Echte Ganztagsschule erspart die Nachhilfe

05. September 2016

Die Ganztagsschule hat in Österreich leider noch Seltenheitswert. Deswegen müssen viele Eltern abends nach der Arbeit noch schnell mit den Kindern Mathe lernen oder Vokabeln abprüfen. Dass das nicht so sein muss, zeigt die neueste österreichweite AK-Nachhilfeerhebung. Schulkinder in Ganztagsschulen benötigen bedeutend weniger oft die Hilfe der Eltern beim Lernen und bei der Hausübung. Gibt es auch noch regelmäßig Förderunterricht, dann sinkt auch der Nachhilfebedarf markant.

 

Unter dem landläufigen Begriff Ganztagsschule verbergen sich in Österreich eine Reihe von Ganztagsbetreuungsangebote in sehr unterschiedlichen Ausprägungen. Es gibt zum ersten die Halbtagsschule mit anschließender Hortbetreuung. Diese muss nicht im selben Gebäude wie die Schule untergebracht sein. Daher ist die Abstimmung mit der Schule oft nicht gegeben. Eine weitere Form der Betreuung stellt die schulische Nachmittagsbetreuung dar. Sie ist für die Eltern ebenso wie die Hortbetreuung am Schulbeginn tageweise wählbar. Eine weitere Betreuungsform findet sich in der AHS (Gymnasium), die sogenannte Mittagsbetreuung. Hier gibt es zwar eine betreute Überbrückung in den Nachmittagsunterricht, aber keine Lernbetreuung für die SchülerInnen. Und dann gibt es noch die verschränkte Ganztagsschule, allerdings macht diese Betreuungsform gerade mal 2% aller Schulen aus. Hier sind der Nachmittagsunterricht und die Freizeitbetreuung abwechselnd über den Tag verteilt und verpflichtend. Da dieses System für die Eltern sehr unübersichtlich ist und die „verschränkte Ganztagsschule“ für viele ein unbekannter Begriff ist, wurde bei der AK-Nachhilfeerhebung nach der „verpflichtenden Anwesenheitspflicht“ gefragt.

Geht das Kind in eine Nachmittagsbetreuung, egal ob Hort oder schulische Betreuung, ist das tägliche Lernen der Eltern mit ihren Kindern bis zu vier Mal so häufig als das der Eltern, die ihre Kinder in einer Ganztagsschule mit verpflichtender Anwesenheitspflicht untergebracht haben.

Ähnlich sieht es beim Nachhilfebedarf aus. Im Schuljahr 2015/16 benötigen 19% aller österreichischen SchülerInnen (ohne Berufsschule) eine Nachhilfe, 15% davon eine bezahlte. Weitere 4% hätten gerne eine gehabt, aber nicht bekommen, entweder weil die Nachhilfe zu teuer ist oder nicht in der Nähe angeboten wird.

OECD empfiehlt Ausbau der Ganztagsschule

In Ganztagsschulen reduziert sich der Nachhilfebedarf bei sämtlichen Schulformen generell auf 14 %. Besonders stark sinkt der Bedarf dann, wenn an diesen Schulen ein regelmäßiger Förderunterricht angeboten wird. Von jenen SchülerInnen, die ein solches Angebot in einer Ganztagsschule nutzen können, benötigen lediglich 4 Prozent im laufenden Schuljahr eine bezahlte Nachhilfe.

Fasst man alle SchülerInnen mit regelmäßigem Förderunterricht zusammen, egal ob sie in eine verschränkte Ganztagsschule, einen Hort oder eine schulische Tagesbetreuung besuchen, benötigen 9 % eine bezahlte Nachhilfe.

Dekoratives Bild © A&W Blog
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Es kommt auf die Qualität und das Ausmaß des Förderunterrichts an. Wie in der Grafik deutlich zu erkennen ist, sind Ganztagsschulen sind jedoch nicht per se besser als Halbtagsschulen mit einer Nachmittagsbetreuung. Eigentlich sind sie erst dann ein Gewinn für Eltern und für Kinder, wenn sie in verschränkter Form, dh die Umsetzung des pädagogisch fundierten Konzepts der Abwechslung von Unterricht, regelmäßigen Fördereinheiten und Freizeitphasen mit Sport, geführt werden.

Im neuesten nationalen Bildungsbericht Österreich 2015 läßt sich allerdings nachlesen, dass 2013/14 zwar 42% aller VolksschulleiterInnen angaben, ein ganztägiges oder nachmittägliches Betreuungsangebot zu haben, aber  nur 2% aller Schulen in verschränkter Form. In der Sekundarstufe I gab es an 48% der Schulen ein Betreuungsangebot, davon aber nur 4,4% in verschränkter Form. Daher fordert die OECD den Ausbau der Ganztagsschulen mit verschränktem Unterricht und geht dabei einher mit einer langjährige Forderung der Arbeiterkammer.

Im neuesten nationalen Bildungsbericht Österreich 2015 lässt sich allerdings nachlesen, dass 2013/14 zwar 42% aller VolksschulleiterInnen angaben, ein ganztägiges oder nachmittägliches Betreuungsangebot zu haben, aber nur – wie bereits erwähnt – 2% aller Schulen in verschränkter Form. In der Sekundarstufe I gab es an 48% der Schulen ein Betreuungsangebot, davon aber nur 4,4% in verschränkter Form. Daher fordert die OECD den Ausbau der Ganztagsschulen mit verschränktem Unterricht und geht dabei einher mit einer langjährige Forderung der Arbeiterkammer.

Kinder von wenig verdienenden Eltern benachteiligt

Eines zeigt die AK-Studie sehr deutlich – Kinder von WenigverdienerInnen sind klar benachteiligt. So entfallen in Österreich auf Haushalte mit einem monatlichen Netto-Einkommen bis 1.600 Euro nur 7 Prozent aller bezahlten Nachhilfen. 38 Prozent aller bezahlten Nachhilfen werden von Eltern engagiert, die über ein HH-Einkommen von mehr als 3.000 Euro verfügen.

Dekoratives Bild © A&W Blog
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Ganztägige Schulen sind sozial gerechter, da, wie bereits eingangs beschrieben, die Kosten für die Nachhilfe sinken. Außerdem werden Kinder aus bildungsfernen Familien besser unterstützt, da das Lernen zu Hause weniger oft notwendig ist.

Dadurch könnten die massiven Kosten von 110 Millionen, die in Österreich für die Nachhilfe ausgegeben werden, eingedämmt werden.

Ein weiterer wichtiger Schritt in diese Richtung wäre für die AK das Angebot einer kostenlosen Ganztagsbetreuung, da sich viele Familien, besonders AlleinerzieherInnen und Mehrkindfamilien eine Ganztagsschule nicht leisten können.

 

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