Jede Pflichtschule ist anders. Der finanzielle Bedarf im Pflichtschulbereich wird etwa durch die Schulgröße, das Tagesbetreuungsangebot oder die SchülerInnenzusammensetzung bestimmt. Um diesem Bedarf gerecht zu werden, ist es notwendig, die finanziellen Mittel stärker nach aufgabenorientierten Indikatoren zu verteilen. Wie die längst fällige Veränderung zu „Geld folgt Aufgabe“ verwirklicht werden kann, zeigt eine neue Studie des KDZ – Zentrum für Verwaltungsforschung im Auftrag der Arbeiterkammer Wien auf.
Aufgabenorientierung paktiert …
Aufgabenorientierung soll unterschiedliche Rahmenbedingungen auf der Ausgabenseite bei der finanziellen Grundausstattung der Gebietskörperschaftsebenen (teilweise) ausgleichen. Aktuell orientiert sich jedoch der überwiegende Teil der Finanzbeziehungen nicht an Aufgabennotwendigkeiten, sondern an Input- oder Ausgabengrößen. Dies wurde von den Finanzausgleichspartnern erkannt. Es wurde daher bei den Verhandlungen zum FAG 2017 eine stärkere Verankerung von aufgabenorientierten Elementen vorgesehen, um mithilfe des Finanzausgleichs besser steuern zu können.
… und auf das Abstellgleis gestellt
Als erstes Pilotprojekt für eine verstärkt aufgabenorientierte Finanzierung auf Gemeindeebene wurde die Elementarbildung (Kinder bis sechs Jahre) mit Gültigkeit ab 1.1.2018 festgelegt. Ein Jahr später sollte das zweite Projekt im Bereich Pflichtschule folgen. Zur Umsetzung wurde eine Arbeitsgruppe einberufen. Mit Sommer 2017 lag ein erster Vorschlag des BMF zur Elementarbildung vor. Es fehlten seitdem jedoch entsprechende Beratungen, um das Modell gemeinsam weiterzuentwickeln. Der Prozess wurde aufs Abstellgleis gestellt. Die Diskussion zu einem aufgabenorientierten Finanzausgleich im Pflichtschulbereich hat noch nicht einmal begonnen, da wurde die Aufgabenorientierung nun auch formal aus dem Gesetz gestrichen.
Der ernüchternde Umsetzungsstand zeigt, wie wichtig es ist, aus den bisherigen Prozessen zu lernen. Einerseits stellen sich Fragen der besseren Koordination zwischen den Finanzausgleichspartnern, um einen Interessenausgleich herstellen zu können. Andererseits muss beantwortet werden, wie ein aufgabenorientierter Finanzausgleich im Pflichtschulbereich grundsätzlich auszugestalten ist.
Bessere Steuerung …
Ein zentrales Reformhemmnis ist das Fehlen von klaren gebietskörperschaftsübergreifenden Zielsetzungen, welche an unterschiedlichen Interessen der Verhandlungspartner scheitern. So sind im Paktum zum FAG 2017 grundsätzliche Fragestellungen – etwa zu den Zielen der Aufgabenorientierung oder zur Gesamtkonstruktion des Finanzausgleichs – bisher ausgeklammert geblieben. Dies betrifft etwa die Priorisierung von Zielen (etwa sachpolitische Ziele des jeweiligen Aufgabenbereichs, formale Finanzausgleichsziele wie etwa Effizienz, Transparenz).
… zum Scheitern verurteilt?
Bei Gemeinschaftsaufgaben – wie sie die Elementarpädagogik und die Pflichtschule darstellen – ist das Erarbeiten abgestimmter strategischer Ziele jedoch eine Grundvoraussetzung für den weiteren Reformprozess, da sonst kein entsprechender Interessenausgleich zwischen den Akteuren stattfinden kann. Der aktuelle Zielabstimmungsprozess zeigt jedoch Mängel, wodurch derzeit die Bildung von gebietskörperschaftsübergreifenden Zielen stockt und gemeinsame politische Strategien zur Weiterentwicklung des Bildungssystems fehlen. Es scheint daher, dass der eingeschlagene Weg zur Umsetzung der Aufgabenorientierung scheitern musste.
Ein Modell für den aufgabenorientierten Finanzausgleich
Wie soll nun ein aufgabenorientierter Finanzausgleich konkret aussehen? Die Gestaltung wird in hohem Maße von der konkreten Zielsetzung abhängen, welche im Rahmen des oben angesprochenen gebietskörperschaftsübergreifenden Zielabstimmungsprozesses zu entwickeln ist. Da solche Zielsetzungen derzeit nicht vorliegen, wurde auf Basis bestehender – zwischen den Gebietskörperschaftsebenen nicht abgestimmten – Zielsetzungen ein entsprechendes Modell entwickelt. Dabei wurden sowohl Ziele zum Finanzausgleich als auch sachpolitische Zielsetzungen berücksichtigt.
Um ein optimales Ergebnis zu erreichen, wurde nicht nur die Gemeindeebene, sondern auch die Länderebene in das Modell integriert. Der Fokus liegt dabei auf der laufenden Finanzierung. Darüber hinausgehende Projekte sollen wie bisher über eigene Ausbau- und Förderprogramme des Bundes (z. B. Bildungsinvestitionsgesetz zum Ausbau von Ganztagsschulen) oder der Länder (etwa Schulbauprogramme) finanziert werden.
Das hier verfolgte Modell setzt an der Ertragsanteilsverteilung an – als zentrales Instrument zur laufenden Finanzierung von Gemeinde- und Länderaufgaben. Für die Landesebene wird vorgeschlagen, die derzeitigen Aktivausgaben für die Landeslehrerinnen und -lehrer zur Gänze nach neuen, aufgabenorientierten Indikatoren auf die Bundesländer zu verteilen (z. B. Anzahl RisikoschülerInnen). Dies bedeutet, dass Bundesländer mit vielen Schulen mit höherem Mittelbedarf auch mehr Personal zugeteilt bekommen. Dies gilt dann als Ausgangsbasis für die weitere Personalressourcenzuteilung auf die einzelnen Schulstandorte bzw. Schulcluster – etwa nach dem Vorschlag der Arbeiterkammer Wien zum Chancen-Index. Auf der Gemeindeebene werden im vorgeschlagenen Modell 50 Prozent der aktuellen laufenden Ausgaben abgedeckt und nach aufgabenorientierten Indikatoren verteilt.