Luftmatratze vs. Hotel – wie man Home Sharing reguliert

12. Juli 2018

Das Aufkommen von Unternehmen à la Airbnb oder Wimdu, die der Sharing Economy zugerechnet werden, sorgte für einigen Aufruhr. Beklagt wurden unfaires Verhalten, gesetzliche Graubereiche und eine Menge Unsicherheiten: Doch die Politik schaffte Ordnung, und klare Rahmenbedingungen regen nun Innovationen an.

Die Wirtschafts- und Arbeitswelt hat sich verändert

Digitale Plattformunternehmen wie Google, Facebook und Amazon nahmen bereits im letzten Jahrzehnt eine prominente Rolle in der Liste der weltweit wertvollsten Unternehmen ein. Dazu gesellen sich vermehrt auch digitale Plattformen, die zur Sharing Economy zählen. Die Geschäftsmodelle dieser neuen Akteure basieren auf der Idee des Teilens: Sie koordinieren und/oder vermitteln die gemeinsame Nutzung von Gegenständen oder Dienstleistungen. Über digitale Marktplätze machen sie ihre Vermittlungsleistungen einfach, schnell und unkompliziert zugänglich.

Eines der bekanntesten Beispiele ist die Überlassung von Wohnraum, wobei es stark im Trend ist, dass Menschen ihren Wohnraum entweder teilen oder ihre privaten Wohnungen zeitlich begrenzt fremden Personen zur Verfügung stellen. Die Sharing Economy bietet hier neue ressourcenschonende, orts- und zeitunabhängige Nutzungsmöglichkeiten und das zwischenmenschliche Vertrauen wird durch Bewertungsmechanismen gestärkt. Jedoch ist Home Sharing kontrovers und es fehlte zu Beginn an klaren rechtlichen Rahmenbedingungen.

Der romantische Gedanke von Luftmatratze und Frühstück

Die Gründer von Airbnb boten ursprünglich eine Luftmatratze und Frühstück in ihrem Wohnzimmer in San Francisco an. Daher rührt auch der Name Airbnb, eine Kombination aus „Airbed and Breakfast“. Ihre Idee war es, eine Onlineplattform für alternative Übernachtungsmöglichkeiten abseits überteuerter oder ausgebuchter Hotels zu bieten. Anfangs beschränkten sich die Aktivitäten von Airbnb und anderen Plattform-Unternehmen auf ein überschaubares Ausmaß. Sie bewegten sich auch zu dieser Zeit in einem gesetzlichen Graubereich, doch öffentliche Aufmerksamkeit erlangten sie erst später. Denn schnell wurde etwa aus dem 2008 gegründeten Start-up Airbnb der weltweit größte Anbieter von Übernachtungsdienstleistungen. Mittlerweile werden laut Eigenangaben von Airbnb fast fünf Millionen Zimmer in über 81.000 Städten und 191 Ländern weltweit angeboten. Und mit dem enormen Wachstum entstanden die Probleme: Aufschreie kamen beispielsweise aus der Tourismusbranche und bezogen sich unter anderem auf soziale sowie rechtliche Faktoren.

Der Weg von der Romantik zur Realität führt über den Diskurs

Entsprechend der menschlichen Natur wird Neues mit Unsicherheit verbunden und ruft mitunter auch (Abwehr-)Reaktionen hervor. So etwa im Fall von Home-Sharing-Plattformen, die in den Gefilden der Hotellerie und Gastwirtschaft fischen: Konfrontiert mit Disruption, Konkurrenz und Wandel fühlten sich etablierte Akteure bedroht; sie befürchteten eine Gefährdung der Professionalität ihres Feldes sowie des Konsumentenschutzes und brachten dies auch zum Ausdruck. Es war klar, dass Home Sharing im rechtlichen Graubereich liegt. Niemand wusste genau, welche Bestimmungen gelten. Jedoch gab es Ansichten darüber, was gelten sollte. Mit dem Anhalten des Home-Sharing-Booms traten Meinungsverschiedenheiten zutage. Das rief die Politik auf den Plan: Wie könnte der Regulator seine Leitplanken in der Zeit der Digitalisierung entsprechend setzen? Um die rechtlichen Bedingungen zu klären, machte man sich beispielsweise in Wien im ersten Schritt daran, zu definieren, was Airbnb & Co. eigentlich ausmacht. Erst in einem zweiten Schritt wurde eine Regulierung geschaffen.

Dekoratives Bild © A&W Blog
© A&W Blog

 

Dazu war es erwünscht, dass sowohl traditionelle Unternehmen und Interessenvertretungen als auch die neuen Akteure ihre Sichtweise einbringen. Das Einbringen von verschiedenen Interessen ist für das Treffen fundierter, ausgewogener Entscheidungen in der Politik von wesentlicher Bedeutung. Für den Fall neuartiger Phänomene – wie Home Sharing – gilt dies umso mehr. Die Definition von Home Sharing entstand also in einem solchen politischen Diskurs – durch das Einbringen, Austauschen und Abwägen von Standpunkten. Im Dialog mit den verschiedenen Interessensgruppen wurden die Chancen und Risiken von Home Sharing in Wien erfasst und analysiert, Regelungen anderer Städte überprüft und Handlungsoptionen für Wien herausgearbeitet. Schlussendlich hat die Stadt Wien entschieden, wie das Thema Home Sharing aus rechtlicher Sicht behandelt werden sollte: Das Ergebnis waren insbesondere Verschärfungen in den Regelungen zur Abführung der Ortstaxe sowie Änderungen in der Bauordnung. Durch den rechtlichen Rahmen sollten die positiven Aspekte von Home Sharing erhalten und negative Externalitäten gemindert werden.

Organisiert geht es besser

Trotz Unstimmigkeiten und anhaltender Debatten ist der aktuelle Diskurs um Unterkunftsplattformen weniger hitzig als zu Beginn. Die Einbindung verschiedenster Akteure in die Ausarbeitung der Regulierung trug zu einer Versachlichung bei. Bestärkt durch die erhöhte Rechtssicherheit geht ein Innovationsschub durch die Hotellerie. Aus der Organisationsforschung wissen wir, dass Neuerung immer auch mit Reibung verbunden ist. Anstatt neu entstehende Praktiken zu blockieren, kann ein sachlicher Diskurs zwischen allen Bezugsgruppen im Ökosystem zum Erzielen einer Win-win-Lösung beitragen, wie am Beispiel Home Sharing in Wien vorgezeigt. Der formalisierte und durch die Stadt Wien neutral angeführte Diskurs über Home Sharing trug zu verstärktem Vertrauen bei, unterstützte beim Erkennen von Problemfeldern und schließlich beim Ausarbeiten von Lösungen. Fazit: Organisiert geht es besser.