Ganz nach dem Motto „Zeig mir deine Eltern und ich sag dir deine Bildung“ lässt sich am österreichischen Schulsystem nach wie vor eine starke Vererbung von Bildungsmöglichkeiten und –chancen nachzeichnen. Durch die Individualisierung von Erfolg und Misserfolg bleiben strukturelle Mechanismen unangetastet. Die Verantwortung verlagert sich vom Kollektiv hin zum Individuum.
Illusion der Chancengleichheit
Bildungswege werden auf individuelle, scheinbar rational getroffene Entscheidungen zurückgeführt und gleiche Chancen propagiert, während es gelingt, selektive Mechanismen zu verschleiern. Die Vorstellung, Bildung sei ein gesellschaftlich wertvolles Gut, dient der Absicherung der Position jener Gruppen, die durch das Bildungssystem gefördert werden und letztlich leitende Funktionen innerhalb der Gesellschaft einnehmen. Überspitzt formuliert könnte man sagen, es sollen ruhig alle versuchen ihre Bildungslaufbahn so lang wie möglich fortzusetzen, um später zu akzeptieren, dass jene die es „geschafft“ haben, eben „besser“ sein müssen und sich mehr angestrengt haben als andere. Der Faktor der institutionalisierten Ungleichbehandlung und die daraus resultierende Ungleichheit gerät aus dem Blickfeld und ist damit selten Gegenstand öffentlicher Diskussionen.
Die immer gleichen Diskussionen um die Universitäten
Während im Schulbereich durchaus über die Verteilung von Chancen diskutiert wird, zeigt sich bei den Universitäten vor allem eine Diskussionen rund um die Finanzierung sowie mögliche Formen der Zugangsbeschränkung. Dabei sind die angeschnittenen Themen über die letzten Jahre überraschend konstant geblieben: Zu wenig Geld und Ressourcen, zu viele Studierende, ein zu schlechtes Betreuungsverhältnis, zu hohe Studiengebühren oder auch zu geringe Einnahmen durch Studiengebühren. Seit Jahren drehen sich die Diskussionen und mit ihnen die Probleme im Kreis, manchmal ganz nach dem Motto „ein Schritt vor, zwei Schritte zurück“.
Der Clou der Studienplatzfinanzierung
Mit dem Gesetz zur Studienplatzfinanzierung Anfang 2013 ist es gelungen, eine schrittweise Einführung von Zugangsbeschränkungen an österreichischen Universitäten zu legitimieren, ohne diese beim Namen nennen zu müssen. Das alleine wäre schon Grund genug, sich mit der entsprechenden Ausgestaltung und Umsetzung eben jener Verfahren zur Verringerung der AnfängerInnenzahlen auseinanderzusetzen. Die Fächer, die von der nunmehr fast zwei Jahre alten Regelung betroffen sind, lassen sich zusammenfassen als jene, die eine besonders starke Nachfrage verzeichnen. Das Interesse an diesen Studienrichtungen ist also ganz offensichtlich größer als gewünscht. Die Studienplatzfinanzierung vergibt, entsprechend den jeweiligen Möglichkeiten von Universitäten, ein gewisses Kontingent an Plätzen, die finanziell gedeckt werden. Für jede Person mehr, steht den Universitäten also kein Geld zur Verfügung. Während GegnerInnen dieser universitätspolitischen Maßnahme, die generelle Implementierung eines solchen Verfahrens kritisierten, ließ auch das Kontra der BefürworterInnen nicht lange auf sich warten. Die angestrebten Kontingente lägen weit über den Möglichkeiten der Universitäten, so dass keine Verbesserung zu erwarten sei.
Die Burgmauer der Universitäten
Denjenigen, die es trotz aller Hürden bis an die Pforten der Universitäten geschafft haben, werden also nicht selten weitere Steine in den Weg gelegt. Die erschwerte Situation von ArbeiterInnenkindern wurde erst kürzlich von Martha Eckl aufgegriffen. Eckl beschreibt vor allem in den Bereichen Studienfinanzierung, soziales Umfeld und Studienorganisation die Problemfelder der Studierenden. Durch die Implementierung der Studienplatzfinanzierung, besteht nunmehr für Fächer wie etwa Wirtschaftswissenschaften, Biologie oder auch Informatik die Möglichkeit, ein Aufnahmeverfahren durchzuführen, um eine Überschreitung ihrer Kapazitäten zu verhindern. Bisher unbeantwortet blieb jedoch die Frage, wie diese Form der Zugangsbeschränkungen auf Studierende aus unterschiedlichen soziokulturellen Schichten wirkt.
Soziale (Selbst-)Selektion
Neben den bislang beobachtbaren Schwierigkeiten für finanziell und kulturell benachteiligte Studierende zeigt sich mit der breiteren Einführung von Aufnahmeverfahren eine weitere Hürde auf dem Weg zu einem tertiären Bildungsabschluss. BefürworterInnen der Studienplatzfinanzierung wiesen insbesondere auf die selbstselektiven Mechanismen dieses Verfahrens hin, frei nach der Idee: „Nur wer wirklich Interesse hat, fängt halt auch ein entsprechendes Studium an“. Dabei wird jedoch ignoriert, wer besonders von unsicheren Aufnahmeverfahren betroffen ist. Die institutionell herbeigeführte (Selbst-)Selektion von Studierenden mit bildungsfernem Hintergrund sollte nicht dazu verleiten, sich selbst auf die Schulter zu klopfen und von einer gelungenen Reduktion der Studierendenzahlen zu sprechen.