Hoffnungsschimmer Väter­beteiligung? Nach Rück­gang wieder mehr Männer in Karenz

05. Dezember 2024

Der Väteranteil beim Bezug von Kinderbetreuungsgeld ist in Österreich vergleichsweise gering und zwischen 2017 und 2022 sogar gesunken. Neuere Auswertungen deuten ab 2023 jedoch wieder auf eine Tendenz nach oben hin. Verbesserungen beim Familienzeitbonus, vor allem das Ende der Anrechnung auf den Kinderbetreuungsgeldbezug, könnten mitverantwortlich für das erneute Ansteigen der Väterbeteiligung sein. Von einer partnerschaftlichen Teilung der Elternkarenz ist Österreich jedoch noch weit entfernt.

Trotz Kinderbetreuungsgeldreform bis 2022 weniger Väter in Karenz

Das politische Ziel, Väter von Anfang an in die Betreuung ihrer Kinder miteinzubeziehen bzw. die Karenz gleichmäßiger zwischen den Elternteilen aufzuteilen, führte beim Kinderbetreuungsgeld (KBG) und seinen Bezugsvarianten zu mehreren Reformen. Vor allem die 2016 beschlossenen Änderungen, gültig für Geburten ab März 2017, sollten wesentliche Anreize für die Väterbeteiligung bringen: Neben dem flexiblen Kinderbetreuungsgeldkonto wurde der Familienzeitbonus (FZB) für die gemeinsame Familienzeit in den ersten Wochen nach der Geburt („Papamonat“) sowie der Partnerschaftsbonus (nachträglicher Bonus bei partnerschaftlicher Teilung des KBG-Bezugs) eingeführt.

Der Kinderbetreuungsgeldbezug durch Väter ist in den Jahren nach Wirksamwerden der Reformen jedoch zurückgegangen statt gestiegen. Die Rückschritte bei der Väterbeteiligung zwischen 2016 und 2022 werden auch in einem aktuellen Rechnungshof-Bericht kritisiert, der die Leistungen nach dem Kinderbetreuungsgeldgesetz auf deren Effekte überprüfte.

Laut AK Wiedereinstiegsmonitoring ist die prinzipielle KBG-Beteiligung von zuvor überwiegend beschäftigten Männern von 20,5 Prozent (Geburtskohorte 2017) auf 16,7 Prozent (Geburtskohorte 2021) zurückgegangen. Somit bezieht ungefähr jeder 6. Mann Kinderbetreuungsgeld und nimmt zumindest die minimal mögliche Bezugsdauer von zwei Monaten in Anspruch. Berücksichtigt man jedoch alle Bezugsmonate, beträgt der Männeranteil nur rund vier Prozent.

Väterbeteiligung versus partnerschaftliche Teilung

Neben der Beteiligung der Väter beim Kinderbetreuungsgeldbezug ist jedoch auch die Karenzdauer von großer Bedeutung für die Erreichung von Gleichstellungszielen und die Ermöglichung einer aktiven Vaterschaft. Die meisten Väter, die Kinderbetreuungsgeld beziehen, unterbrechen ihre Erwerbstätigkeit nur kurz (unter drei Monate). Der Minimalbezug von zwei Monaten – mit der Möglichkeit einer überschneidenden Inanspruchnahme mit der Mutter – reicht oft nicht aus, um Väter eine eigenverantwortliche Betreuungsrolle einnehmen zu lassen.

Außerdem führt eine längere Väterkarenz auch zu einem früheren Berufseinstieg der Mütter: Bei Frauen, deren Partner eine Erwerbsunterbrechung von über sechs Monaten aufweist, sind laut Wiedereinstiegsmonitoring überdurchschnittlich viele (rund 90 Prozent) zum zweiten Geburtstag des Kindes wieder zurück im Job.

Für den Partnerschaftsbonus wird eine annähernd gleiche Aufteilung des KBG-Bezugs im Ausmaß von zumindest 40:60 vorausgesetzt.

Derzeit unterbricht von den 16,7 Prozent der zuvor überwiegend beschäftigten Väter, die Kinderbetreuungsgeld beziehen, mehr als die Hälfte nur für die Minimaldauer von zwei Monaten ihre Erwerbstätigkeit. Ein Viertel der Väter unterbricht die Erwerbstätigkeit gar nicht und bezieht nur die Geldleistung. Nur ein sehr kleiner Anteil (insgesamt drei Prozent und weniger als jeder fünfte Vater mit KBG-Bezug) unterbricht die Erwerbstätigkeit drei Monate oder länger (siehe Grafik).

© A&W Blog


Väteranteil steigt 2023 wieder leicht an

Die Auswertung aktuell verfügbarer Statistiken zum Kinderbetreuungsgeldbezug (Monatsstatistiken des Bundeskanzleramtes zu einem Stichtag ohne Berücksichtigung eventueller Nach- oder Doppelmeldungen) zeigt einen leichten Aufwärtstrend bei der Väterbeteiligung: 2023 steigt der Männeranteil beim KBG-Bezug im Jahresdurchschnitt wieder an (von rund 4 Prozent auf 4,2 Prozent gemessen an den Bezugsfällen). Auch in den bereits verfügbaren Monatsstatistiken für 2024 zeigt sich insgesamt eine Tendenz nach oben. Da es in den Sommermonaten Juni bis August immer einen überdurchschnittlich hohen Väteranteil beim Kinderbetreuungsgeldbezug gibt (dieses Phänomen ist auch in den Jahren davor zu beobachten), wäre die Berechnung eines Jahresdurchschnittes mit den aktuell verfügbaren Daten bis Oktober 2024 noch mit Verzerrungen verbunden. Man kann jedoch davon ausgehen, dass die Väterquote auch 2024 nicht sinken wird.

Ein Grund für das Ende des Rückgangs könnte die geänderte gesetzliche Ausgestaltung des Familienzeitbonus (FZB) sein. Seit 2023 ist die gleichzeitige Inanspruchnahme von FZB und KBG möglich, ohne dass der FZB vom danach bezogenen KBG abgezogen wird. „Väterkarenz“ steht somit nicht mehr in Konkurrenz mit dem „Papamonat“.

Der Verdrängungseffekt vom Familienzeitbonus bis 2022

Eine Evaluierung des 2017 neu eingeführten Kinderbetreuungsgeldkontos und der Familienzeit erklärt die verfehlte Wirkung der Reform unter anderem mit dem 2019 eingeführten Rechtsanspruch auf Familienzeit (Freistellung anlässlich einer Geburt). Die Inanspruchnahme des Familienzeitbonus (FZB) ist seitdem stark angestiegen, hatte aber den Nachteil, dass der erhaltene Geldbetrag bei einem späteren Bezug von Kinderbetreuungsgeld (KBG) durch den zweiten Elternteil in derselben Höhe wieder abgezogen wurde. Dadurch wird ein Verdrängungseffekt vom Kinderbetreuungsgeld hin zum Familienzeitbonus abgeleitet.

Dieser Zusammenhang wird auch in einer Sonderauswertung im AK Wiedereinstiegsmonitoring belegt. Der Anteil der Partnerschaften, in denen Männer nur den FZB bezogen haben, aber kein KBG, ist in den beobachteten Geburtenjahrgängen bis 2021 stark gestiegen. Prozentuell an allen Geburten hat es zwischen 2018 und 2021 fast eine Verdoppelung der Inanspruchnahme vom Familienzeitbonus gegeben. Der Bezugsanteil der Männer beim Kinderbetreuungsbezug ist im selben Zeitraum jedoch gesunken, wie nachfolgende Grafik verdeutlicht.


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Der Anteil der Männer, die für Geburten 2021 sowohl den Familienzeitbonus als auch Kinderbetreuungsgeld bezogen haben, betrug laut aktuellem AK Wiedereinstiegsmonitoring lediglich 2 Prozent. In den meisten Paarkonstellationen wurde nur der FZB allein in Anspruch genommen. Bezahlte Familienzeit („Papamonat“) wurde also der Väterkarenz vorgezogen, obwohl eigentlich beides möglich und politisch gewünscht wäre.

Beteiligungseffekt durch Nachbesserungen beim Familienzeitbonus ab 2023?

Seit 1.1.2023 ist die Inanspruchnahme vom Familienzeitbonus ohne Verluste bei späterer Väterbeteiligung am Kinderbetreuungsgeld möglich. Auch die Höhe der Leistung hat sich infolge des Anti-Teuerungs-Pakets der Regierung ab 2023 deutlich erhöht. Dadurch ist nicht nur die Inanspruchnahme von Familienzeit stark angestiegen, möglicherweise gibt es dadurch auch einen positiven Effekt für die Beteiligung der Väter beim Kinderbetreuungsgeld. Die Verbesserungen beim Familienzeitbonus wurden seitens der Arbeiterkammer lange Zeit eingefordert und zeigen jedenfalls schon erste Erfolge.

Laut aktuellsten Daten aus den verfügbaren Monatsstatistiken (Durchschnitt über das erste Halbjahr 2024) werden beim Familienzeitbonus österreichweit bereits über 2.500 Inanspruchnahmen proMonat gezählt, 2021 waren es im Schnitt rund 1.100. Nach einer Verdoppelung der Inanspruchnahmen zwischen 2017 und 2021 ist von 2022 auf 2024 nochmals mit einem Anstieg um fast das Doppelte zu rechnen. Es kann davon ausgegangen werden, dass aktuell bereits bei jeder fünften bis sechsten Geburt ein Familienzeitbonus in Anspruch genommen wird.

Der durch die Familienzeit ermöglichte frühe Bindungsaufbau zwischen Vater und Neugeborenem gibt Hoffnung, dass sich zukünftig mehr Väter dazu entschließen, zusätzlich zum „Papamonat“ auch Elternkarenz in Anspruch zu nehmen. Der Weg zu einer partnerschaftlichen Teilung der Karenzdauer ist jedoch noch weit. Damit stärkere Väterbeteiligung nicht nur ein Hoffnungsschimmer bleibt, braucht es seitens der Regierung weitere Maßnahmen wie die

  • Ausweitung von nicht übertragbaren Bezugstagen beim Kinderbetreuungsgeld für den zweiten Elternteil,
  • Koppelung von Kinderbetreuungsgeldbezug an Elternkarenz,
  • Erhöhung des Partnerschaftsbonus und Infokampagnen zur Bewerbung dieser Leistung,
  • Einführung eines Rechtsanspruchs auf Kinderbetreuung ab dem 1. Geburtstag, um eine Umsetzung der einkommensabhängigen Kinderbetreuungsgeldbezugsvariante (mit Wiedereinstieg in den Beruf nach 12 bzw. 14 Monaten KBG-Bezug) überall in Österreich zu ermöglichen,
  • Umsetzung des AK/ÖGB-Modells der Familienarbeitszeit.
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