Plattformunternehmen: Was das Firmenbuch nicht zeigt

16. Januar 2017

Städte machen gegen Zimmervermietungsplattformen mobil, TaxifahrerInnen demonstrieren und pinke RadbotInnen sind binnen eines Jahres zu einem fixen Bestandteil des Wiener Stadtbildes innerhalb des Gürtels geworden. Um den Aufstiegs dieser Unternehmen fassbar zu machen und über notwendige Regulierungsmaßnahmen zu diskutieren, ist eine Reihe von Fragen zu beantworten. Etwa: welchen Gewinn macht AirBnB in Österreich? Wieviel Umsatz macht Uber? Welchen durchschnittlichen vollzeitäquivalenten Jahreslohn erhält ein/e Foodora-FahrerIn? Die Antwort lautet in sehr vielen Fällen: Wir wissen es nicht. Der Grund für dieses Nicht-Wissen ist auch strukturell verankert.

Plattformen als Geschäftsmodell

Auf den ersten Blick haben Uber, Foodora und AirBnB – Personenverkehr, Speisenzustellung und Kurzzeitzimmervermietung – relativ wenig miteinander zu tun. Alle drei Unternehmen nutzen aber (wie viele andere auch) das Geschäftsmodell der Plattform. Dabei tritt das Unternehmen lediglich als Betreiber einer Plattform auf, auf der sich formell selbstständige (oder auf Abruf beschäftigte) AnbieterInnen (WohnungseigentümerInnen, Mietwagenunternehmen, BotInnen) einer Leistung mit AbnehmerInnen/Konsumierenden treffen. Diese Plattformen beschreiben sich selbst oftmals als reine Marktplätze und stellen für beide Seiten ein enormes Potenzial an AbnehmerInnen und AnbieterInnen zur Verfügung. Voraussetzung für die Teilnahme an diesem „Marktplatz“ ist es aber meist, die Regeln in diesem „Ökosystem Plattform“, die von den PlattformbetreiberInnen (meist in Form von einseitig änderbaren Allgemeinen Geschäftsbedingungen) festgelegt werden, a priori zu akzeptieren. Dieses Modell per se ist natürlich keineswegs neu – Mitfahrzentralen und Wohnungsauskunfteien haben eine lange Geschichte. Durch die Digitalisierung – die Möglichkeit ständig/mobil, in Echtzeit, über riesige Distanzen sowie zu immer niedrigeren Grenzkosten zu kommunizieren – entfaltet dieses Modell jedoch ungeahntes Potenzial, das in der extremsten Ausprägung nur durch die weltweite Anzahl von InternetnutzerInnen begrenzt ist.

Ein Blick ins Firmenbuch

Unternehmensdaten und geprüfte Bilanzen/Jahresabschlüsse von österreichischen Kapitalgesellschaften werden grundsätzlich im Firmenbuch der Republik Österreich veröffentlicht. Die Abfragen für die oben beispielhaft erwähnten Plattformunternehmen sind jedoch eher unbefriedigend. So hat die „Uber Austria GmbH“ lediglich 3 Beschäftigte[1], ein Gesamtvermögen von nur etwa 180.000 Euro, es gibt keine Angaben über Umsätze und operative Gewinne. AirBnB hat überhaupt keine Niederlassung in Österreich, wer über die Plattform ein Zimmer mietet oder vermietet kontrahiert lediglich mit „AirBnB Ireland“. Bis 2014 gab es noch eine österreichische Kapitalgesellschaft von AirBnB in Österreich, die nur zwei Beschäftigte und ein Gesamtvermögen von lediglich 102.000 Euro aufwies.[2] Gleichzeitig hatte die Plattform 2014 aber zumindest 3.400 Wohnungen alleine in Wien im Angebot. Etwas umfassender sieht das Bild bei der „Volo DS XXXVI 9 GmbH“ aus, die die Plattform Foodora[3] betreibt und zu 100% einer luxemburgischen Kapitalgesellschaft mit beschränkter Haftung gehört. Hier weist das Firmenbuch zuletzt 54 Beschäftigte aus – allerdings ebenfalls keine Angaben über Umsätze, Absatzmärkte, Personalaufwendungen oder betriebliche Gewinne.

Um zu erfahren, wie es wirtschaftlich um diese Plattformen (und jene, die für sie arbeiten) in Österreich steht, ist die Öffentlichkeit somit entweder auf die Angaben der Kommunikationsabteilungen der Unternehmen selbst oder auf die entsprechende Arbeit der Steuerbehörden angewiesen.

Plattformplayer als Kleinstunternehmen?

Hintergrund für diese Situation ist unter anderem, dass das Unternehmensgesetzbuch zwar grundsätzlich vorschreibt, dass Kapitalgesellschaften ihre Jahresabschlussdaten veröffentlichen müssen, aber für kleine und Kleinstkapitalgesellschaften Erleichterungen und eine eingeschränkte Veröffentlichung vorgesehen ist.

Die Frage ob eine Kapitalgesellschaft groß genug ist, um ihre wirtschaftlichen Daten mit der Öffentlichkeit teilen zu müssen, wird im Wesentlichen anhand von drei Kriterien festgestellt: 1) Der Bilanzsumme, also der Summe des in der jeweiligen Kapitalgesellschaft vorhandenen Vermögens 2) der Umsatzerlöse und 3) der Anzahl der ArbeitnehmerInnen.

Viele Plattformunternehmen nutzen keine eigenen Vermögensgegenstände (AirBnb besitzt keine Immobilien und Uber keinen Fuhrpark) sondern greifen auf die Ressourcen Dritter zurück. Die Umsätze entstehen nur zu einem kleinen Teil (Provision oder Anteil der Plattform) zwischen der Plattform und den KundInnen, vielmehr aber zwischen den formell selbstständigen Anbietenden/DienstleisterInnen, die zu guter Letzt aufgrund ihres rechtlichen Statutes in vielen Fällen auch nicht als ArbeitnehmerInnen geführt werden.

Ausblick

Die Plattformökonomie ist augenscheinlich ein Phänomen, das europäische, nationale und vor allem auch kommunalpolitische Debatten hervorruft. Bei weiterem Wachstum der Plattformbranche entsteht unter Umständen eine Situation, in der für Plattformunternehmen trotz hoher gesellschaftlicher Präsenz und wirtschaftlicher Macht nicht dieselben Publikationsvorgaben gelten, wie für konventionelle Konkurrenzunternehmen. Dies ist wohl für eine breit angelegte Debatte und eine Diskussion über evidenzbasierte Regulierung nicht wünschenswert.

Verweise:

[1] Vgl Firmenbuch der Republik Österreich, Eintrag 396409f

[2] Vgl Firmenbuch der Republik Österreich, Eintrag 372771v

[3] Vgl Firmenbuch der Republik Österreich, Eintrag 424277m