Im Burgenland macht man einen logischen nächsten Schritt in Sachen Kinderbetreuung, der zur besseren Vereinbarkeit wesentlich beiträgt: Ferienschließzeiten soll es in Zukunft keine mehr geben. Die Kinderbetreuungseinrichtungen werden beginnend mit 2025 ganzjährig geöffnet sein – die gesetzlichen Feiertage ausgenommen.
Es war zweifellos der große Wurf für alle berufstätigen Eltern, als im Burgenland 2019 der kostenlose Besuch von Kinderkrippen und Kindergärten beschlossen wurde. Damals wurde die Ausweitung der Ferienöffnungszeiten gleich mitgeregelt. Ab vier Kindern waren die Gemeinden (im Burgenland sind sie in mehr als 90 Prozent der Fälle die Erhalter und Träger der Einrichtungen) verpflichtet, die Kinderkrippen und Kindergärten auch in Zeiten von Schulferien offen zu halten.
Überwindung von Anlaufproblemen beim Sommerkindergarten
Die an sich positive Weiterentwicklung zeigte nach den ersten Bedarfserhebungen, die von den Gemeinden durchgeführt wurden, ihre Tücken und trieb so manch fantasievolle Blüten. Der Kern des Problems: Die Bedarfserhebungen wurden nicht als Instrument zur wertfreien Abfrage von Bedarfen genutzt, sondern seitens der Gemeinden teils sehr individuell dahingehend angepasst, zusätzliche Hürden einzuziehen. Das zeigte sich etwa bei Anfragen in der AK von verärgerten bis verzweifelten Eltern. Sie berichteten von eingeforderten Arbeitgeberbestätigungen von Dienstzeiten und genehmigten Urlauben bis hin zu Strafzahlungen bei Nichterscheinen des Kindes zum angemeldeten Sommerkindergarten.
Einiges konnte nach dem gehäuften Auftreten von Anfragen schnell gelöst werden – so wurde das Verlangen von Arbeitergeberbestätigungen sofort unterbunden und eine Formularvorlage des Landes für die Bedarfserhebungen erstellt, an die sich die Gemeinden verbindlich halten mussten. Gegen andere Maßnahmen, wie das Einheben von „Ausfallsbeiträgen“, hatte das Land aufgrund der bisher geltenden gesetzlichen Bestimmungen allerdings keine Handhabe.
Die konkreten Verbesserungen
Mit der nun vorliegenden Novelle des Kinderbildungs- und Betreuungsgesetzes (der Begutachtungsprozess ist bereits abgeschlossen) wird endlich die ganzjährige Betreuung ohne zeitliche Einschränkung durch Ferien vorgesehen. Das ist eine enorme Entlastung und Erleichterung für berufstätige Eltern. Mit der ganzjährigen Öffnung ohne Einschränkung der Tagesöffnungszeiten geht auch der Entfall der Bedarfserhebungen einher. Und auch der Ausschluss von Vertragsstrafen zwischen Kindergartenbetreiber:innen und Obsorgeberechtigten ist in der Novelle vorgesehen. Die „Ausfallsbeiträge“, die oft als Strafzahlungen für spontane Familienaktivitäten wie Badetage oder notwendige Erledigungen mit dem Kind empfunden wurden, gehören damit der Vergangenheit an.
Nicht auf dem Rücken der in der Elementarpädagogik Beschäftigten
Neben den offensichtlichen Verbesserungen für berufstätige Eltern, die vor allem Planungssicherheit und Verlässlichkeit bedeuten, steht aufseiten der in den Kindergärten beschäftigten Arbeitnehmer:innen allerdings die Frage: Wie soll sich das alles ausgehen? Der Druck auf diese Gruppe der Beschäftigten und der dringende Bedarf an zusätzlichen Pädagog:innen ist österreichweit evident. Um hier keine weitere Verunsicherung aufkommen zu lassen, ist es dringend notwendig, dass die gesetzten Maßnahmen nicht zulasten der Mitarbeitenden in den Einrichtungen gehen. Insbesondere ist hier auf die Möglichkeit zum Verbrauch des gesetzlichen Erholungsurlaubs Bedacht zu nehmen – wie das auch die zuständige Fachgewerkschaft Younion gefordert hat.
Klar ist, dass durch den Ganzjahreskindergarten der Personalbedarf steigt. Seitens der Gemeinden muss also dringend auch das notwendige Personal zur Verfügung gestellt werden. Ansonsten besteht die Gefahr, dass noch mehr Kolleg:innen ihren Beruf verlassen, oder es geht zulasten der geplanten Verlängerung der Tagesöffnungszeiten. Nach dem Motto: Wenn eine Betreuungslücke geschlossen wird, geht andernorts eine Betreuungslücke wieder auf.
Verantwortung übernehmen – Bundesmittel zur Verfügung stellen!
Die Sicherstellung einer qualitativ guten, ganzjährigen Kinderbetreuung ist im Interesse der Eltern, der Kinder, der Gemeinden und auch der Beschäftigten in den Kinderbildungs- und -betreuungseinrichtungen. Dafür ist es aber notwendig, die Maßnahmen immer Hand in Hand mit den in den Einrichtungen für die Qualität maßgeblich Verantwortlichen zu setzen: nämlich gemeinsam mit den beschäftigten Pädagog:innen, Assistenz- und Hilfskräften.
Klar ist auch: Ohne mehr Personal und die dafür notwendigen finanziellen Mittel wird es nicht gehen. Eine österreichweit breit angelegte Ausbildungsoffensive ist ebenso längst überfällig wie eine Kindergartenmilliarde, bei der tatsächlich eine Milliarde mehr pro Jahr in den Ausbau und den Erhalt der Kinderbetreuungseinrichtungen fließt. Zur Erreichung der Barcelona-Ziele braucht es für den notwendigen Ausbau der Kinderkrippen allein im Burgenland rund 300 zusätzliche Pädagog:innen bis 2030.
Es sind große Herausforderungen, die an Fragen der Kinderbetreuung geknüpft sind. Gleichzeitig sehen wir uns mit Forderungen seitens der Wirtschaft konfrontiert, die eine weitere Flexibilisierung und Ausdehnung der Arbeitszeit vorsehen. Das führt unweigerlich zu noch größeren Problemen bei der Betreuung. 12-Stunden-Tage einführen und gleichzeitig Teilzeitkräfte strafen wollen – bei dieser Politik bleiben Familien auf der Strecke.
Verantwortungsvolle Politik für Eltern, Kinder und die Beschäftigten muss daher Folgendes angehen:
- Ausreichend Finanzressourcen, Personal und Zeit für Weiterbildung, um den qualitätsvollen Ausbau der Kinderbetreuung in ganz Österreich sicherzustellen
- Bessere finanzielle Absicherung in der Ausbildung inklusive Ausbau der Ausbildungsplätze
- Rechtsanspruch auf einen Kinderbetreuungsplatz
- Kindergartenmilliarde, die tatsächlich jährlich als eine zusätzliche Milliarde mehr in den Ausbau fließt
Das Burgenland setzt mit dem Ganzjahreskindergarten einen notwendigen und wichtigen nächsten Schritt im Ausbau der Kinderbildung und -betreuung. Allein auf Landesebene lässt sich allerdings nicht alles regeln. Es braucht eine verantwortungsvolle Politik für Familien und Kinder, für die der Bund die dafür notwendigen Mittel zur Verfügung stellt. Eine Politik, die anerkennt, dass eine (Rück-)Verlagerung dieser wichtigen Bildungs- und Betreuungsaufgaben ins Private weder im Interesse der Kinder noch im Interesse der Gesellschaft und schon gar nicht im Interesse der Eltern – und hier insbesondere der Frauen – liegt.