Die Vermeidung von Lohnnebenkosten durch geringfügige Beschäftigung

21. Juli 2015

Die Bedeutung geringfügiger Beschäftigung nimmt seit über zwei Jahrzehnten kontinuierlich zu. Mittlerweile befinden sich über 300.000 Personen in einem geringfügigen Beschäftigungsverhältnis. Wenn Unternehmen geringfügige Beschäftigte einstellen, deren Lohn mehr als das eineinhalbfache der Geringfügigkeitsgrenze ausmacht, müssen sie die sogenannte Dienstgeberabgabe leisten, diese steigt seit Jahren stark an und verfehlt daher ihr ursprüngliches Ziel: die geringfügige Beschäftigung nicht zu stark ansteigen zu lassen.

Status Quo der geringfügen Beschäftigung in Österreich

Geringfügige Beschäftigungsverhältnisse werden hinsichtlich der Sozialversicherungsbeiträge begünstigt behandelt. Personen, die kein über die Geringfügigkeitsgrenze (405,98 Euro im Jahr 2015) hinausgehendes Einkommen haben, zahlen keine Beiträge zu Kranken-, Pensions-, oder Arbeitslosenversicherung und keine Lohnsteuer. Ähnliches gilt für Unternehmen, die geringfügig Beschäftige einstellen: Sie zahlen lediglich die Beiträge zur Unfallversicherung (1,4 % der Bemessungsgrundlage).

In Österreich sind mittlerweile rund 306.000 Menschen geringfügig beschäftigt, fast dreimal so viele wie Mitte der 1990er Jahre. Die Mehrheit davon ist weiblich und arbeitet im Handel oder im Gastgewerbe. Diese Entwicklung trägt zur zunehmenden Atypisierung  auf dem österreichischen Arbeitsmarkt bei.

Maßnahme zur Eindämpfung der geringfügigen Beschäftigung: die Dienstgeberabgabe

Seit 1998 müssen Unternehmen, die mehrere geringfügig Beschäftigte aufnehmen, deren gemeinsames Gehalt mehr als das 1,5-fache der Geringfügigkeitsgrenze (2015: 608,97 Euro) beträgt, monatlich eine so genannte Dienstgeberabgabe leisten (16,4 % der Bemessungsgrundlage). Das bedeutet, dass das Unternehmen vom gemeinsamen Gehalt seiner „Geringfügigen“ einen Betrag zur gesetzlichen Sozialversicherung zu leisten hat. Davon fließen 76,5 % an die Pensionsversicherung und 23,5 % an die Krankenversicherung.

Abbildung: Entwicklung der pauschalierten Dienstgeberabgabe

Dekoratives Bild © A&W Blog
© A&W Blog
Quelle: Hauptverband der Sozialversicherungsträger, graf. Darstellung Jakob Fielhauer

Verdopplung der Dienstgeberabgabe

Die Höhe der Einnahmen aus der Dienstgeberabgabe gibt Aufschluss über das Ausmaß, in dem Unternehmen geringfügig Beschäftigte einsetzen. Die Abbildung zeigt, wie sich dieser Beitrag seit 1998 entwickelt hat. Damals wurden rund 37 Mio. Euro an Arbeitgeberbeiträgen entrichtet, 2014 waren es bereits 112 Mio. Euro. Wenn jedes Unternehmen maximal 1,5 geringfügig Beschäftigte einsetzen würde, gäbe es keine Einkünfte aus der Dienstgeberabgabe. Tatsächlich stieg der Betrag aus dieser Abgabe zwischen 2003 und 2014 um fast 140 % an.

Selbst wenn man berücksichtigt, dass die Summe durch den Anstieg der Geringfügigkeitsgrenze auch dann steigen würde, wenn sich am Verhalten der Unternehmen nichts verändert, zeigt sich, dass pro Unternehmen immer mehr „Geringfügige“ eingestellt werden. So stieg die Zahl der Monate, für die Unternehmen die Dienstgeberabgabe zahlen mussten (Dienstgeberabgabe dividiert durch die Höhe der Geringfügigkeitsgrenze) zwischen 2003 und 2014 um 87 %. Das bedeutet, dass geringfügige Beschäftigungsverhältnisse mittlerweile fast doppelt so oft vollversicherte Arbeitsverhältnisse ersetzten als wie 11 Jahre zuvor.

Fazit

Geringfügige Beschäftigungsverhältnisse ersetzen zunehmend „normale“ Beschäftigung, da sie für Unternehmen und Beschäftigte (zumindest vordergründig) billiger sind. Die Kehrseiten sind mangelnde soziale Absicherung der Geringfügigen (falls sie sich nicht selbst versichern) und fehlende Beiträge zur Finanzierung der sozialen Sicherheit. Die Dienstgeberabgabe, die Unternehmen leisten müssen, wenn sie mehr als 1,5 geringfügig Beschäftigte einstellen, sollte dem entgegenwirken. Trotzdem steigen die Einnahmen der Sozialversicherung aus der Dienstgeberabgabe aufgrund der zunehmenden Nutzung geringfügiger Beschäftigungsverhältnisse seit Jahren stark an.

Um die fortgesetzte Zerstückelung von Beschäftigungsverhältnissen aufzuhalten wird es notwendig sein die Kostenvorteile des Einsatzes von Geringfügigkeit für Unternehmen weiter zu verringern. Dazu zählen die Erhöhung der Abgabe auf 20 %, oder die Eingrenzung der Freistellung von der Dienstgeberabgabe von der eineinhalbfachen auf die einfache Geringfügigkeitsgrenze. Durch die Abschaffung der täglichen Geringfügigkeitsgrenze 2017 wird sich die Zahl der geringfügig Beschäftigten zusätzlich signifikant erhöhen. Deshalb sollte die Abgabe dann, in einem zweiten Schritt, über 20 % hinaus angehoben werden.

Weiterführende Informationen zum Thema Geringfügige Beschäftigung sind in der aktuellen Ausgabe des statistischen Newsletters der Arbeiterkammer Wien –  Sozial- und Wirtschaftsstatistik aktuell – zu finden.