Im Jänner hat das Familienministerium den Entwurf für die Reform des Kinderbetreuungsgeldes vorgelegt. Während das einkommensabhängige Kinderbetreuungsgeld unverändert bleibt, sieht der Entwurf die Umwandlung der vier Pauschalvarianten in ein flexibel gestaltbares Kinderbetreuungsgeldkonto vor. Auch eine Art Papamonat und einen Bonus für Eltern, die sich die Karenz annähernd gleich teilen, soll es geben. Ziel ist es zusätzliche Anreize für partnerschaftliche Teilung zu schaffen. Die österreichische Elternkarenzpolitik ist damit wieder im Umbau und Geschlechtergerechtigkeit ganz oben auf der Prioritätenliste. Zeit sich die Frage zu stellen, wie andere Länder ihre Karenzmodelle in Bezug auf partnerschaftliche Arbeitsaufteilung umsetzen und wie sich Österreich hier im internationalen Vergleich einordnet.
Mehr Freiheit durch das Konto
Mit dem Konto beim Kinderbetreuungsgeld (KBG) bekommen Eltern neue Gestaltungsmöglichkeiten. Sie können selbst entscheiden, über welchen Zeitraum der pauschale Gesamtbetrag von 15.450 Euro ausbezahlt werden soll. Die Bezugsdauer für einen Elternteil kann zwischen 365 und 851 Tagen variieren (das sind 12 bis 28 Monate), bei Inanspruchnahme beider Eltern liegt diese bei 456 bis 1.063 Tagen (15 bis 35 Monate). Mit zunehmender Dauer sinkt der monatlich ausbezahlte Betrag.
Des Weiteren sieht die Reform einige Elemente für eine stärkere Väterbeteiligung vor. Dazu gehört die Einführung eines Partnerschaftsbonus von zusätzlich 1.000 Euro für Eltern, die sich die Karenzzeiten entweder zu gleichen Teilen oder zumindest 60:40 aufteilen. Gleichzeitig wird der für Väter reservierte Teil von derzeit durchschnittlich 16% auf 20% angehoben. Geplant ist auch eine Art „Papamonat“ im Rahmen des sogenannten „Familienbonusgesetz“, allerdings ohne einen Rechtsanspruch auf Freistellung von der Erwerbsarbeit und mit einer finanziellen Abgeltung von nur 700 Euro für einen Monat.
Fokus auf Geschlechtergerechtigkeit bei Ausgestaltung der Karenz
Österreich liegt hier mit dem Fokus auf Geschlechtergerechtigkeit im internationalen Trend. In vielen europäischen Ländern wird Karenzpolitik als Maßnahme zur Stärkung der Position von Müttern am Arbeitsmarkt oder jener von Vätern in der unbezahlten Familienarbeit eingesetzt. In Schweden und Norwegen beispielsweise geht diese Schwerpunktsetzung bis in die 1970er Jahre zurück (Haas und Rostgaard, 2011). Schweden war 1974 das erste Land, welches für Väter einen Anspruch auf Karenz gewährt hat. Da diese den Anspruch aber meist auf ihre Partnerinnen übertrugen, was rechtlich möglich war, führten einige nordische Staaten eine sogenannte „Vaterquote“ ein. Diese sieht vor, dass ein gewisser Teil der Karenz nur von den Vätern beansprucht werden kann. So gibt es in Schweden seit 2002 eine Vaterquote von zwei Monaten. Heute gehen dort 9 von 10 Väter in Karenz (Duvander, 2008). Aber auch außerhalb der skandinavischen Länder werden nun Vaterquoten implementiert, wie z.B. in Deutschland, Portugal oder Kroatien. Ebenso in Österreich kann – je Auszahlungsoption – ein gewisser Anteil des KBG nur von Vätern in Anspruch genommen werden (Moss, 2015).
Auch auf EU Ebene konzentriert sich die Politik zunehmend auf die gleichstellungspolitische Dimension von Karenzregelungen. Eine Richtlinie aus 2010 gibt vor, dass jedem Elternteil zumindest vier Monate Karenz zur Verfügung stehen müssen und, dass zumindest einer dieser Monate nicht auf den/die Partner/in übertragbar sein sollte (Elternurlaubsrichtlinie 2010/18/EU).
Was ist ein ideales Modell?
Doch welches Modell ist überhaupt als ideal zu bezeichnen, wenn es um die Förderung einer partnerschaftlichen Arbeitsaufteilung von frisch gebackenen Eltern geht? Hierzu sind aus der internationalen Fachliteratur drei wichtige Erkenntnisse abzuleiten (siehe Dearing (2015) für einen Literaturüberblick): Erstens zeigt sich, dass die effektivste Maßnahme zur Erhöhung der Väterkarenz die Einführung einer Vaterquote ist. Zweitens ist wichtig, dass Karenz gut bezahlt ist, damit deren Inanspruchnahme für Väter überhaupt attraktiv ist. Und drittens ist es für die Integration von Frauen auf den Arbeitsmarkt wichtig, dass die Dauer der Elternkarenz „moderate“ (also nicht sehr kurz oder lange) ist und etwa zwischen 12 und 18 Monaten liegt.
Ländervergleich auf Basis des „Equal Gender Division of Labour“ Indikator
Um Gleichstellung zu fördern, sollte Elternkarenzpolitik also (i) von moderate Dauer, (ii) gut bezahlt und (iii) anteilig für die Väter reserviert sein. Doch wie lassen sich die Karenzregelungen innerhalb von Europa nun in Hinblick auf diese Eckpunkte vergleichen? Hierzu eignet sich die Verwendung des sogenannten „Equal Gender Division of Labour“ (EGDL) Indikators (Dearing, im Erscheinen). Dieser bewertet europäische Karenzmodelle in Hinblick darauf, wie gut sie im Vergleich zu einem „idealen“ Modell in Hinblick auf die Förderung einer partnerschaftlichen Arbeitsaufteilung abschneiden. Dieses „ideale“ Modell sieht eine moderate Dauer von 14 Monaten gut bezahlter Elternkarenz vor, wobei die Hälfte davon für die Väter reserviert ist. (In der Forschung gibt es keinen Konsens über die exakte Anzahl an Karenzmonaten, die als ideal gilt. Deswegen wird der Indikator auch in zwei weiteren Szenarien mit einer „idealen“ Dauer von 12 und 18 Monaten berechnet. Die Ergebnisse ändern sich aber kaum.) Das Modell orientiert sich zwar an wissenschaftlichen Erkenntnissen, darf allerdings nichts als „ideal“ im realpolitischen Sinne verstanden werden. Es stellt lediglich eine theoretische Bezugsgröße dar, welche einen systematischen Vergleich von Karenzmodellen ermöglicht.
Die folgende Tabelle zeigt die Ergebnisse der Berechnung des EGDL-Indikators für 19 Länder.