Quelle: CSO (2015 vorläufige Werte). © A&W Blog
Quelle: CSO (2015 vorläufige Werte).Das erfolgte durch eine kleine Zahl von MNEs, welche größere Mengen von immateriellen oder geistigen Eigentumsrechten durch die Verlagerung von Firmensitzen nach Irland verschoben haben. Es wird angenommen, dass das „on-shoring“ solchen geistigen Eigentums direkt aus Steueroasen kam – eine mögliche Reaktion auf das OECD BEPS Projekt. Diese geistigen Eigentumsrechte hängen jedoch eng mit dem vorher beschriebenen „contract manufacturing“ zusammen: Denn die Firmen lassen Güter im Ausland produzieren, welche auf ebendiesen geistigen Eigentumsrechten basieren. Da unter ESA 2010 die Eigentumsregel zählt, wird die Produktion der Güter dem irischen BIP hinzugerechnet. In anderen Worten: Aktivitäten, welche ursprünglich zum BIP anderer Länder zählten, werden nun zum irischen BIP gerechnet. Die Aktivität selbst hat sich nicht verändert – lediglich der Ort der geistigen Eigentumsrechte.
Die irische Bruttowertschöpfung stieg dadurch zwischen 2014 und 2015 von 174,9 Milliarden auf 236,6 Milliarden Euro an. Diese absolute Zunahme um 61,5 Milliarden Euro fand zu einem großen Teil in der „Industrie“ (siehe Tabelle 3, Reihe 42A) statt, wahrscheinlich im Pharmasektor. In der Industrie (exklusive dem Bauwesen) beträgt das Wachstum der Bruttowertschöpfung rund 50,7 Milliarden und stieg von 41,1 Milliarden in 2014 auf 91,8 Milliarden Euro in 2015. Das kommt einem sektoralen Wachstum von 123,2 % gleich und beträgt 82,4 % des Wachstums der gesamten Bruttowertschöpfung. Der Effekt trat im ersten Quartal 2015 ein und kam in der Industrie nahezu einer Verdoppelung der Bruttowertschöpfung gegenüber dem letzten Quartal 2014 gleich.
Das „contract manufacturing“ scheint zwar in den VGR-Güterexporten auf, nicht jedoch in der Außenhandelsstatistik. Diese beinhaltet lediglich Gütertransaktionen, welche physisch die irische Grenze überqueren. Der gesamte irische Güterexport betrug 2015 rund 195 Milliarden Euro, während jener in der Außenhandelsstatistik lediglich 112 Milliarden ausmachte. Diese enorme Diskrepanz verdeutlicht die Dimension des „contract manufacturing“ in Irland.
Fazit
Es ist somit klar, dass die irischen VGR-Daten heute eine erhebliche Summe an Wirtschaftsaktivitäten außerhalb Irlands beinhalten und damit kein korrektes Bild über den Zustand der irischen Volkswirtschaft liefern. Diese Entkopplung der VGR von den realen Geschehnissen in der irischen Ökonomie zieht jedoch Konsequenzen nach sich: Der plötzliche Ansprung des BIPs wirkt sich beispielsweise auf den irischen Beitrag zum EU-Budget aus.
Zudem schwindet die Aussagekraft jeglicher Indikatoren, welche im Verhältnis zum BIP ausgedrückt werden, wie zum Beispiel der Schuldenquote oder anderer fiskalischer Größen. Auch hat die BIP-Revision zur Folge, dass die Bewertung Irlands im europäischen „Verfahren bei einem übermäßigen Ungleichgewicht“ schwieriger wird. Durch den Anstieg des „contract manufacturing“ liegt Irlands Leistungsbilanz nämlich nun bei einem Überschuss von 10,2 % am BIP.
Die Verzerrung der VGR-Statistiken hat damit eine Reihe von ernstzunehmenden wirtschafts- und gesellschaftspolitischen Implikationen und erschwert letztendlich eine vernünftige Wirtschaftspolitik.
Dieser Beitrag wurde für den Blog von Max Mayerhofer übersetzt und überarbeitet.