Einkommensunterschiede in der Landwirtschaft: Die Schere wächst

27. Januar 2022

Die Einkommen der Landwirte und Landwirtinnen liegen in Österreich beachtlich weit auseinander. Gewöhnlich wird das Durchschnittseinkommen aller Betriebe verwendet, wenn vom landwirtschaftlichen Einkommen die Rede ist. Dabei entsteht der Eindruck, dass mit Landwirtschaft generell kein Geld zu verdienen sei. Allerdings gibt es hervorragende Daten, die eine sehr differenzierte Betrachtung zwischen den einzelnen Betriebsgruppen zulassen. Für die unteren Einkommensgruppen errechnen sich im Jahr 2020 deutliche Verluste. Für das obere Einkommensviertel der Veredelungsbetriebe wurde im Grünen Bericht des BMLRT hingegen ein Pro-Kopf-Einkommen von 92.246 Euro ausgewiesen. Das derzeitige Fördersystem gleicht diese Unterschiede kaum aus.

In Vierteln betrachtet: Einkommen unterscheiden sich massiv

Es sind die Bilanzen von knapp 2.000 freiwillig buchführenden Landwirtschaftsbetrieben, die alljährlich für den Grünen Bericht ausgewertet werden. Das ist der Einkommensbericht des Bundesministeriums für Landwirtschaft, Regionen und Tourismus (BMLRT), und darin soll sich die Grundgesamtheit aller Betriebe widerspiegeln, für die es keine Aufzeichnungsverpflichtung gibt.

Neben den Einkommen aus landwirtschaftlicher Tätigkeit werden darin ebenso verschiedenste außerlandwirtschaftliche Einkünfte dargestellt. Somit ist ein Vergleich der Gesamteinkommen innerhalb der bäuerlichen Haushalte möglich, die Ergebnisse sind beachtlich.

Im Durchschnitt haben Landwirte und Landwirtinnen in Österreich mit 21.363 Euro ein niedriges Einkommen. Diese Durchschnittseinkommen sind allerdings aus vielerlei Hinsicht mit dem durchschnittlichen Lohneinkommen von ArbeitnehmerInnen schwer vergleichbar. In die Berechnung des durchschnittlichen Einkommens aus landwirtschaftlicher Tätigkeit fließen auch jene Betriebsergebnisse ein, die einen Verlust in der Bilanz aufweisen. Allein aus diesem Grund ist der errechnete Durchschnitt über alle Betriebsergebnisse relativ gering, wie die folgende Grafik veranschaulicht. Interessanter für die Einkommensanalyse ist daher die Unterteilung der berechneten Einkommen in Viertelgruppen. Dabei zeigt sich, dass 25 Prozent der Betriebe im unteren Segment ein durchschnittliches negatives Einkommen von minus 6.895 Euro aufweisen. Das obere Viertel, ebenfalls 25 Prozent der Betriebe, erwirtschaftet ein durchschnittliches Pro-Kopf-Einkommen von immerhin 53.885 Euro. Dabei ist aber noch anzumerken, dass in dieser Vergleichsberechnung die Großbetriebe ab einem Standard-Output von über 360.000 Euro mangels Datenverfügbarkeit nicht inkludiert sind. Der Standard-Output ist der durchschnittliche Geldwert der landwirtschaftlichen Erzeugung zu Ab-Hof-Preisen.

Dekoratives Bild © A&W Blog
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In einem landwirtschaftlichen Betrieb arbeiten im Durchschnitt 1,34 familieneigene Arbeitskräfte und 0,09 entlohnte LandarbeiterInnen. Je nach Betriebstyp und Größe variiert die Beschäftigungszahl, wobei generell zu beobachten ist, dass die Zahl der selbstständig Beschäftigten in der Landwirtschaft kontinuierlich abnimmt. Der Arbeitseinsatz von LandarbeiterInnen, Ernte- und SaisonarbeiterInnen nimmt hingegen deutlich zu. Die grafisch dargestellten Einkommen sind auf Vollzeitäquivalente berechnet, womit eine Vergleichbarkeit gegeben ist.

Zusatzeinkommen gleichen Einkommensunterschiede nicht aus

Neben den Einkünften aus der Land- und Forstwirtschaft werden zusätzlich Einkommen aus Gewerbebetrieben, anderen selbstständigen Tätigkeiten und aus unselbstständiger Tätigkeit in das bäuerliche Haushaltseinkommen einberechnet. Im Durchschnitt aller Landwirtschaftsbetriebe beträgt das Einkommen aus landwirtschaftlicher Tätigkeit weniger als 50 Prozent des Gesamteinkommens. Relevant für die landwirtschaftliche Einkommensberechnung sind – vereinfacht dargestellt – folgende Faktoren:

  • Menge der erzeugten Produkte mit den Produktpreisen
  • erhaltene Fördergelder
  • sämtliche Aufwendungen und Abschreibungen für die Produktion

Besonders in kleineren Betrieben nehmen außerlandwirtschaftliche Tätigkeiten einen wichtigen Stellenwert ein. Betriebe, die ihre verfügbaren Familienarbeitskräfte schwerpunktmäßig in der Land- und Forstwirtschaft einsetzen, verzeichnen dagegen nur geringe Nebeneinkünfte. Der Vergleich der Haushaltseinkommen für typische Vollerwerbsbetriebe (das sind Landwirtschaftsbetriebe mit überwiegendem Einkommen aus Land- und Forstwirtschaft) mit jenen der Nebenerwerbsbetriebe (die neben ihrer landwirtschaftlichen Tätigkeit einen Großteil ihrer Arbeitszeit und damit ihres Einkommens außerhalb des eigenen Landwirtschaftsbetriebes erwirtschaften) zeigt ein deutliches Bild:

Dekoratives Bild © A&W Blog
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Während die Haupterwerbsbetriebe mit einem Netto-Haushaltseinkommen von 52.967 Euro ihre Einkünfte überwiegend aus land- und forstwirtschaftlicher Tätigkeit erzielen, liegt jenes der Nebenerwerbsbetriebe – um mehr als ein Drittel niedriger – bei lediglich 33.955 Euro. Im Durchschnitt erwirtschaften Nebenerwerbsbetriebe ein negatives Einkommen aus der Landwirtschaft, das auch durch den Einkommensanteil aus unselbstständiger Arbeit nicht an das Niveau ihrer KollegInnen anschließen kann. Noch deutlicher fällt die Einkommensdiskrepanz aus, wenn für beide Gruppen das Pro-Kopf-Einkommen berechnet wird. Im Haupterwerbsbetrieb liegt das hauptsächlich aus landwirtschaftlicher Tätigkeit stammende Netto-pro-Kopf-Erwerbseinkommen bei knapp unter 30.000 Euro. Das ist damit fast doppelt so hoch wie jenes im Nebenerwerb mit 15.604 Euro. Dieser Vergleich zeigt deutlich, dass jene Landwirtschaftsbetriebe, die ihr Haupteinkommen aus der Landwirtschaft erwirtschaften können, deutlich höhere Einkommen aufweisen als jene, die auf außerlandwirtschaftliche Tätigkeiten angewiesen sind.

Auch Fördermittel schaffen nur wenig Ausgleich

2.252 Millionen Euro an Agrarfördermitteln wurden laut Grünem Bericht im Jahr 2020 von EU, Bund und Ländern in Österreich zur Verfügung gestellt. Der größte Teil dieser Gelder wird direkt an die Landwirtschaftsbetriebe gezahlt. Als Basis für die Berechnung dieser Zahlungen wird die entsprechende landwirtschaftliche Fläche herangezogen. Daneben gibt es weitere Fördermaßnahmen für landwirtschaftliche Betriebe wie Zahlungen für Investitionen, Beratung, Bildung und vieles mehr. Beachtliche Förderbeträge erhalten etwa auch mit der Landwirtschaft in Verbindung stehende Organisationen und Unternehmen im ländlichen Raum. Anders als die rein national finanzierten Förderungen müssen alle mit EU-Geldern unterstützten Beihilfen in der Transparenzdatenbank aufgelistet werden. Darin sind Zahlung von 0,01 Euro bis zu mehreren Millionen Euro an einzelne Förderwerber aufgelistet. Wie einkommensrelevant vor allem die flächenbasierten Förderungen sind, kann aus dem Grünen Bericht abgelesen werden. Es verwundert nicht, dass gerade die Gruppe der kleineren Betriebe mit einem Einkommen von 7.532 Euro ohne diese Zahlungen ein negatives Einkommen erwirtschaften würde. Größere Betriebe und vor allem Ackerbaubetriebe erhalten hingegen laut Grünem Bericht deutlich größere Fördersummen und erzielen entsprechend höhere Einkommen. Publiziert werden die flächenbezogenen Agrarförderungen in Förderklassen, die nach Höhe der Förderungen gestaffelt sind. 2020 erhielten 31 Prozent der Betriebe einen Förderbetrag von bis zu 5.000 Euro. Durchschnittlich waren das 2.409 Euro pro Betrieb, wodurch die Betriebe dieser Förderklasse 6 Prozent der Gesamtfördersumme bekamen. In der Förderklasse mit mehr als 50.000 Euro an flächenbezogenen Förderungen sind 2 Prozent und damit 2.108 Betriebe. Sie erhielten einen durchschnittlichen Förderbetrag von 80.316 Euro oder 12 Prozent der Gesamtsumme.

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Gute Arbeitsplätze für den ländlichen Raum

Die gestiegenen Agrarpreise im Jahr 2021 von mitunter mehr als 100 Prozent für einzelne Agrarprodukte werden in manchen Betriebszweigen zu einem deutlichen Anstieg der Einkommen führen. Eine damit einhergehende Verringerung der großen Einkommensunterschiede ist aber unwahrscheinlich. Viele Landwirtschaftsbetriebe sind auf außerlandwirtschaftliche Erwerbseinkommen angewiesen. Die Schaffung gut bezahlter und zukunftsfähiger Arbeitsplätze im ländlichen Raum ist eine wichtige Voraussetzung dafür, dass die Nebenerwerbsbetriebe weiterbestehen können. Eine wesentliche Herausforderung bleibt zudem der Umbau des Fördersystems hin zu mehr Verteilungsgerechtigkeit und Ökologie. Damit hätten gerade kleinere und nachhaltig wirtschaftende Betriebe eine Chance, ihre Einkommen zu verbessern.

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