Am 12. Dezember ging in Paris die 21. Vertragsstaatenkonferenz der Klimarahmenkonvention, kurz COP 21, zu Ende. Die Erwartungen an diese Klimakonferenz wurden im Vorfeld immer stärker in die Höhe geschraubt. Ein Scheitern hätte möglicherweise bedeutet, dass die UNO-Klimarahmenkonvention zur Bedeutungslosigkeit verkommen wäre. Nun feiern die meisten Staaten das Ergebnis als Erfolg. Das ist gerechtfertigt, denn das Abkommen enthält einige wesentliche Meilensteine. Aber vieles bleibt noch zu tun.
Denn mit dem Abkommen von Paris (die englische Version findet sich im Anhang des entsprechenden Konferenz-Dokuments) wurde vor allem einmal ein Rahmen abgesteckt. Konkrete Klimaschutzmaßnahmen finden sich darin nicht – sie sind Sache der Vertragsstaaten. So nannte etwa die deutsche Umweltministerin Barbara Hendricks Paris „nicht das Ende, sondern den Anfang eines langen Weges“.
Emissionsminderungen auch durch Entwicklungsländer
Der wesentlichste Unterschied zum Kyoto-Protokoll aus 1997 besteht darin, dass alle Staaten – nicht nur die Industrieländer – Reduktionsmaßnahmen übernehmen. Das war auch dringend notwendig, denn die Entwicklungsländer haben als Emittenten von Treibhausgasen enorm an Bedeutung gewonnen: Während 1990, im Bezugsjahr der Klimarahmenkonvention, ihr Anteil an den weltweiten Emissionen etwa 32 Prozent betrug, lag er 2014 bei etwa 63 Prozent.
Im Gegensatz zu den Zielen des Kyoto-Protokolls sind die Beiträge der Staaten zum Klimaschutz aber nicht vertraglich bindend. Doch dies ist nicht besonders dramatisch. Denn die Sanktionsmechanismen des Kyoto-Protokolls waren schwach, und Staaten, die sich nicht mehr an die Ziele halten wollten, konnten einfach aussteigen – wie das Beispiel Kanadas zeigte. Die USA haben es gleich gar nicht ratifiziert.
National festgelegte Beiträge
Stattdessen wurde im Vorfeld der Pariser Konferenz ein anderer Weg eingeschlagen: Die Vertragsstaaten hinterlegten im Laufe des vergangenen Jahres beim Sekretariat der Klimarahmenkonvention Dokumente, die ihre Absichten bei der Verringerung der Treibhausgasemissionen und beim Klimaschutz darlegen. Diese werden als INDC bezeichnet, „Intended Nationally Determined Contributions“, also etwa „beabsichtigte, national festgelegte Beiträge“ zum Klimaschutz.
So legte etwa China, der Staat mit den mittlerweile höchsten Treibhausgasemissionen der Welt, INDC vor, nach denen die jährlichen CO2-Emissionen ab 2030 nicht mehr wachsen sollen, und die weiters einen Rückgang der CO2-Emissionen im Verhältnis zur Wirtschaftsleistung um 60 bis 65 Prozent gegenüber 2005 und einen Anteil der erneuerbaren Energieträger am Primärenergieaufkommen von etwa 20 Prozent vorsehen.
Die EU sagte im Namen aller 28 Mitgliedstaaten zu, dass 2030 die jährlichen Emissionen um mindestens 40 Prozent geringer sein sollen als 1990. Dieses Ziel soll ohne Verwendung internationaler Gutschriften – also ohne Zukauf von Emissionsrechten aus Drittstaaten – erreicht werden. Auch die USA haben ambitionierte INDC vorgelegt: Sie streben bis 2025 eine Reduktion der Emissionen um 26 bis 28 Prozent im Vergleich zu 2005 an.
Diese Beiträge der Vertragsstaaten stellen die ersten Bausteine dar, mit denen das Ziel des Abkommens von Paris erreicht werden soll: die globale Erwärmung deutlich unter 2° C, wenn möglich auf nicht mehr als 1,5° C zu beschränken. Diese Werte konkretisieren, was bereits 1992 als Ziel der Klimarahmenkonvention festgelegt wurde: „die Stabilisierung der Treibhausgaskonzentrationen in der Atmosphäre auf einem Niveau, auf dem eine gefährliche anthropogene Störung des Klimasystems verhindert wird.“
Mehr Dynamik als im Kyoto-Protokoll
Abgesehen davon, dass nun alle Staaten – nicht nur die Industriestaaten – darzulegen haben, in welchem Ausmaß sie ihre Treibhausgasemissionen verringern werden, sind sie nach dem Pariser Abkommen auch verpflichtet, die Beiträge alle fünf Jahre weiter zu entwickeln. Dabei sollen die Maßnahmen jedesmal noch strenger werden. Die Dynamik, die der Prozess damit bekommt, steht in krassem Gegensatz zu der Festlegung des Kyoto-Protokolls, das nach dem Ablauf seiner Zielperiode (2008 bis 2012) keine weiteren Schritte vorsah.
Der Prozess, der mit dem Pariser Abkommen geschaffen wurde, hat also einige positive Aspekte: es nehmen alle Staaten daran teil, sie haben Beiträge zur Reduktion der Treibhausgasemission zu leisten, und diese Beiträge werden sukzessive ambitionierter.
Betrachtet man aber die vorgelegten Beiträge in Summe, so wird klar, dass sie nicht genügen. Sie reichen nicht aus, um die Emissionen so weit zu reduzieren, dass eine Beschränkung der globalen Erwärmung auf 2° C gelingt. Die Wissenschaft spricht hier eine deutliche Sprache.
Ausschlaggebend ist das Gesamtbudget der Emissionen
Im fünften Sachstandsbericht des IPCC (Intergovernmental Panel on Climate Change, des Zwischenstaatlichen Ausschusses für Klimaänderungen) wird die Bedeutung kumulierter (also über die Zeit aufaddierten) Emissionen betont. So wird etwa festgehalten, dass die kumulierten CO2-Emissionen aus allen menschlichen Tätigkeiten (die sogenannten anthropogenen Emissionen) 3650 Milliarden Tonnen CO2 nicht übersteigen dürfen, wenn das Zwei-Grad-Ziel eingehalten werden soll. Der Großteil dieser Menge ist freilich bereits emittiert worden. Beim derzeitigen Niveau der weltweiten Emissionen wird dieses Limit in etwa zwanzig Jahren erreicht. Danach dürften weltweit überhaupt keine Treibhausgase aus menschlichen Tätigkeiten emittiert werden, wenn das Ziel halten soll.
Die Analyse der vorliegenden Beiträge der Staaten führt zum ernüchternden Ergebnis, dass sie in der derzeitigen Form für dieses Limit und damit für eine Einhaltung des Zwei-Grad-Ziels nicht ausreichen. Die Tatsache, dass die Vertragsstaaten sich mit dem Pariser Abkommen zu einem langfristigen, dynamischen Prozess verpflichtet haben, lässt Hoffnung aufkommen. Dass auf den ersten zwölf Plätzen der Fortune-500-Liste der weltweit größten Unternehmen sieben Ölkonzerne und zwei Autokonzerne rangieren, wie Heinz Högelsberger kürzlich in einem A&W-Blogbeitrag aufzeigte, lässt diese Hoffnung wieder schwinden.
In diesem Sinn stellt das Abkommen von Paris einen Rahmen dar, der langfristig zu einer weltweiten, ambitionierten Klimaschutzpolitik beitragen kann. Die vorliegenden Beiträge der Staaten sind ein erster Schritt. Um das Ziel zu erreichen, die Klimaerwärmung unter der Marke von 2° C zu halten, müssen diese Beiträge aber viel weiter gehen.