Österreichs Unternehmen befinden sich seit Jahren in einem hoch dynamischen Wandel. Meist geht es darum, die Flexibilitätsanforderungen weiter zu erhöhen. Die Folge sind noch flexiblere Arbeitszeit- sowie Lohn- und Gehaltsmodelle, stetig steigende atypische Beschäftigungsverhältnisse und ständige Restrukturierungen. Laut im Rahmen des „AK-Strukturwandelbarometers“ befragten Betriebsräten rechnen sich diese Maßnahmen für die Unternehmen meistens, die Beschäftigten bleiben aber immer öfter auf der Strecke.
Spürbare Auswirkungen sind erhöhter Zeitdruck und eine Verschlechterung des Betriebsklimas. Es geht aber um noch mehr: Die Rahmenbedingungen wie KV-Zugehörigkeit oder Arbeitsvertrag werden in Frage gestellt, Arbeitsplätze abgebaut.
Strukturwandel mit System?
Hat der Strukturwandel in der Arbeitswelt „System“? Welche Prinzipien liegen dieser Dynamik zu Grunde? Noch vor ca. 20 Jahren war eine Antwort darauf einfach zu finden. Klarheit brachte ein Blick auf die Programme renommierter Seminaranbieter und Unternehmensberater sowie auf die Bestsellerliste der Managementliteratur. Managementm(eth)oden waren „in“ und gute ManagerInnen wurden an der Anwendung neuester Methoden gemessen. Dieser Boom begann 1992 mit „der zweiten Revolution in der Automobilindustrie“, ein Bestseller von Wissenschaftern des MIT in Boston. Die Autoren beschreiben darin den Vorsprung der japanischen Automobilindustrie im Vergleich zur amerikanischen, ihrer Meinung nach auf die „schlanke“ Produktion („Lean Production“) zurückzuführen. Die Folge: Ein Schlankheitsboom setzte in den Konzernen ein. Unternehmensfunktionen wie Führung (Abbau von Hierarchien), Entwicklung, Kontrolle, Logistik (just in time) wurden radikal und oft undifferenziert verschlankt, mit meist nur kurzfristigen positiven wirtschaftlichen Effekten, aber einem hohen Preis für viele Beschäftigte.
Das Ende der Megatrends
Kurz darauf wurde Kaizen („der permanente Verbesserungsprozess“) das Nonplusultra jedes erfolgreichen Managers. 2003 ging es mit „Business Reengineering“ weiter, den historisch gewachsenen Prozessen sollte der Garaus gemacht werden. Das Unternehmen wird auf der grünen Wiese fiktiv neu entworfen, alle Prozesse optimiert. Immer noch „modern“ ist die „Balanced Scorecard“ – ein Verbindungsglied zwischen Strategiefindung und -umsetzung. Traditionelle finanzielle Kennzahlen werden durch eine Kunden-, eine Prozess- und eine Entwicklungsperspektive ergänzt. Viele Unternehmen arbeiten heute noch mit einer „BSC“, wenden diese aber in abgeschwächter und nicht wie ursprünglich vorgesehen mit viel Mathematik (Ziel- und Messgrößen) an. Megatrends bei Managementmethoden werden heute vergeblich gesucht. Der Fokus hat sich tendenziell auf die Themen „Führen“ und „Strategiefindung“ verlagert – und die gelebte Praxis ist oft noch viel banaler: ManagerInnen führen ihre Unternehmen heute nach dem Prinzip „schneller, besser, effizienter“. Methoden sind nicht großartig gefragt, die Renditen müssen stimmen. Managen mit sozialer Verantwortung ist zum „Muss“ geworden, gemeint sind aber eher wirkungsvolle Marketing-Aktivitäten unter dem Motto „tue Gutes und rede darüber“. Bei den Beschäftigten kommt die soziale Verantwortung oft nicht an, wie das eingangs zitierte AK-Strukturwandelbarometer zeigt.
Renditestreben ist zu wenig
Es ist nicht so, dass neue Managementm(eth)oden fehlen würden, vermisst wird aber eine grundsätzliche Auseinandersetzung mit dem Thema „Management“, insbesondere mit den Zielen des Managens – Renditestreben alleine ist zu wenig. Erfolgreiche Managementmethoden müssen daran gemessen werden, dass auch die Beschäftigten und die übrigen Stakeholder ihren fairen Anteil an der Wertschöpfung eines Unternehmens erhalten.
Dieser Beitrag ist auch in der eben neu erschienenen Ausgabe von Arbeit&Wirtschaft enthalten, die unter dem Motto „Ober sticht Unter“ Führungs- und Managementtechniken unter die Lupe nimmt.
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