In der einen oder anderen Art verfolgen die meisten Länder eine Politik, die auf die Förderung des Eigenheimerwerbs – und damit dem Aufbau privaten Immobilienvermögens – abzielt. Die dezidierte Förderung einer Eigentümergesellschaft ist in vielen Fällen ideologische motiviert. Ökonomisch zeigt sich, dass der Preis für eine bewusst herbeigeführte Eigentümergesellschaft hoch ist, da sie oft mit makroökonomischen Ungleichgewichten – in Form von höherer Einkommensungleichheit, geringerer Wettbewerbsfähigkeit und stärkerer Verschuldung – einhergeht.
Ownership society vs. risk sharing society
Der Begriff der Eigentümergesellschaft („ownership society”) wurde unter anderem vom ehemaligen US-Präsidenten George W. Bush propagiert. Die zugrunde liegende Idee, dass eine breite Eigentümergesellschaft Individuen dazu verhilft, im weitesten Sinne frei zu sein, ist allerdings nicht neu. Zuvor schon hatte das spanische Regime unter Diktator Francisco Franco die Idee verfolgt, aus Proletariern Eigentümer zu machen, um nach dem blutigen Bürgerkrieg der 1930er-Jahre die linksgerichtete Arbeiterschaft langfristig zu befrieden.
Während in Spanien 1950 der Anteil der Eigenheimbesitzer noch bei unter 50% lag, wurde dieser Anteil auf rund 90% gegen Ende der 2000er-Jahre gesteigert. Die daraus entstandene Immobilienblase platzte schlussendlich als Folge der jüngsten Weltwirtschaftskrise. Ähnlich wie Spanien weisen auch andere Länder an der europäischen Peripherie neben einem unterentwickelten Wohlfahrtsstaat und einer weitgehend unkoordinierten Lohnsetzung auch hohe Anteile an Eigenheimbesitzern und eine eingeschränkte öffentliche Wohnungspolitik auf.
Im Gegensatz zu diesen Ländern ist beispielweise Österreich durch eine fragmentierte Wohnungspolitik gekennzeichnet, wobei ein hoher Anteil an sozial gefördertem Wohnraum und Mietwohnungen zur Verfügung steht. Die sozial orientierte Wohnungspolitik ist vor allem in Wien historisch geprägt. Bereits in den 1920er-Jahren wurden im „Roten Wien“ unter anderem bessere Wohn- und Lebensbedingungen für die Arbeiterklasse gefördert. Noch heute ist die Hälfte des Wohnungsbestandes sozial geförderter Wohnraum.
Der historische Vergleich Spaniens und Österreichs verdeutlicht, dass über Jahrzehnte gewachsene signifikante Unterschiede in der konkreten Ausprägung von Wohnungspolitik zwischen den europäischen Ländern vorherrschen.
Immobilienvermögen in der Eurozone
Auf Basis des „Household Finance and Consumption Survey“ (HFCS) aus dem Jahr 2010 lassen sich Ländervergleiche mit Immobilienvermögen und Hypothekarschulden der Haushalte in der Eurozone anstellen. Soweit bekannt ist, scheint es bisher kaum vergleichenden Studien zum Thema Immobilienbesitz und Haushaltsverschuldung auf der Basis von Mikrodaten zu geben, obwohl sie einen wesentlichen Teil des Privatvermögens darstellen. Realvermögen macht wiederum den größten Anteil vom Gesamtvermögen aus, und Erbschaften sind der bestimmende Faktor hinter Immobilienvermögen. Gleichzeitig kann eine Analyse der Wohnform aber auch für die Verteilung der Einkommen, die Qualität des Sozialstaates oder die private Verschuldung in einer Volkswirtschaft wichtig sein. Gerade in der jetzigen Krise spielten Einkommensungleichheit und Vermögenskonzentration eine wichtige Rolle. Diesbezüglich identifiziert Stockhammer vier Kanäle, durch welche eine höhere Ungleichheit bei Einkommen zur jüngsten Weltwirtschaftskrise beigetragen hat, wobei einer dieser Kanäle die angestiegene Verschuldung der Arbeiterklasse betrifft.
Beim Vergleich über die Länder müssen neben den methodischen auch institutionelle und historische Unterschiede beachtet werden. So können Massenprivatisierungen, wie sie in den Transformationsländern erfolgt sind (in diesem Fall in der Slowakei und Slowenien), einen enormen Einfluss auf die Ausprägung der Eigenheim- bzw. Immobiliengesellschaft ausüben. Darüber hinaus müssen Unterschiede in den Sozialsystemen (insbesondere Pensionssystemen), staatlichen Subventionen, Demografien und auch Haushaltsstrukturen bei einem Ländervergleich Berücksichtigung finden.
Um den ansonsten sehr komplexen Ländervergleich zu vereinfachen, werden die fünfzehn Länder in zwei ungefähr gleich große Gruppen eingeordnet. Dazu wurde die Grenze bei 75% für die Anteile der Immobilienbesitzer unter den Haushalten gewählt. Daraus ergibt sich eine geografisch zentrale Gruppe mit geringem Immobilienbesitz (AT, BE, DE, FI, FR, IT, LU, NL) mit Werten zwischen 49% in Deutschland, 52% in Österreich und knapp unter 75% in Luxemburg. Die Gruppe mit hohem Immobilienbesitz liegt vornehmlich an der Peripherie der Eurozone (CY, ES, GR, MT, PT, SI, SK) und weist Werte von knapp über 75% in Portugal bis hin zu 86% in Spanien und 90% in der Slowakei aus.
Anteil der Immobilienbesitzer nach Einkommenshöhe in % (Quintile der Bruttohaushaltseinkommen)