Dass Sprachkenntnisse eine wichtige Kompetenz auf dem Arbeitsmarkt sind, mag ja mittlerweile niemand mehr bezweifeln. Sprachkompetenzen dürfen aber nicht auf Deutschkenntnisse reduziert werden, weil das Beherrschen weiterer Sprachen ebenso wichtig ist. Häufig werden Menschen mit Migrationserfahrung in erster Linie an ihren Deutschkenntnissen gemessen, wobei ihre weiteren sprachlichen Kompetenzen wenig beachtet werden. Tatsache ist aber, dass es für Unternehmen mit MitarbeiterInnen ohne Fremdsprachenkenntnisse kaum möglich ist, auf den internationalen Märkten Fuß zu fassen.
Wie eine Studie der Arbeiterkammer über die „Beschäftigungssituation von Personen mit Migrationshintergrund“ zeigt, werden neben Englisch-, Französisch- oder Spanischkenntnissen auch MigrantInnensprachen wie BKS, Türkisch und Arabisch und viele andere Sprachen für die Kommunikation mit KundInnen und GeschäftspartnerInnen eingesetzt. Zwei Drittel der Personen mit Migrationserfahrung, die eine andere Alltagssprache als Deutsch verwenden, können diese auch im Arbeitsalltag einsetzen. Bei gut der Hälfte (59%) der Befragten trifft dies auf das Gespräch mit KollegInnen zu, ein Drittel (34%) nutzt ihre nicht-deutsche Alltagssprache außerdem geschäftlich und 15% verwenden sie ausschließlich in der Kommunikation mit GeschäftspartnerInnen.
Die Nutzen, die Unternehmen aus der Mehrsprachigkeit der ArbeitnehmerInnen ziehen, liegen auf der Hand. Was bedeutet das aber für die ArbeitnehmerInnen und welchen Nutzen können diese daraus ziehen?
ArbeitnehmerInnen, die eine MigrantInnensprache sprechen, werden oft für Zusatzaufgaben eingeteilt, die über die im Dienstvertrag vorgesehene Verwendung hinausgehen. Die Krankenschwester, die neben ihrer Arbeit noch zusätzliche Dolmetschertätigkeiten für Ärzte übernehmen muss. Der Regalbetreuer, der verpflichtet wird die KundInnen in mehreren Sprachen zu betreuen oder der Bankangestellte, der neben seiner eigentlichen Tätigkeit komplizierte Texte auch filialenübergreifend übersetzen muss. Man kann noch viele weitere Beispiele nennen. Tatsache ist, dass zum gegenwärtigen Zeitpunkt viele ArbeitnehmerInnen nicht wirklich Vorteile aus ihrer Mehrsprachigkeit haben.
Hinzu kommt noch, dass die als LaiendolmetscherInnen eingesetzten Personen, einem großen Druck ausgesetzt sind, wenn sie äußerst komplexe Inhalte wie ärztliche Diagnosen oder Bankverträge übersetzen müssen. Oft können in Österreich aufgewachsene Personen, die keine Schulbildung in ihrer Muttersprache gemacht haben, den komplexen Anforderungen in der Fachsprache gar nicht gerecht werden.
Da stellt sich auch die Frage, ob die Fremdsprachenkenntnisse – in dem Fall oft die Muttersprachenkenntnisse der MigrantInnen – auch entlohnt werden. Manfred Wolf von der GPA-djp sagt dazu, dass Migrantinnen, die bestimmte Sprachen sprechen können, bevorzugt an bestimmten Standorten eingesetzt werden. Bezahlt werden aber diese Zusatzqualifikationen der ArbeitnehmerInnen nicht.
Meiner Meinung nach, braucht es ein Umdenken der Mehrheitsgesellschaft, die die Menschen mit Migrationserfahrung häufig nur in Hinblick auf ihre Defizite definiert. Darum werden die bereits existierenden Sprachkompetenzen von Menschen mit Migrationshintergrund als Potenzial übergangen oder nicht entsprechend honoriert. MigrantInnensprachen werden oft nicht wertgeschätzt und auch die Schule versucht mit allen Mitteln „mehrsprachige Schüler einsprachig zu machen“. Österreich ist ohne Zweifel ein Einwanderungsland, darum braucht es ein neues Denken, das mehr Chancen für Menschen mit Migrationserfahrung eröffnet und Ausschluss und Diskriminierung keinen Platz lässt.