Während die sozialen Spannungen Frankreich zu blockieren drohen und die Regierung weiterhin den Dialog und Kompromiss verweigert, erweist sich das Gesetz zur Reform des Arbeitsmarkts immer deutlicher als das, was es ist: ein heilloses Durcheinander, ein weiteres in einer fünfjährigen verpatzten Regierungszeit, und vielleicht das schlimmste.
Die Regierung will uns glauben machen, dass sie den Preis dafür zahlt, Reformen voranzubringen, und dass sie allein gegen alle Formen von Konservatismus kämpft. Die Wahrheit sieht auch bei diesem Thema anders aus: Die Regierungsmacht vervielfältigt die Improvisationen, Lügen und den handwerklichen Pfusch.
Das zeigte sich bereits beim Thema Wettbewerbsfähigkeit. Die Regierung stieg damit ein, dass sie – zu Unrecht – die Kürzungen der Arbeitgeberbeiträge zurücknahm, die die vorherige Regierung veranlasst hatte, bevor sie ein unwahrscheinliches Monsterverfahren startete, und zwar in Form eines Steuerkredits, der darauf zielte, den Unternehmen einen Teil der ein Jahr zuvor geleisteten Beiträge zu erstatten, wobei sie einen enormen Reibungsverlust wegen des Mangels an Verständlichkeit und Nachhaltigkeit ihrer Maßnahmen bewirkte. Stattdessen hätte sie eine ehrgeizige Reform der Finanzierung der Sozialversicherung angehen sollen.
Mangelnde Vorbereitung und Zynismus
Man begegnet beim Arbeitsgesetz der bekannten Mischung aus mangelnder Vorbereitung und Zynismus. Dass die Arbeitslosigkeit seit 2008 immer weiter steigt (von 2,1 Millionen Arbeitssuchenden der Kategorie A (Arbeitslose, die über gar kein Arbeitseinkommen verfügen) Mitte 2008 auf 2,8 Millionen Mitte 2012 und auf 3,5 Millionen Mitte 2016), liegt nicht daran, dass das Arbeitsmarktgesetz auf einmal immer rigider werden würde. Es liegt daran, dass Frankreich und die Eurozone durch übertriebene Austerität von 2011 bis 2013 einen absurden Beschäftigungsrückgang ausgelöst haben, im Gegensatz zu den USA und dem Rest der Welt, sodass sie aus einer Finanzkrise, die über den Atlantik kam, eine langdauernde Rezession in Europa machten.
Wenn die Regierung beginnen würde, ihre Fehler einzugestehen und daraus Schlussfolgerungen für die demokratischen Reformen in der Eurozone und ihre Haushaltskriterien ziehen würde, wäre es viel einfacher, auch über die notwendigen Reformen zu sprechen, die dafür in Frankreich umgesetzt werden müssen.
Das ist umso bedauerlicher, als das Arbeitsrecht tatsächlich diskussionswürdig ist. Der zunehmende Einsatz von befristeten Arbeitsverträgen durch französische Unternehmen hat die Arbeitslosigkeit nie reduziert. Es ist höchste Zeit, ein Bonus-Malus-System einzurichten, das jene Arbeitgeber stärker belastet, die die Prekarität und die Arbeitslosenversicherung missbrauchen. Allgemeiner gesagt, würde es den Einsatz von befristeten Arbeitsverträgen auf jene Fälle beschränken, in denen sie wirklich gerechtfertigt sind, und unbefristete Arbeitsverträge zum Standard bei Neueinstellungen zu machen.
Im Gegenzug sollte eine Klärung der Bedingungen für den Abbruch einer Beschäftigung erfolgen, die derzeit für Arbeitnehmer und Arbeitgeber zu viele Unwägbarkeiten enthält. Das wären die Voraussetzungen für eine ausgewogene Reform auf Basis des Gebens und Nehmens, zu deren Unterbreitung die Regierung leider unfähig war.
Die Debatte konzentriert sich nun auf Artikel 2 des Arbeitsmarktgesetzes, der Vereinbarungen auf betrieblicher Ebene zur neuen Norm erklärt, mit denen es möglich ist, von Branchenvereinbarungen und nationalen Gesetzen abzuweichen, insbesondere bei Fragen der Arbeitszeitorganisation und der Bezahlung von Überstunden. Die Materie ist komplex und eignet sich nicht für einfache Antworten, wie auch der Umfang des Gesetzentwurfs zeigt (588 Seiten für das gesamte Projekt, davon 50 Seiten für Artikel 2).
Es liegt auf der Hand, dass einige sehr spezifische Entscheidungen über Pausen und Zeitpläne nur auf betrieblicher Ebene getroffen werden können. Umgekehrt gibt es andere, eher strukturelle Regelungen, die auf nationaler Ebene entschieden werden müssen, da sonst der Wettbewerb zwischen den Unternehmen zu Sozialdumping führen kann. Zum Beispiel gibt es in Ländern ohne eine ehrgeizige nationale Gesetzgebung über bezahlten Urlaub nur sehr wenige Urlaubstage, trotz des historischen Anstiegs der Löhne, was kollektiv absurd sein kann.
Die Illusion ausgewogener betrieblicher Regelungen
Was die Vereinbarungen auf Unternehmensebene betrifft, so erblickten einige in deren Aufstieg in Deutschland in den 2000er Jahren einen der Schlüssel für den aktuellen Erfolg des deutschen Modells. Die Debatte ist eröffnet, und sie ist legitim. Doch sollten zwei Punkte hervorgehoben werden. Erstens ist zu bedenken, dass sich die guten Beschäftigungsdaten in Deutschland teilweise durch das ungewöhnlich hohe Niveau seines Handelsüberschusses von durchschnittlich mehr als 8% des BIP in den letzten fünf Jahren erklären.
Mit anderen Worten, jedes Mal, wenn Deutschland 100 € an Gütern oder Ausrüstungs-gegenständen produziert, verbraucht und investiert es davon nur 92 € im Land selbst. Ein solch bedeutsamer und dauerhafter Handelsüberschuss ist für eine Volkswirtschaft dieser Größe historisch beispiellos.
Zugegeben, dies erklärt sich zum Teil durch die Stärken des deutschen Industrie- und Sozialmodells, insbesondere seine herausragende Integration in die neuen Produktionskreisläufe in Mittel- und Osteuropa im Gefolge der europäischen Erweiterung der 2000er Jahre. Aber es resultiert eben auch aus einer übertriebenen Lohnzurückhaltung, die wahrscheinlich durch den Anstieg der Betriebsvereinbarungen und den Standortwettbewerb geschürt wurde, was letztlich auf Kosten der Wirtschaftstätigkeit der Nachbarn geschah.
Wenn eine solche Strategie auf ganz Europa ausgedehnt werden sollte, dann wäre sie per Definition zum Scheitern verurteilt: Niemand auf der Welt könnte solche Handelsüberschüsse aufnehmen. Dies würde den aktuellen Trend verschärfen, der unseren Kontinent geradewegs in ein dauerhaftes Regime geringen Wachstums, Lohndeflation und erhöhter Verschuldung führt.
Hervorzuheben ist aber, dass eine der Stärken des deutschen Modells auf starken und vertretungsmächtigen Gewerkschaften basiert. Angesichts der Schwäche der französischen Gewerkschaften und ihrer Verankerung in den Betrieben erscheint es illusorisch, ausgewogene Vereinbarungen auf betrieblicher Ebene zu entwickeln. Unter diesen Umständen wäre es besser, den Artikel 2 neu zu schreiben, um die Branchenvereinbarungen zu bevorzugen, die vor dem Hintergrund der aktuellen Situation der französischen Gewerkschaftsbewegung die relevanteste und vielversprechendste Ebene darstellen. Wie Thomas Breda gezeigt hat, sind Gewerkschaftsvertreter nicht nur in den kleinsten, sondern auch in den mittelgroßen Betrieben weitgehend abwesend, teils wegen der nachgewiesenen Lohndiskriminierung, die gegen sie angewandt wird.
Man erkennt hier die Konfliktkultur wieder, an der ein Großteil der französischen Arbeitgeber festhält, was man auch an den unklugen Verbalattacken des Chefs des Arbeitgeberverbands MEDEF gegen die CGT gesehen hat. In Nordeuropa spielen Gewerkschaftsvertreter seit Jahrzehnten eine wichtige Rolle in den Aufsichtsräten (sie besetzen ein Drittel der Sitze in Schweden, die Hälfte in Deutschland), und die Unternehmen haben gelernt, von der stärkeren Einbeziehung der Mitarbeiter in die Unternehmensstrategie zu profitieren.
Dieses Modell der Mitbestimmung, das nach dem Zweiten Weltkrieg erfunden wurde, könnte in Zukunft weiter verbessert werden, zum Beispiel, indem Mitarbeiter ein Stimmrecht auf der Hauptversammlung der Aktionäre erhalten, die somit zu gemischten Versammlungen würden, was es erlauben würde, Mitglieder zu ernennen, die Entwicklungsprojekte verkörpern, die für beide Parteien vielversprechend sind. Aber derzeit steckt Frankreich noch in den Kinderschuhen auf der Bühne der Verhandlungen über die soziale und wirtschaftliche Demokratie.
Die Umgehung von betrieblichen Wahlen
Allgemein besteht die größte Schwäche des französischen Arbeitsrechts darin, die Schwäche der Gewerkschaften und die Möglichkeiten, ihr abzuhelfen, nicht ausreichend zu berücksichtigen. Schlimmer noch: Das Arbeitsgesetz enthält Bestimmungen, die die Gewerkschaften und ihre Vertreter noch weiter zu schwächen drohen. Dies gilt insbesondere für Maßnahmen zu Referenden auf Betriebsebene, wie sie in Artikel 10 enthalten sind.
Das Ziel ist es, den Arbeitgebern zu ermöglichen, per Referendum – und unter Bedingungen, die oft einer Erpressung gleichkommen – Vereinbarungen aufzuzwingen, die bisher noch von den Gewerkschaften abgelehnt wurden, die bis zu 70% der Belegschaften eines Unternehmens bei den letzten betrieblichen Wahlen vertraten. Es versteht sich, dass sich die CFDT in bestimmten Fällen damit abfinden kann: Ihr würde mit 30% der Stimmen ermöglicht, die anderen Gewerkschaften zu umgehen, vor allem die CGT, und eine Vereinbarung direkt mit dem Arbeitgeber zu verhandeln.
Diese Umgehung von betrieblichen Wahlen – die alle vier Jahre stattfinden – geht wieder hinter die zaghaften demokratischen Fortschritte bei der Reform der gewerkschaftlichen Vertretungen zurück, die gerade in den Jahren 2004-2008 in Kraft gesetzt worden waren. Diese hatten erstmals Gewerkschaften, die 50% der Stimmen auf sich vereinigten, die entscheidende Rolle bei der Unterzeichnung von betrieblichen Vereinbarungen eingeräumt (während das bisherige System jeder der seit 1945 bestehenden fünf Gewerkschaften erlaubte, Abkommen zu unterzeichnen, unabhängig von ihrer Vertretung im Unternehmen, was dem französischen Sozialmodell nicht zugutekam).
Alle Beispiele aus anderen Ländern zeigen: Wirtschaftsdemokratie braucht Mittlerorganisationen. Wenn ein beträchtlicher Teil der Gewerkschaften und des französischen Gemeinwesens in die Opposition und Frustration getrieben wird, dann wird Frankreich jedenfalls nicht aus der Krise kommen.
Anmerkung: Dieser Artikel erschien ursprünglich als Blogbeitrag in Le Monde und wurde für die Zeitschrift Sozialismus übersetzt, die uns – sowie bereits zuvor der Zeitung Neues Deutschland – den Beitrag freundlicherweise zur Verfügung stellte.