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Bemerkung: Nur Erbschaften und Schenkungen von außerhalb des Haushalts. Nur Empfängerhaushalte. In Preisen von 2010, kapitalisiert mit r = 3%, gedeckelt bei 100% des Nettovermögens der Haushalte.
Quelle: Household Finance and Consumption Survey, Europäische Zentralbank, eigene BerechnungenIn Österreich liegt der maximale Gegenwartswert erhaltener Erbschaften und Schenkungen in der Altersklasse 45 bis 54 Jahre bei 285.000 Euro – wie auch in Deutschland spielen Schenkungen in den jüngeren Altersklassen dabei eine bedeutende Rolle. Insgesamt weisen Österreich, Griechenland, Westdeutschland und Zypern einen umgekehrt U-förmigen Verlauf über den Lebenszyklus auf. Das bedeutet, dass die Kohorten der mittleren Altersklassen dieser Länder sowohl häufiger erbten oder beschenkt wurden als auch höhere Vermögenstransfers erwarten konnten. In dieser deskriptiven Betrachtungsweise dominiert der Kohorteneffekt folglich den Lebenszykluseffekt.
Einkommensstarke Haushalte erben häufiger und mehr
In den kerneuropäischen Ländern Österreich, Belgien, Frankreich und Westdeutschland steigt mit zunehmendem Haushaltsbruttoeinkommen auch die Wahrscheinlichkeit, eine Erbschaft oder Schenkung erhalten zu haben. In Österreich haben Haushalte des fünften Quintils, also die einkommensstärksten 20 Prozent, fast doppelt so häufig einen Vermögenstransfer erhalten wie Haushalte des untersten Quintils (26,2 vs. 50,3 Prozent). Die Länder Kerneuropas weisen offenbar eine geringe Bildungs- und Einkommensmobilität auf. Das heißt, Bildung, Einkommen und sozialer Status von Personen unterscheidet sich kaum zu dem ihrer Eltern. Wenn der ökonomische Erfolg an die vorherige Generation gekoppelt ist, verstärken Erbschaften und Schenkungen die ohnehin schon bestehende ökonomische Ungleichheit innerhalb der Bevölkerung. In den Mittelmeerländern Griechenland, Portugal, Spanien und Zypern, zeigen sich hingegen nur geringe Unterschiede nach Einkommensgruppen. Das erklärt sich auch durch den steigenden Anteil von sekundären und tertiären Bildungsabschlüssen ab den 1960er Jahren. Dies hat die Bildungsmobilität für die aktuelle Generation der ErbInnen verbessert.
Betrachtet man die Gegenwartswerte, also die Höhe der Erbschaften und Schenkungen, von allen Haushalten, die bereits einen Vermögenstransfer erhielten, ist dieser im obersten Einkommensquintil am höchsten – in Österreich sind das 361.000 Euro. Dies gilt diesmal auch für die Mittelmeerländer wie nachfolgende Tabelle zeigt.
Höhe der Vermögenstransfers pro Haushalt nach Einkommensquintilen in 1.000 Euro
| Kerneuropäische Länder | Mittelmeerländer |
| Österreich | Belgien | Frankreich | Westdeutschland | Zypern | Griechenland | Portugal | Spanien |
1. Quintil | 119 | 116 | 73 | 97 | 157 | 98 | 50 | 98 |
2. Quintil | 140 | 114 | 95 | 130 | 154 | 119 | 60 | 126 |
3. Quintil | 205 | 142 | 95 | 158 | 266 | 151 | 63 | 148 |
4. Quintil | 226 | 173 | 113 | 194 | 344 | 167 | 65 | 180 |
5. Quintil | 361 | 208 | 252 | 304 | 389 | 226 | 201 | 310 |
31% des Vermögens aus Erbschaften und Schenkungen
Mit Blick auf die relative Bedeutung intergenerationaler Transfers, also dem Anteil erhaltener Erbschaften und Schenkungen am aktuellen Haushaltsnettovermögen, finden sich zwei Ländergruppen mit unterschiedlichen Niveaus. In Österreich, Westdeutschland und Griechenland liegt der Anteil intergenerationalen Transfers am aktuellen Haushaltsnettovermögen bei etwa 31 Prozent. Weit niedrigere Anteile ergeben die Berechnungen für Belgien, Portugal, Spanien und Zypern, die zwischen 13 und 18 Prozent liegen. Betrachtet man nur die Empfängerhaushalte verdoppelt sich der Anteil bei diesen vier Ländern. In Österreich und Westdeutschland sind bei den Empfängerhaushalten um die 50 Prozent des aktuellen Haushaltsnettovermögens auf Erbschaften und Schenkungen zurückzuführen und in Griechenland über 78 Prozent.
Die relative Bedeutung vergangener Vermögenstransfers für das Haushaltnettovermögen steigt im Allgemeinen mit dem Alter, was besonders in Belgien, Frankreich, Portugal und Spanien zu beobachten ist. In Österreich, Griechenland, Westdeutschland und Zypern sind die Anteile der Transfers für einige der jüngeren Kohorten überraschend hoch. Dies ergibt sich auch aus den beobachteten Schenkungen sowie den hohen Gegenwartswerten der Vermögenstransfers bei gleichzeitig niedrigen Nettovermögen für junge Kohorten in Österreich und Westdeutschland.
Der Zusammenhang zwischen Einkommenshöhe und der relativen Bedeutung von Erbschaften und Schenkungen ist weniger deutlich. Für die einkommensstärkste Gruppe in Österreich ist der Anteil der Vermögenstransfers am aktuellen Haushaltsnettovermögen um gut 12 Prozentpunkte niedriger im Vergleich zum einkommensschwächsten Quintilen. Das heißt, diese Haushalte erben sowohl häufiger als auch deutlich höhere Beträge und können aber gleichzeitig durch ihre höheren Einkommen Vermögen selbst ansparen. Damit sind die Transfers zwar höher, ihr Bedeutung für die Vermögensposition insgesamt aber geringer.
Erbschaften verfestigen ökonomische Ungleichheit
Einkommensstarke Haushalte haben in der Vergangenheit in den europäischen Ländern signifikant höhere Erbschaften und Schenkungen erhalten als einkommensschwächere Haushalte. Gleichzeitig sind für einkommensstarke Haushalte Vermögenstransfers für die aktuelle Vermögensposition weniger relevant. Durch ihre starke Einkommensposition und niedrige intergenerationale Mobilität sind diese Haushalte in der Lage, Vermögen sowohl aus ihren regelmäßigen Einkommen als auch durch Erbschaften und Schenkungen aufzubauen.
Erbschaften und Schenkungen können als Kanal angesehen werden, durch den bestehende Chancenungleichheit und die resultierende ökonomische Ungleichheit verstärkt werden. In Österreich gibt es jedoch seit August 2008 keine Steuern mehr auf Erbschaften und Schenkungen. Es wird lediglich eine Grunderwerbsteuer im einstelligen Bereich erhoben. Soll aber die soziale Herkunft ihre bestimmende Wirkung für die ökonomische Position an Bedeutung verlieren, müssen politische Instrumente gewählt werden, die die intergenerationale Mobilität fördern. Mit zusätzlichen Mitteln aus vermögensbezogenen Steuern, wie einer Erbschafts- und Schenkungssteuer, ließen sich Instrumente finanzieren, die die Chancengleichheit verbessern.
Dieser Beitrag beruht auf dem DIW-Wochenbericht Nr. 17/2016 sowie dem DIW Discussion Paper 1556. Die Forschungsarbeit wurde von der Hans-Böckler-Stiftung geförderten (Pro-jektnummer: S-2012-610-4).