Wien wächst in rasantem Tempo und wird bald mehr als zwei Millionen EinwohnerInnen haben. Damit sind neue Herausforderungen verbunden, die mit den derzeitigen Strukturen nur schwer zu meistern sind. Die heute noch bestehende Aufgabenverteilung zwischen der Stadt und den Bezirken stammt aus einer Zeit, in der das Wachstum Wiens stagnierte. Da passt heute Vieles nicht mehr zusammen.
Die Projekthaus GmbH hat im Auftrag der AK Wien die Bezirks- und Verwaltungsstrukturen der Stadt untersucht und Reformansätze internationaler Städte aufgezeigt. In der daraus hervorgegangenen Studie „Wien Neu“ wurde überprüft, ob die aktuellen Strukturen und Entscheidungswege auch mit den Herausforderungen einer rasant wachsenden Stadt mithalten können.
Passende Strukturen für die wachsende Stadt
Die Dezentralisierung der Aufgaben erfolgte ab den 1970er-Jahren in einer Phase stagnierender Stadtentwicklung und zielte auf die politische Stärkung der Bezirke ab. Angedacht waren ursprünglich Bestandspflege und Erhaltungsmaßnahmen. Mit der Zeit wurden in mehreren Schritten die Kompetenzen und Mitwirkungsmöglichkeiten der Bezirke erweitert. Manche sind festgeschrieben, andere haben sich eingebürgert. Vor dem Hintergrund der heute sehr dynamischen Stadtentwicklung, die regional sehr unterschiedlich ausfällt und zu einem Auseinanderentwickeln der einzelnen Bezirke führt, lohnt es sich, einen Blick auf die städtischen Strukturen zu werfen. Denn es knirscht zuweilen im politischen Gebälk. Zentrale Entscheidungen, die für ganz Wien wichtig sind, werden manchmal de facto in den Bezirken getroffen.
Wo Menschen wenig verdienen, gibt’s weniger Bezirksbudget
Die Bezirke sind höchst unterschiedlich strukturiert. Nicht nur die Bevölkerungszahl divergiert stark (der kleinste Bezirk Innere Stadt hat 16.000 EinwohnerInnen Favoriten hingegen 189.713) – sondern auch die Sozialstruktur. Die drohende soziale Polarisierung von Bezirken birgt Gefahren. Ein Blick aufs Bezirksbudget zeigt: Bezirke, in denen mehr Menschen mit geringem Einkommen leben, bekommen pro EinwohnerIn tendenziell weniger Geld für ihr Budget als andere. Eine Sonderrolle spielt dabei der 1. Bezirk: Mit 32.000 Euro durchschnittlichem Nettoeinkommen ist er am reichsten und genießt mit 227 Euro Bezirksbudget pro EinwohnerIn bei weitem die höchste Zuwendung. Im Vergleich dazu: In Rudolfsheim-Fünfhaus gibt es ein Nettoeinkommen von 17.000 Euro und ein Bezirksbudget von nur 86 Euro pro Person. Problematisch ist auch, dass das meiste Geld des Bezirksbudgets an Erhaltungsmaßnahmen gebunden ist. Dh dieses Geld fließt oft in Aufgaben, bei denen die Bezirke wenig mitreden können, etwa in die Straßenbeleuchtung oder den allgemeinen Erhalt von Straßen. Da bleiben wenige Ressourcen für lokale Projekte vor Ort. Die unterschiedliche Sozialstruktur sollte im Budget berücksichtigt werden.
Bezirksbudgets 2014 und durchschnittliches Nettoeinkommen pro EinwohnerIn 2015