Unter Social Entrepreneurship oder sozialem Unternehmertum wird eine unternehmerische Tätigkeit verstanden, die innovativ, pragmatisch und langfristig auf einen wesentlichen, positiven Wandel der Gesellschaft hinwirkt. Zumindest was die soziale Dimension betrifft ist die EU-Makropolitik diesen Zielen in den letzten Jahre nicht gerecht geworden. Also stellt sich die Frage nach grundlegend neuen Politikansätzen. Beispielsweise ob Betriebsrätinnen und Betriebsräte nicht stärker sozialunternehmerisch tätig werden sollen.
EU-Politik zwischen Schein und Sein
2000 setzt sich der Europäische Rat in Lissabon in seinem Strategieprogramm das ambitionierte Ziel, dass die EU bis 2010 „zum wettbewerbsfähigsten und dynamischsten wissensbasierten Wirtschaftsraum der Welt werden müsse – einem Wirtschaftsraum, der fähig ist, ein dauerhaftes Wirtschaftswachstum mit mehr und besseren Arbeitsplätzen und einem größeren sozialen Zusammenhalt zu erzielen.“ Angepeilt wurden Vollbeschäftigung und eine durchschnittliche wirtschaftliche Wachstumsrate von 3%.
Wir wissen, was daraus geworden ist.
2010 wurde vom Europäischen Rat „Europa 2020“ verabschiedet, ein neues auf zehn Jahre angelegtes Wirtschaftsprogramm, das „intelligentes, nachhaltiges und integratives Wachstum“ zum Ziel hat. Unter anderem sollen dadurch die Beschäftigungsquoten erhöht und der Anteil der Bürger unter der Armutsgrenze reduziert werden. Fast parallel zu diesen makropolitischen Vorhaben setzt die Kommission im Nischenthema „soziale Verantwortung von Unternehmen“ Duftmarken. 2001 mit einem Grünbuch. Und 2011 mit der Mitteilung „Eine neue EU-Strategie (2011-2014) für die soziale Verantwortung der Unternehmen (CSR)“. Vorgesehen ist darin unter anderem die verpflichtende Offenlegung von sozialen und ökologischen Informationen.
„What gets measured gets done!” Folgt man diesem legendären Ausspruch des Managementpapstes Peter Drucker, so müssten mit dieser verpflichtenden Offenlegung die grundlegenden Voraussetzungen für das postulierte „intelligente, nachhaltige und integrative Wachstum“ geschaffen sein. Tatsächlich hat die Europäische Kommission vor nicht ganz einem Jahr einen Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zur Offenlegung nichtfinanzieller und die Diversität betreffender Informationen durch bestimmte große Gesellschaften und Konzerne vorgelegt. In der Begründung konzediert der Richtlinienentwurf ein Versagen des Marktes, weil nichtfinanzielle Indikatoren bisher nicht entscheidungsrelevant waren. Darüber hinaus hätten auch die bereits vorhandenen Regulierungen sowohl auf europäischer als auch auf Ebene der Mitgliedstaaten wenig gebracht, beispielsweise der § 243 (5) des österreichischen Unternehmensgesetzbuchs (UGB), der die Berücksichtigung nichtfinanzieller Leistungsindikatoren im Lagebericht definiert.
Nach dem jüngsten Ausschuss der Ständigen Vertreter der Mitgliedstaaten (AstV) am 19. Februar 2014 spricht vieles dafür, dass auch dieser Vorschlag zur Änderung der Rechnungslegungsrichtlinien dasselbe Schicksal anderer sozial ambitionierter Kommissionsvorhaben ereilen wird. Schon im Vorfeld wurden die Kriterien für die Berichterstattung immer mehr verwässert. War zunächst noch auf internationale Standards wie die OECD-Leitlinien, ISO 26000, die „Global Reporting Initiative“ und andere explizit verwiesen worden, so wurde im nächsten Schritt daraus ein „shall“, sie „sollen“ sich an derartige Regelwerke halten, und schließlich ein „may“, sie können sich daran orientieren… Selbst das dürfte aber vielen Mitgliedsländern noch zu weit gehen. Mittlerweile hat sich nämlich eine blockierende Minderheit von elf Mitgliedsstaaten gebildet, darunter auch Österreich, die die Reform der Rechnungslegungsrichtlinie noch weiter verwässern oder ganz scheitern lassen will.
Gut und Böse lässt sich messen
Warum diese Angst? Welche geheimen Informationen könnten denn mit dieser neuen Rechnungslegungsrichtlinie verpflichtend offengelegt werden? Ein Beispiel soll zeigen, worum es geht. Seit mehreren Jahren veröffentlicht die Österreichische Nationalbank eine sogenannte Wissensbilanz, die seit 2009 sogar in den offiziellen Geschäftsbericht integriert ist. Im Kern werden diese Indikatoren erfasst:
Indikatoren zu Investitionen in das wissensbasierte Kapital (OeNB, 2012)