- und langfristiger Herausforderungen (wie der deutlichen Alterung der Bevölkerung) dringend erforderlich.
Unterschiedliche Arbeitsmarkt-Szenarien auf dem Prüfstand
In einer vom European Policy Centre publizierten Studie wurden die Budgeteffekte verschiedener Arbeitsmarkt-Szenarien für den EU-Raum ausgerechnet.
Zwecks Abschätzung der mittelfristigen budgetären Auswirkungen wurden mit Hilfe des durch die AK-Wien entwickelten Abhängigkeitsquoten-Rechners für die EU-27 insgesamt vier unterschiedliche Szenarien für 2020 durchgerechnet. Der Rahmen hierfür wird mit einem pessimistischen und einem optimistischem Arbeitsmarktszenario abgesteckt.
Im pessimistischen Status Quo Szenario wird angenommen, dass die alters- und geschlechtsspezifischen Beschäftigungs- und Arbeitslosenquoten auf den (schlechten) Niveaus des Jahres 2010 verharren.
Das optimistische EU 2020 Szenario basiert auf der Annahme, dass die Zielsetzung der EU 2020 Strategie, die Beschäftigungsquote der 20-64-Jährigen bis 2020 auf 75% zu erhöhen, erreicht wird.
In den beiden zentralen Szenarien werden diese Arbeitsmarktannahmen mit den im EU Ageing Report 2012 getroffenen Annahmen zur Entwicklung der Produktivität und zur Entwicklung der Pensionsniveaus kombiniert.
Ausgangslage
Basis der Berechnungen ist die Entwicklung der im AK-Rechner verwendeten „wirtschaftliche Abhängigkeitsquote“, definiert als Zahl der Pensionisten und Arbeitslosen relativ zur Zahl der Erwerbstätigen. Die so definierte „Abhängigkeitsquote“ wurde u.a. im EU-Weißbuch zu den Pensionen (Februar 2012) aufgegriffen, wo in Abgrenzung zu den oft in den Vordergrund gerückten rein demographischen Relationen festgestellt wird: „Der springende Punkt ist jedoch die wirtschaftliche Abhängigkeitsrate, die wie folgt definiert ist: Arbeitslose und Personen im Ruhestand als Prozentsatz der Erwerbstätigen.“
Nachfolgende Grafik aus dem AK-Rechner zeigt die Ausgangssituation in EU-27 im Jahr 2010, dargestellt mit dem „Demographie-Baum“. Die Bevölkerung ist nach Geschlecht und 5-Jahres-Gruppen gegliedert und ab dem Alter 15 nach dem ökonomischen Status in drei Gruppen aufgeteilt:
Erwerbstätige (gelbe Bereiche),
Arbeitslose und PensionistInnen (rote Bereiche) und
Sonstige wie z.B. SchülerInnen, Studierende, Hausfrauen/-männer (dunkelgraue Bereiche)