Demnächst wird der Ageing Report 2015 der Europäischen Kommission publiziert. Darin werden unter anderem auf Basis der aktuellen Rechtslage die öffentlichen Pensionsausgaben bis 2060 abgeschätzt. Die ersten nun vorliegenden Ergebnisse zeigen trotzt deutlicher Alterung der Bevölkerung einen nur sehr moderaten Zuwachs bei den öffentlichen Pensionsausgaben. Diese Expertise sollte einen wichtigen Beitrag zu einer notwendigen Objektivierung und Versachlichung der Pensionsfinanzierungsdiskussion leisten und den „Unfinanzierbarkeitspropheten“ eine seriöse Perspektiveneinschätzung gegenüberstellen, die schwerlich ignoriert werden kann.
Die Europäische Kommission veröffentlicht alle 3 Jahre im Rahmen des Ageing Reports Langfristprojektionen zu den voraussichtlichen alterungsbedingten Ausgabenentwicklungen. Im Pensionsbereich leistet der Ageing Report damit einen nicht zu überschätzenden Beitrag zu einer umfassenden Einschätzung der Finanzierungsperspektiven, weil er sich nicht nur auf die gesetzliche Pensionsversicherung beschränkt, sondern durch die Einbeziehung der Beamtenpensionssysteme das öffentliche Pensionssystem in seiner Gesamtheit abbildet. Anders als die Langfristberechnungen der Pensionskommission, die durch die Beschränkung auf die gesetzliche Pensionsversicherung zwangsläufig nur eine unvollständige und auch erheblich verzerrte Ausschnittbetrachtung leisten können, liefert der Ageing Report die erforderliche Gesamtanalyse der Ausgabenentwicklung des öffentlichen Pensionssystems. Es ist eigentlich bemerkenswert, dass auf nationaler Ebene (noch) keine Langfristprojektionen für das Pensionssystem insgesamt durchgeführt werden und es hierfür des EU-Ageing Reports bedarf.
Ageing Report liefert erforderliche Gesamtanalyse der Pensionsausgabenentwicklung
Bekanntlich stellt die Harmonisierung der Pensionssysteme einen wichtigen Baustein zur langfristigen Sicherstellung der Angemessenheit und (finanziellen) Nachhaltigkeit des österreichischen Pensionssystems dar. Das schrittweise Wirksamwerden des Pensionskontensystems auch für (Bundes)Beamte bewirkt langfristig nicht unerhebliche Ausgabendämpfungseffekte, die bei einer isolierten Betrachtung der gesetzlichen Pensionsversicherung ausgeblendet bleiben.
Durch die isolierte Analyse der Pensionsversicherung werden aber auch bloße Ausgabenverschiebungen als Ausgabensteigerungen falsch dargestellt. Die beträchtlichen Verschiebungen in der Erwerbsstruktur durch den deutlichen Rückgang der Beamtenzahl aufgrund von Ausgliederungen und merklich veränderter Pragmatisierungspraxis bewirkt zeitlich verzögert auch eine entsprechende Verschiebung des Pensionsaufwandes und der Bundesmittel für Pensionen von den Beamtensystemen zum ASVG-Bereich. Das führt natürlich zu einem deutlichen Anstieg des relativen Pensionsaufwandes in der Pensionsversicherung, dem allerdings entsprechende Ausgabenminderungen in den Beamtensystemen gegenüberstehen – was bei isolierter Betrachtung des Teilsystems Pensionsversicherung wiederum ausgeblendet bleibt.
Eine seriöse und aussagekräftige Analyse der voraussichtlichen Pensionsausgabenentwicklung – auch aus budgetärer Sicht – kann daher nur auf Basis einer Gesamtbetrachtung erfolgen!
Ageing Report 2015 zeigt äußerst moderate Pensionsausgabenentwicklung
Der letzte Ageing Report wurde 2012 publiziert. Der aktuelle Ageing Report 2015 wurde bereits fertiggestellt und sollte demnächst veröffentlicht werden. Erste interessante Ausführungen zu den wichtigsten Ergebnissen des Ageing Reports 2015 finden sich nun in der Fortschreibung des österreichischen Stabilitätsprogramms für die Jahre 2014 – 2019. Demnach steigen auf Basis der geltenden Rechtslage und unter Berücksichtigung der bereits beschlossenen weitreichenden Reformmaßnahmen die gesamten öffentlichen Pensionsausgaben von 13,9% des BIP im Jahr 2013 bis zum Jahr 2060 auf gerade einmal 14,4% des BIP. Der Anstieg beträgt damit 0,5% des BIP! Der Höchststand wird laut den Projektionen mit dem Hineinwachsen der Baby-Boom-Generation in das Pensionsalter im Jahr 2037 mit 14,7% des BIP berechnet, der maximale Anstieg liegt damit bei 0,8% des BIP. Im Detail steigen dabei – mitbedingt durch die massiven Verschiebungen in der Erwerbstätigenstruktur – die Ausgaben in der gesetzlichen Pensionsversicherung von derzeit 10,4% des BIP bis 2060 auf 13,4% des BIP, während sich im gleichen Zeitabstand die Pensionsaufwendungen für Beamtinnen und Beamte von 3,5% auf 0,9% des BIP vermindern.
Die bereits beschlossenen Reformen zeigen offensichtlich erhebliche Auswirkungen auf die Ausgabenentwicklung. Die durch die Finanzkrise und ihre schwerwiegenden Folgen in nur wenigen Jahren bewirkte relative Aufwandssteigerung liegt damit über dem für die nächsten Jahrzehnte vorausgesagten alterungsbedingten Kostenanstieg.
Die voraussichtliche Entwicklung der relativen Pensionsausgaben kann natürlich nicht losgelöst von den massiven Verschiebungen in der Altersstruktur gesehen werden. Die Langfristprojektionen des Ageing Reports gehen für Österreich auf Basis von Demografieprojektionen von Eurostat (vgl. zu den dem Ageing Report zugrundeliegenden Annahmen und Methoden) von einer nahezu Verdoppelung des Altenquotienten (Relation der 65Jährigen und Älteren zu den 15-64Jährigen) von heute 27% auf knapp 51% bis 2060 aus. Die Bevölkerungsgruppe der 65Jährigen und Älteren würde demnach um mehr als 80% anwachsen. Es ist offensichtlich, dass für die angemessene Absicherung einer so deutlich steigenden Anzahl an Älteren künftig auch ein größerer Anteil am erwirtschafteten Einkommen reserviert werden muss. Darstellungen, dass jeder Anstieg des relativen Pensionsaufwandes als Ausdruck mangelnder finanzieller Nachhaltigkeit zu werten wäre, ist vor dem Hintergrund der massiven Verschiebungen in der Altersstruktur geradezu widersinnig.
„Experten“, die weiterhin die drohende Unfinanzierbarkeit des öffentlichen Pensionssystems an die Wand malen, sollten vor dem Hintergrund dieser Analyse künftig wohl eher als „Verunsicherungsexperten“ denn als Pensionsexperten wahrgenommen werden.