Was wurde eigentlich aus … green jobs?

14. August 2015

Noch vor zwei Jahren waren green jobs eine Zukunftshoffnung der österreichischen Umweltpolitik – jetzt ist die Diskussion über das Potenzial von green jobs trotz steigender Arbeitslosigkeit ruhiger geworden. Die AK bemühte sich bereits 2012 um ein differenziertes Bild: green jobs sind nicht automatisch gute Jobs, sondern vielfach körperlich anstrengende und unsichere Arbeitsplätze. Und nicht jede Beschäftigung, die als green job neu ausgewiesen wird, ist auch ein zusätzlicher Arbeitsplatz. Wo steht die Diskussion heute? Positiver Trend auf dem grünen Arbeitsmarkt?

2010 präsentierte das BMLFUW in einem Masterplan das Ziel, bis zum Jahr 2020 100.000 neue green jobs in Österreich zu schaffen. Noch 2013 wurden green jobs im Vorwort zu einer Broschüre zu konkreten Berufsbildern als „Arbeitsplätze der Zukunft“, die in einem „unserer größten Wachstumsmärkte“ „spannende Tätigkeiten in einem dynamischen Aufgabenfeld“ bieten, beschrieben.

Positiver Trend auf dem grünen Arbeitsmarkt?

Laut Statistik Austria beschäftigte die österreichische Umweltwirtschaft im Jahr 2013 bereits mehr als 185.100 Personen, nach knapp 171.200 im Jahr 2010. Damit ist die Beschäftigung im Umweltbereich in den vergangenen Jahren tatsächlich deutlich schneller gestiegen als in der Gesamtwirtschaft. Das laut Website des Ministeriums aktuelle Ziel, die Schwelle von 200.000 Beschäftigten in der Umweltwirtschaft zügig zu überspringen, scheint damit in Reichweite.

Sind also bereits rosig-grüne Zeiten auf dem Arbeitsmarkt angebrochen? Eine nüchterne Betrachtung der Entwicklungen, die schon 2012 in der Studie im Auftrag der AK Wien  eingefordert wurde, scheint weiterhin angebracht. Zunächst weist die Statistik Austria darauf hin, dass durch eine Weiterentwicklung und Verfeinerung der Erhebungsmethodik die einzelnen Berichtsjahre nur bedingt vergleichbar sind. Im Jahr 2013 wurde beispielsweise erstmals die Herstellung von Fertigteilhäusern in Niedrigenergie- oder Passivhausbauweise in die Umweltwirtschaft einberechnet. Die Beschäftigten in den entsprechenden Betrieben haben also nunmehr green jobs, auch wenn de facto keine neuen Arbeitsplätze geschaffen wurden.

Zwischen akademischen Träumen und grüner Realität

Geblieben ist anscheinend auch eine gewisse Verwirrung über das Profil von green jobs. Obwohl das Ministerium heute auf seiner Website deutlich macht, dass green jobs ein heterogenes Spektrum von Hilfsarbeiten bis zu akademischen Berufen umfassen, schrieb die Tageszeitung „Die Presse“ erst kürzlich: „Green Jobs: Akademische Wege zur grüneren Zukunft“. Die Presse fokussiert in ihrem Artikel auf die zukünftigen Beschäftigungspotenziale der Erzeugung von Bioenergie und neue Studiengänge an österreichischen Universitäten und Fachhochschulen, die junge Menschen auf Tätigkeiten in dieser „Wachstumsbranche“‘ vorbereiten sollen. Ausgeblendet wird dabei, dass – beispielsweise laut einer Studie des Arbeitsmarktservice  (AMS) – Beschäftigte mit tertiärem Bildungsabschluss in der Umweltwirtschaft aktuell eher unterrepräsentiert sind.

Dekoratives Bild © A&W Blog
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Die Grafik zeigt die Wirtschaftsabteilungen mit der größten Zahl an Umweltbeschäftigten (Quelle: Statistik Austria 2015)

Das ist insofern nicht verwunderlich, als die meisten Umweltbeschäftigten in der – biologischen – Landwirtschaft, im Hochbau und sonstigen Bautätigkeiten, im Maschinenbau sowie in der Abfallbehandlung tätig sind (siehe Grafik) – bis auf den Maschinenbau Bereiche, in denen der Anteil an AkademikerInnen unter den Beschäftigten vergleichsweise gering ist. Die quantitativ wichtigsten Tätigkeitsfelder für Hochqualifizierte liegen dem AMS zufolge in Architektur- und Ingenieurbüros (3.870 AkademikerInnen im Jahr 2010), in der Umwelttechnikforschung (3.704), auf dem Gebiet der Umwelttechnologien (2.256, einschließlich Maschinenbau) und in der Energieversorgung (1.268). Daran lässt sich schnell erkennen, dass die Umweltwirtschaft nur für einen relativ kleinen Ausschnitt österreichischer HochschulabsolventInnen Arbeitsplätze bietet.

Ökologische Modernisierung jenseits von green jobs

Damit soll allerdings keineswegs in Abrede gestellt werden, dass Umweltbelange in der wirtschaftlichen Zukunft des Landes eine bedeutende Rolle spielen sollen. Sowohl das AMS als auch eine von WIFO und der Prospekt Unternehmensberatung im Auftrag der Stadt Wien erstellte Studie  zeigen, dass bei entsprechenden umwelt- und strukturpolitischen Maßnahmen zur Ökologisierung der Wirtschaft das Jobangebot für UmwelttechnikerInnen und AbsolventInnen verwandter Studienrichtungen weiter steigen wird (auch wenn dieser Befund noch keine Aussage über die Qualität der Arbeitsplätze zulässt). Investitionen in Umwelttechnologien, thermische Sanierungen und andere Maßnahmen zum Schutz von Klima, Umwelt und Ressourcen sind sowohl unter ökologischen als auch wirtschafts- und beschäftigungspolitischen Gesichtspunkten zu unterstützen.

Insofern ist auch die Beobachtung der Entwicklung der österreichischen Umweltwirtschaft sinnvoll. Im von Eurostat definierten Environmental Goods and Services Sector (=Umweltwirtschaft) wird die Erstellung jener Güter, Technologien und Dienstleistungen zusammengefasst, deren Hauptzweck der Schutz der Umwelt bzw. die Schonung natürlicher Ressourcen ist. Bereiche, die nur indirekt zu diesen Zielen beitragen – wie der Schutz vor Naturkatastrophen oder der öffentliche Verkehr – sind darin zwar per Definition nicht beinhaltet. Aus dem Umsatz der Umweltwirtschaft lässt sich aber ein Näherungswert für die Umweltbeschäftigung (in sogenannten Vollzeitäquivalenten) als statistische Messgröße ableiten. Warum aber sollte man dieses statistische Konstrukt als green jobs bezeichnen?

Qualität der Arbeit als wesentliches Element von green jobs

Der Begriff green jobs ruft anscheinend weiterhin Bilder guter und (hoch)qualifizierter Arbeit hervor. Das ist zwar ganz im Sinne der Internationalen Arbeitsorganisation, für die sich green jobs – neben ihrem Beitrag zum Umweltschutz – auch durch Aspekte sozialer Nachhaltigkeit auszeichnen. Die Studie der AK hat allerdings bereits vor drei Jahren gezeigt, dass die Arbeitsrealität in der Umweltwirtschaft oft mit schweren körperlichen Belastungen, hohen Flexibilitätsanforderungen oder geringer Jobsicherheit verbunden ist. Mit der Berücksichtigung von Qualitätskriterien guter Arbeit – wie beispielsweise des Arbeitsmarktklima Index  des DGB-Index „Gute Arbeit  – könnte sich die Diskussion durchaus dem Alltagsverständnis von green jobs annähern. Vorerst scheint es im Interesse der begrifflichen Klarheit aber zutreffender, anstelle von green jobs schlicht von der Beschäftigung in der österreichischen Umweltwirtschaft zu sprechen.