Der Konflikt rund um die Lobauautobahn hat in den letzten Monaten das Sorgenkind Nummer 1 der österreichischen Klimapolitik auf die Agenda gebracht: den Verkehr. Politische Diskussionen um den Verkehr enden jedoch nicht bei Debatten über neue Fahrradwege, sondern reichen bis hin zu internationaler Handelspolitik, Arbeits- und Menschenrechten und gerechten Übergängen. Eine neue Studie von Thomas Fritz beleuchtet nun beispielhaft, wie durch das EU-Mercosur-Abkommen eine klima- und sozialgerechte Mobilitätswende ausgebremst wird.
So bremst das Abkommen eine sozial-ökologische Mobilitätswende aus
Die Studie macht deutlich, wie stark die europäische Autolobby ihren Einfluss geltend gemacht und ihre Interessen in den Verhandlungen um das EU-Mercosur-Abkommen durchgesetzt hat: Denn bei den Rohstoffen, die von Zollsenkungen profitieren, geht es vor allem um Ressourcen wie Eisen, Stahl, Kupfer, Lithium und Rindsleder für die Autoproduktion sowie Zuckerrohr und Soja für Biotreibstoffe.
Durch diese Regulierungen wird auf Jahrzehnte ein Verkehrssystem festgeschrieben, das soziale und ökologische Krisen weiter befeuert: Die europäische Autoindustrie bekommt weiterhin billige Rohstoffe für den Autobau und kann durch Zollsenkungen noch billiger Autos und Autoteilein die Mercosurländer exportieren. Den Löwenanteil dieser Autos werden nach wie vor Verbrenner einnehmen, die aufgrund der Klimakrise (nur) auf EU-Ebene bereits ein Ablaufdatum für 2040 haben. Über Mercosur beschlossene Zollsenkungen könnten derartige Exporte noch weiter befeuern.
Zusätzlich problematisch sind die Regelungen für scheinbar nachhaltigere Antriebsmethoden: Sowohl mehr E-Autos als auch mehr Agro-Treibstoffe, die durch das Abkommen ermöglicht werden, führen zu Landnutzungskonflikten, Vertreibungen, schlechten Arbeitsbedingungen in Minen und auf Feldern vor Ort. Besonders unter den aktuellen Vorzeichen der Ukrainekrise werden Probleme mit Agro-Treibstoffen sichtbar: anstatt Getreide auf einem anderen Kontinent in den Tank zu kippen, sollten die Flächen für regionale Selbstversorgung zur Verfügung stehen.
In Summe trägt das Abkommen folglich an keiner Stelle dazu bei, dass eine sozial und ökologisch gerechte Mobilitätswende, die die Bedürfnisse nach Mobilität ins Zentrum stellt, stattfinden kann. Dafür bräuchte es ein öffentliches, kollektives Mobilitätskonzept, das globale Solidarität berücksichtigt, die Pariser Klimaziele einhält, Menschenrechte schützt und Übergänge gerecht gestaltet.
So setzte die Autolobby ihre Interessen durch
Auch die österreichische Industrie (WKO) und Zulieferer (u. a. Magna) sind in den europäischen Dachverbänden organisiert, die vorrangig in Brüssel für das Abkommen lobbyiert haben. Der Absatzmarkt Mercosur wirkt dabei für die österreichische Autoindustrie wenig relevant, weil nur wenige KFZ-Produkte direkt dort abgesetzt werden. Die österreichischen Produzent:innen profitieren jedoch vor allem von den deutschen Exporten in den Mercosur-Raum. Deutschland ist dabei jetzt schon der stärkste EU-Exporteur in die Region.
Konkret zeigt die neue Studie anhand von E-Mail-Verläufen auf, welche Wünsche die Dachverbände an die EU-Kommission gestellt haben: u. a. die vollständige Beseitigung der Zölle auf Autos bzw. Autoteile.